Entschleunigung statt Multitasking – Stress im Alltag abbauen

Erreichbarkeit und Dauerstress halten uns ständig auf Trab – mit einigen Tipps können Sie das Entschleunigen und Genuss und Ruhe wieder entdecken.

In der Ruhe liegt die Kraft, lautet nicht umsonst eine alte Lebensweisheit. Viel zu wenig wird diese im Alltag und Berufsleben berücksichtigt, denn der Stress umfasst längst nicht mehr nur Büro und Haushalt. Vielmehr stellen uns der permanente Zwang zur Erreichbarkeit und das Multitasking, das ständige Ausführen mehrerer Aufgaben gleichzeitig, auf eine harte Belastungsprobe. Mit einigen Tipps kann man den Dauerstress bewältigen – durch Entschleunigung.

Der Zwang der ständigen Erreichbarkeit raubt uns die Ruhe

Spätestens durch die mobilen Medien hält uns die permanente Erreichbarkeit immer und überall fest im Griff. Mittels Handys, Smartphones, iPads, Laptops und WLAN können wir nicht nur schneller kommunizieren, sondern sind rund um die Uhr erreichbar. Die Fülle an nutzlosen Informationen und ständiger Kommunikationsbereitschaft brachte uns das sogenannte Multitasking.

Wie selbstverständlich telefonieren wir beim Fernsehen, Surfen im Internet, während wir chatten. Wir schreiben E-Mails und beantworten SMS zugleich und vermischen dabei Privates mit Beruflichem. Dabei haben Wissenschaftler das Multitasking längst als einen vermeidbaren Mythos enttarnt.

Der Mensch sei nicht für Multitasking gemacht, so Professor Iring Koch von der Technischen Hochschule Aachen, auch wenn diese Floskel gerade im Business viel zitiert und gefordert wird. Jede unserer zwei bis drei Millionen Nervenfasern im Körper leitet pro Sekunde bis zu 300 Impulse an das Gehirn.

Multitasking bietet uns nur unzureichende Informationen

Die Nervenfasern liefern die Informationen, die unsere Sinne aufnehmen und verarbeiten. Nur wenn wir uns auf einzelne dieser Informationen konzentrieren, werden diese langfristig „gespeichert“ – sprich, wir verstehen sie, behalten sie in Erinnerung und lernen daraus.

Beim Multitasking hingegen werden die gleichzeitigen Informationen ins Ultrakurzzeitgedächtnis geleitet, wo sie schnell „gelöscht“ werden. Dazu steigt die Unaufmerksamkeit und Anfälligkeit für Fehler. Wer gleichzeitig telefoniert und eine E-Mail schreibt, ist auf keine der beiden Aufgaben richtig konzentriert. Man hört dem Gegenüber nur zeitweise zu und macht dazu Tippfehler.

Und nicht nur junge Leute sind dabei von diesem „Kommunikationstress“ betroffen. Die amerikanische Rentnerin Sheila (60) postete in ihrer Facebook-Gruppe für Singles über 40, dass sie morgens als erstes ihre Mailbox und Accounts öffne, um zu sehen, wer ihr geschrieben hat. Ein anderes Gruppenmitglied gestand darauf, er würde dasselbe immer in einer Schlafpause um 2.30 Uhr tun.

Ruhepausen gönnen anstatt Zeit verschwenden

Viele dieser Zwänge der permanenten Erreichbarkeit und des Multitaskings halten uns eher unbewusst im Griff. Mit einigen Tipps zur Lebens- und Arbeitsgestaltung kann man sich aber zumindest teilweise davon befreien – und etwas Ruhe und Lebensqualität zurückgewinnen.

  • Blitzstart in den Tag vermeiden: Wer den Tag ohne Hektik beginnt, ist ausgeruhter und konzentrierter in seiner gesamten Tagesgestaltung. Notfalls lieber etwas früher wecken, langsam aufstehen und eine lange Dusche und ein langes Frühstück genießen.
  • Entlarven Sie Zeitfresser: Nehmen Sie sich einen Tag Zeit und protokollieren Sie, wie lange Sie für welche Dinge am meisten Zeit investieren. Ob Telefonate, E-Mails, SMS, Spam-Mails löschen, Newsletter lesen, Nachrichten aufnehmen, Planungen vornehmen usw. Überlegen Sie danach, auf was Sie evtl. verzichten können, und was zu viel Zeit beansprucht.

Rituale der Ruhe unterbrechen den Strom der Hektik

  • Pausen einlegen und genießen:Eine Pause muss nicht unbedingt gleich die halbstündige Mittagspause sein, die man bei Hektik gerne mal vor sich her schiebt. Einfach mal eine Minute innehalten, ob am Kopiergerät oder im Treppenhaus, verschafft Geist und Körper Erholung. Manchmal löst ein Gang um den Häuserblock bereits vorübergehend Müdigkeit und Konzentrationsschwächen.
  • Rituale einführen: Gerade wenn man sich ins hektische Privat- und Berufsleben stürzt, können Ruhepausen durch feste Rituale gefestigt werden. Ob das ausgiebige Frühstück, eine Mittagspause zum festen Zeitpunkt, ein Spaziergang zwischendurch oder die Kaffeepausen mit Kollegen. Auch am Feierabend und Wochenende schaffen solche Rituale regelmäßige Oasen der Ruhe und Sozialisation.
  • Auszeiten gönnen: Nehmen Sie sich öfters Zeit, zu der Sie nicht erreichbar sind. Schalten Sie die Mailbox an, wenn Sie ins Kino oder Essen gehen. Vor allem im Privatleben können Sie leicht Zeiten bestimmen, in denen Sie in Ruhe ausruhen, ein Buch lesen oder Sport treiben. Lassen Sie sich dabei nicht unterbrechen.

Nachrichten effizient im Block bearbeiten

  • Werden Sie zum medialen „Blockwart“: Bearbeiten Sie private und berufliche E-Mails und SMS in Blöcken und gönnen Sie sich Zeiten, zu denen Sie nicht ständig für neue Nachrichten bereit sind. Schalten Sie automatische Benachrichtigungen über Mails, SMS oder Aktivitäten in sozialen Netzwerken aus – und auch, falls vorhanden, Nachrichtensignale in Ihren Mailboxen und Messengern.
  • Konzentrationszeiten bestimmen: Pausen sind unbedingt nötig. Auch wenn jeder Mensch anders tickt und manche besser am frühen Morgen arbeiten und andere lieber in der Nacht, so schwankt die Konzentrationsfähigkeit meistens nach 80 bis 90 Minuten. Danach schaltet die Leistung in den „Ruhemodus“. Gerade hier sollten Sie aufhören und pausieren.
  • Mit Genuss essen: Gerade die Mahlzeiten müssen sich im stressigen Alltagsleben zunehmend unterordnen. Die Nahrungsaufnahme erfolgt nur noch marginal und schlimmstenfalls sogar am Schreibtisch beim Telefonieren mit vollem Mund und Tippen mit fettigen Fingern. Planen Sie lieber genügend Zeit ein, in der Sie in Ruhe essen, einen Kaffee trinken, die Zeitung lesen und einige Minuten die Gedanken streifen lassen. Nicht nur Ihre Verdauung wird es Ihnen danken!

Genuss und Gammelei als Gegenentwurf zur Kommunikationsterror

  • Einen Tag der Entschleunigung einführen: Früher nannte man das wohl den „Pyjama-Tag“. Gönnen Sie sich ab und zu einen Tag ohne Verpflichtungen und Zeitdruck. Schlafen Sie aus, gammeln Sie bewusst zu Hause herum, schauen Sie TV oder nehmen Sie ein langes Bad. Gerade mit diesen kleinen Auszeiten entspannen Sie ungemein und lernen den Wert der Ruhe schätzen.
  • Lassen Sie den Tag ausklingen: Gerade nach einem hektischen Tag ist es wichtig, nicht sofort, womöglich noch von Katastrophennachrichten im Fernsehen und Internet begleitet, ins Bett zu gehen. Gönnen Sie sich eine genussvolle Stunde mit einem schönen Film, einem Spaziergang oder einem Hobby. Damit gehen Sie ausgeruhter zu Bett und nehmen weniger negative Gedanken an Stress und Job mit in den Schlaf. Und gönnen Sie sich diesen regelmäßig in ausreichender Form!

Auch wenn Sie je nach Verpflichtungen und Auslastung nicht immer alle Tipps umsetzen können, so suchen Sie sich die Ruhemöglichkeiten aus, die Sie am besten in Ihren Alltag integrieren – und mit denen Sie Dauerhektik, Erreichbarkeit und Multitasking öfters ausblenden können. Hast du es eilig, gehe langsam, sagten bereits die Chinesen. Genau deshalb.

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