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Allergien: Therapie mit Würmern hilft, die Krankheit zu besiegen

Die Infektion mit Würmern scheint eine erfolgreiche Therapie gegen Allergien zu sein. Die ersten klinischen Studien zur Behandlung von Morbus Crohn laufen.

Der Zusammenhang zwischen der Häufung von Allergien und übertriebener Hygiene wird seit einigen Jahren immer deutlicher. Die gezielte Infektion mit Würmern oder Wurmeiern ist ein neuer Ansatz bei der Behandlung von Autoimmunkrankheiten, der jetzt in klinischen Studien nachgewiesen werden soll.

Therapie mit Würmern in ersten Selbstversuchen erfolgreich

Jasper Lawrence kämpfte schon seit seiner Kindheit mit Asthma und Heuschnupfen, was ihn derart in seiner Lebensqualität einschränkte, dass er aus Verzweiflung ein bizarres Selbstexperiment durchführte. Da er einen Zusammenhang von Wurmbefall und Fehlen von Allergien vermutete, reiste er nach Kamerun, lief dort barfuß herum und infizierte sich bewusst mit Hakenwürmern.

Das Ergebnis dieser ungewöhnlichen Maßnahme war ein durchschlagender Erfolg. Seit er mit seinen Würmern in Symbiose lebt, ist sein Asthma wie weggeblasen. Lawrence setzte daraufhin einen Versandhandel in Gang, der seinesgleichen sucht. Er bot anderen Allergikern „Ableger“ seiner Würmer im Internet an, bis die amerikanische Medikamentenbehörde, die Food and Drug Administration, der Sache einen Riegel vorschob.

Der unter Heuschnupfen leidende japanische Arzt Koichiro Fujita nahm vor Jahren japanische Fischbandwürmer ein, um seine Allergie zu heilen. Sein Erfolgsbericht galt als unglaubwürdig und wurde lange Zeit nicht ernst genommen.

Ursache von Allergien: übertriebene Hygiene

Autoimmunkrankheiten drücken sich in Allergien aus, die teilweise ganze Organsysteme schwächen oder schädigen und im Extremfall tödlich sein können. Als Ursache der Zunahme von Allergien wird schon seit Jahren die übertriebene Hygiene vermutet. Jahrzehntelang wurden die Verbraucher durch die Werbung für Reinigungsmittel darauf sensibilisiert, ihre Umgebung möglichst keimfrei zu halten. Der Gesundheitsaspekt stand dabei im Vordergrund. Jeder Erreger galt als potentiell gesundheitsgefährdend.

Tatsache ist, dass Kinder, die auf dem Land aufwachsen, wesentlich seltener unter Allergien leiden und in Entwicklungsländern die Zahl der Allergiker deutlich niedriger ist als in den Industrienationen. Hochbetagte Menschen berichten, dass in ihrer Kindheit und Jugend Wurminfektionen nichts Besonderes waren. Niemand hat sich darüber aufgeregt oder es als Folge von unhygienischen Zuständen angesehen. Man machte dann eben eine Wurmkur – bis zum nächsten Befall. Vielleicht braucht der Mensch den Kontakt mit den Würmern, um sein Immunsystem positiv zu stärken.

  • Hinweis: In diesem Zusammenhang ist es interessant, dass Tierärzte von einer deutlichen Zunahme von allergisch bedingten Erkrankungen bei Hunden und Katzen berichten. Tierbesitzer werden dazu angehalten, ihre Tiere regelmäßig zu entwurmen, sozusagen prophylaktisch. Früher wurden die Mittel nur bei akutem Wurmbefall verabreicht.

Die Therapie von Allergien mit Würmern gewinnt Bedeutung

Die Idee mit der Wurminfektion wurde durch diese Informationen immer interessanter. Führende Wissenschaftlicher kamen mehr und mehr zu der Überzeugung, dass die Infektion mit Würmern das Immunsystem reizt und beschäftigt hält und so überschießende Reaktionen des Körpers auf bestimmte Stoffe mindert. Es konnte festgestellt werden, dass sich bestimmte regulierende T-Zellen des Immunsystems bei Wurmbefall vermehren.

Eine mehrjährige Untersuchung am Raúl-Carrea-Institut für Neurologische Forschung in Buenos Aires (Argentinien) ergab, dass Patienten mit Multipler Sklerose deutlich weniger krankhafte Schübe bekamen, wenn sie mit Band- oder Fadenwürmern infiziert waren.

Erste Versuche in den USA, mit den Eiern des Schweinepeitschenwurms (Trichuris suis ova, TSO) Morbus Crohn-Patienten zu therapieren, ergaben deutlich positive Ergebnisse. Wie die Colitis ulcerosa, ist Morbus Crohn eine chronisch-entzündliche Darmerkrankung, die die Lebensqualität erheblich einschränkt. Gut zwei Drittel der Patienten wurden im Laufe der Studie völlig beschwerdefrei. Allerdings war die Teilnehmerzahl für einen schlüssigen Beweis zu gering.

Die Therapie mit Schweinepeitschenwurm-Eiern (TSO) könnte Allergien besiegen

Eine Behandlung mit TSO scheint sehr vielversprechend zu sein. Über einen Zeitraum von fünf bis sechs Monaten wird alle zwei Wochen eine Dosis von 2.500 in steriler Lösung aufgeschwemmter Wurmeier oral eingenommen. Dieser zeitliche Abstand ergibt sich daraus, dass sich die Larven nicht im menschlichen Körper entwickeln können und daher nach zwei Wochen wieder ausgeschieden werden. Eine Übertragung auf andere Menschen ist nicht zu befürchten und als Nebenwirkungen werden lediglich leichter Durchfall zu Beginn der Behandlung und ein schlechteres Ansprechen des Körpers auf Impfungen beschrieben.

Nun sollen in ersten größeren klinischen Studien des Herstellers Ovamed (in Zusammenarbeit mit der Firma Falk Pharma) die Behandlung von Morbus Crohn mit TSO untersucht werden. Wenn durch die Studien eine deutliche Besserung der Patienten bewiesen werden kann, dürfte dies bahnbrechend für die Therapie von Autoimmunkrankheiten sein.

Auf der Seite der Deutschen Morbus Crohn/ Colitis ulcerosa Vereinigung DCCV e.V. können sich Patienten, die an der Teilnahme an der Studie interessiert sind, informieren und über Kontaktadressen mit den Prüfzentren in Verbindung treten. Außerhalb der Studien ist für Allergiker eine Therapie nur als Rezeptur-Arzneimittel unter dem Risiko des behandelnden Arztes möglich, da TSO-Präparate noch nicht als Fertig-Arzneimittel zugelassen sind. Die Kosten von etwa 3.000 Euro müssen die Patienten selber tragen. Aber ein Gespräch mit der Krankenkasse über die Kostenübernahme kann eventuell erfolgreich sein, wenn klassische Therapien bisher versagt haben.