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Depression & körperliche Krankheit

Was haben Diabetes mellitus, Myokardinfarkte, Schilddrüsenunter- oder Überfunktionen und Bluthochdruck gemeinsam? Sie alle können zu Depressionen führen.

Körperliche Erkrankungen gehen häufig mit Depressionen einher. „Bei 20% der Patienten mit Diabetes mellitus liegt eine Major Depression vor“, erläutert der Stoffwechselspezialist und Internist Univ.-Prof. Dr. Bernhard Ludvik von der Universitätsklinik für Innere Medizin III am AKH Wien. Die Prävalenz für Depressionen in der Normalbevölkerung liegt bei rund 10 %.

Die Genese der Erkrankung ist multifaktoriell: Es kann die Erkrankung selbst, ebenso können zur Behandlung der körperlichen Erkrankung verordnete Medikamente zu einer Major Depression führen. „Jeder Eingriff in den Gehirnstoffwechsel hat Auswirkungen auf das Transmittersystem“, erläutert der Leiter der Psychiatrischen Abteilung am Krankenhaus Neunkirchen, der Psychiater Univ.-Prof. Dr. Christian Simhandl. Auch hormonelle Veränderungen, wie sie etwa mit Diabetes mellitus einhergehen, können eine Depression triggern.

Wichtigkeit der Diagnose psychischer Leiden

Als weiteres Beispiel für eine internistische Erkrankung, die zu depressiven Symptomen führen kann, sei die Über- oder Unterfunktion der Schilddrüse genannt: „Die Patienten leiden oft schwer an ihrer Depression, bis die Schilddrüsenmedikamente wirken“, erläutert Simhandl. Behandelt werden derartige Symptome häufig nicht: „Ich frage mich, warum diese Symptome nicht solange mit Antidepressiva behandelt werden sollen, bis die Wirkung der verordneten Schilddrüsentherapeutika einsetzt?“

Bei Patienten mit Adipositas, dem Metabolischen Syndrom und Diabetes mellitus liegt in bis zu 20% der Fälle eine Major Depression vor. „Natürlich werden depressive Symptome durch die Erkrankung verstärkt und erschweren zudem die Behandlung, z.B. durch eine verminderte Therapieadhärenz“, ergänzt Ludvik.

Die Frage nach der psychischen Befindlichkeit sollte jedenfalls unbedingt auch bei somatischen Erkrankungen Eingang in das Arzt-Patienten-Gespräch finden. Dies gilt ebenso für die bereits genannten Herz-Kreislauf- und vaskulären Erkrankungen, wie für Schlaganfallpatienten: „Diese Patienten leiden überdurchschnittlich häufig auch an Depressionen. Das muss abgeklärt und entsprechend therapiert werden“, hält Simhandl weiter fest.

Interdisziplinäre Zusammenarbeit

Die beiden Beispiele illustrieren, wie häufig Depressionen mit somatischen Erkrankungen vergesellschaftet sind und zeigen die Problematik einer adäquaten Diagnose und Therapie dieser psychischen Krankheit auf. Einerseits wird häufig nicht daran gedacht, bei somatischen Erkrankungen auch an eine depressive Symptomatik zu denken, anderseits wird diese nicht selten als „notwendiges Übel“, das eben mit einer bestimmten körperlichen Krankheit einhergeht „hingenommen“ und bleibt untherapiert.

Eine verbesserte interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Allgemeinmediziner/Internist und Psychiater wäre für diesen umfangreichen Problemkreis sicherlich wünschenswert, glaubt auch Psychiater Simhandl. „Es kann auch vorkommen, dass ein Internist in Unkenntnis der depressiven Symptomatik ein Antidepressivum ohne Rücksprache mit dem behandelnden Psychiater absetzt“, erzählt Simhandl im Interview. „Dies kann sehr schnell zu einer erneuten Verschlechterung der depressiven Symptomatik führen, was letztlich auch negative Auswirkungen auf die somatische Grunderkrankung haben kann.“ So konnte etwa eine Studie an 222 post-Herzinfarkt-Patienten zeigen, dass sechs Monate nach dem Myokardinfarkt 3 % der nicht-depressiven, aber 17 % der als depressiv diagnostizierten Infarktpatienten verstorben waren.