X

Der Konjunktiv in der Bewerbung

Die Möglichkeitsform ist meist nicht optimal. Der Konjunktiv drückt eine Möglichkeit aus, die eventuell eintreten könnte. Sollte er im Bewerbungsanschreiben verwendet werden?

Die Antwort in verschiedenen Bewerbungsratgebern sowie von diversen Personalchefs lautet eindeutig: Nein! Der Konjunktiv ist die Möglichkeitsform und drückt lediglich aus, dass etwas so sein kann, aber nicht zwangsläufig muss. Wenn es beispielsweise bewölkt ist, hat der Konjunktiv durchaus Sinn: „Es ist sehr bewölkt. Ich an deiner Stelle würde einen Schirm mitnehmen, denn es könnte regnen.“

Der Konjunktiv im Bewerbungsanschreiben

Bei der ständigen Verwendung des Konjunktivs im Anschreiben, das die erste Arbeitsprobe und zudem Werbung in eigener Sache darstellt, könnte dem Personalchef hingegen der Verdacht kommen, dass der Bewerber sich seiner selbst nicht sicher ist – weder persönlich noch fachlich. Formulierungen wie die folgenden wecken sicherlich keine positiven Assoziationen beim Leser:

  • Ich wäre bereit, zusätzliche Verantwortung zu übernehmen.
  • Es würde mich sehr freuen, wenn Sie mich zu einem Gespräch einladen würden.
  • Ich könnte Ihnen ab 1. September zur Verfügung stehen.

Beim Lesen dieser Sätze drängt sich automatisch die Frage auf, ob der Bewerber nun tatsächlich bereit ist, zusätzliche Verantwortung zu übernehmen oder ob er tatsächlich zum 1. September im Unternehmen anfangen könnte. Die ständige Verwendung des Konjunktivs wirkt eher schwammig, nicht stringent und sehr unsicher. Der Schreiber mag es als überaus höflich empfinden, wenn er sich nicht ständig durch seine Wortwahl im Indikativ („Ich bin bereit …“, „Ich kann …“) zu stark ausdrückt, auf den Leser wirkt es jedoch eher, wie bereits erwähnt, unsicher und schwammig. Kein Bewerber wird aufgrund seiner ausgeprägten Bescheidenheit und Zurückhaltung im Anschreiben zum Gespräch eingeladen und schließlich auch eingestellt.

Eine Bewerbung: ein bisschen wie ein Flirt

In populärwissenschaftlichen Artikeln über Bewerbungen werden diese gerne mit einem Flirt verglichen. Der Vergleich ist grundsätzlich nicht falsch, denn in beiden Situationen geht es darum, bei einem anderen Menschen das Interesse an der eigenen Person zu wecken.

Abgesehen von der Tatsache, dass viele Verliebte Angst vor der möglichen Zurückweisung haben, wenn sie ihrem Objekt der Begierde einen Liebesbrief schreiben, wird in solchen Briefen sehr selten der Konjunktiv verwendet, zumal das unfreiwillig komisch wirken könnte und sicherlich kein weitergehendes Interesse an dem Anderen auslöst. Kein Mensch würde bei einem Liebesbrief auf die Idee kommen, Sätze zu schreiben wie etwa „Ich könnte mir vorstellen, Dich zu lieben. Könntest Du Dir vorstellen, mich auch zu lieben?“, „Würdest Du es begrüßen, wenn wir beide mal einen Kaffee trinken gingen?“ oder „Wäre es für dich vorstellbar, mit mir zusammen zu sein?“

Die eigenen Stärken auf den Punkt bringen

In Liebesbriefen kommt der Schreiber eigentlich direkt zum Punkt und bringt zu Papier, was er denkt (etwa dass er in den Empfänger des Briefs verliebt ist, gerne etwas mit demjenigen unternehmen möchte und vielleicht noch, warum er sich in den Anderen verliebt hat).

Auch wenn bei Bewerbungen eine formellere Situation im Vordergrund steht als bei einem Liebesbrief, so gelten dennoch die gleichen Prinzipien an Formulierung und gesundem Selbstbewusstsein. Ein Liebesbrief, der im Konjunktiv formuliert ist, verpufft ebenso wie ein unsicheres Anschreiben, das scheinbar tausend Möglichkeiten, Unsicherheiten, Alternativen und Ausflüchte beinhaltet.