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Hochzeit ja oder nein? – Pro Ehe warum? Zehn Heiratsgründe im 21. Jahrhundert

Viele tun es, obwohl die Ehe ohne Trauschein für Jung und Alt längst üblich ist. Sie sagen ja und tauschen Ringe. Gründe gibt es so viele dafür wie dagegen.

Vergessen wir mal Romantik, Religion, das tolle Hochzeitsfest, das wunderbare Kleid, die Vorfreude auf ein Super-Event, die Hochzeitsreise, die vielen Geschenke, das Fotoalbum, die gerührten Eltern – alle für sich genommen keine Heiratsgründe. Brutal gefragt: Warum um Himmels willen sollte man (und frau) im 21. Jahrhundert noch heiraten? Vor allem diejenigen, die es schon einmal (oder gar mehrfach) versucht haben und später vor einem Scherbenhaufen standen, stellen sich diese Frage.

Unterhalt höher

Mittlerweile haben Mütter und Väter nach einer Scheidung kaum noch höhere oder niedrigere Unterhaltsansprüche als andere Eltern nach einer Trennung, sofern sie die Kinder versorgen. Voll arbeiten müssen nach neuem Recht eigentlich alle, außer sie sind krank oder behindert oder finden nachweislich keine Arbeit. Stopp: In diesem Fall hätten Ex-Verheiratete höhere Ansprüche, für manchen vielleicht ein Heiratsgrund.

Erben statt darben

Nun heiratet man ja nicht vorrangig, um eine gute Scheidung vorzubereiten. Es muss noch andere Gründe geben, den Bund fürs Leben zu schließen. Da wäre die leidige Sache mit dem Erben, wieder lässt sich der Gedanke ans Ende der Beziehung nicht vermeiden. Heiratsgrund 2: Verwitwete Ehegatten bekommen automatisch ihren Pflichtanteil, sofern kein besonderes Testament vorliegt. Es kommt dabei darauf an, ob der Verstorbene Kinder hatte und welche Verwandten – Eltern und Geschwister – sonst noch Ansprüche haben.

Übrigens (Heiratsgrund 3) darf ein Witwer automatisch den Mietvertrag der gemeinsamen Wohnung weiterführen, auch wenn er den ursprünglichen Vertrag gar nicht mitunterschrieben hat, der Lebensgefährte muss vielleicht umziehen.

Null Euro Steuern

Dicker Heiratsgrund 4: Seit der Erbschaftssteuerreform darf der Ehepartner bis zu 500.000 € unversteuert erben, das gilt auch für Schenkungen zu Lebzeiten. Lebensgefährten ziehen schlechte Karten, denn sie bekommen bloß einen Freibetrag wie fremde Leute, 20.000 €. Da stellt das neue Erbschaftssteuerrecht seit 2009 richtig harte Bedingungen. Außerdem stiegen die Steuersätze für die nicht-verehelichten Erben stark an, sie müssen 30 % abgeben. Eine neue Sonderregelung wurde für selbst genutztes Wohneigentum getroffen: Die nahe stehenden Erben (Ehepartner, Kinder, eingetragene Lebenspartner in homosexuellen Beziehungen) bekommen Wohnung oder Haus steuerfrei, wenn sie mindestens zehn Jahre wohnen bleiben, Lebensgefährten müssen zahlen.

„Eingetragene“ Homosexuelle haben mehr Rechte als freie Heteropaare

Eine Beispielrechnung: Erbt die eheliche Gattin 500.000 €, zahlt sie keinen Cent Steuer darauf; erbt die Lebensgefährtin, hat sie 20.000 € Freibetrag und zahlt auf den „Rest“ 144.000 € Steuern, egal, wie lange und wie eng sie mit dem Freund zusammengelebt hat. Erbt die Gattin weitere 10.000 €, zahlt sie dafür 700 €; die Lebensgefährtin muss im gleichen Fall nochmal 3.000 € dem Staat abgeben. Eine Ausnahme stellen eingetragene Lebenspartnerschaften dar. Diese sind in Deutschland nur für gleichgeschlechtliche Paare möglich. Wenn Heteros sich stärker binden wollen, müssen sie eben heiraten. Im obigen Beispiel würde der überlebende „eingetragene“ Partner genau wie ein Ehegatte behandelt und könnte bis zu 500.000 € steuerfrei erben – ab dann allerdings müsste er 30 % zahlen, also für die 10.000 € im Beispiel auch 3.000 €.

Lohn- und Einkommensteuern sparen

Auch Heiratsgrund 5 entsteht beim Blick in den Geldbeutel: Verheiratete zahlen (manchmal, nicht immer) weniger Steuern, jedenfalls dann, wenn einer der beiden deutlich schlechter verdient als der andere. Vorausgesetzt, sie machen wirklich gemeinsame Kasse, andernfalls verliert der geringer Verdienende mehr Geld denn als Single.

Krankheit, Unfall, Tod

Die meisten Heiratsgründe betreffen die möglichen Schattenseiten des Lebens. Nummer 6 bietet bei schwerer Krankheit, Unfall oder Tod eines Partners Vorteile: Ehegatten können bei Ärzten Auskunft über Operationsverlauf, Details eines Unglücks u. ä. verlangen und dürfen im Todesfall Entscheidungen treffen. Allerdings kommt es wohl selten vor, dass ein Arzt wirklich einen Ehebeweis sehen möchte. Wer die Routinefrage „sind Sie die Frau/der Mann?“ schlicht bejaht, erhält meist doch die gewünschten Informationen oder wird zum Krankenbett vorgelassen.

Bauen, kaufen, Kredit

Eheliche Rechte bedeuten meist auch Pflichten, so könnte Heiratsgrund 7 der Wunsch des Paares nach einem Eigenheim sein. Man bekommt als Ehepaar leichter Kredite, wobei auch dies eher ein Soft-Grund ist, letztlich entscheiden Banken über Kredite angesichts gebotener Sicherheiten und Eigenkapitalhöhe. Allerdings sollten sich speziell der geringer verdienende Ehepartner gut überlegen, ob er oder sie als Bürge für den Partner auftreten möchte – das kann leicht ins Auge gehen. Kann der Kreditnehmer nämlich eines Tages seine Schulden nicht mehr zahlen, wendet sich die Bank mit ihren Forderungen an die Gattin oder den Gatten. Tipp: Dieser muss nur dann zahlen, wenn er anfangs mitunterschrieben hat, selbst wenn das Paar in Gütergemeinschaft lebt, eine Tatsache, die Banken gerne unerwähnt lassen.

Vater sein dagegen sehr

Das Sorgerecht für Kinder ist ein wichtiger Heiratsgrund (8) vor allem für Väter. So mancher stolze Erzeuger kann ein Lied davon singen, was passiert, wenn die Kindsmutter ihn in die Wüste schickt. Mütter haben automatisch ein Sorgerecht, nichtverheiratete Väter müssen es beantragen. Ohne sein Sorgerecht darf der Vater in wichtigen Dingen nicht mitreden: medizinische Fragen, Schule aussuchen, Pass beantragen, Religion des Kindes, Vermögen verwalten, Konto eröffnen fürs Baby, etc. Theoretisch braucht er mindestens ein Umgangsrecht, um seinen Sprössling vom Kindergarten abholen zu dürfen. Wohlgemerkt: Mit der Unterhaltspflicht hat dies gar nichts zu tun, die gilt immer.

Die meisten Paare, die unverheiratet zusammenleben, haben keine Probleme bei der Organisation des Familienalltags, aber – mit Trauschein ist zumindest für die Väter alles einfacher, übrigens auch nach einer Scheidung, da behalten sie nämlich automatisch ihr Sorgerecht, außer die Ex-Frau widerspricht vor Gericht.

Neue Namen

Heiratsgrund 9 hat hauptsächlich kosmetischen Charakter: Man kann sich einen neuen, vielleicht schöneren Namen „erheiraten“ oder die Nachnamen der bereits bestehenden Familie ohne Trauschein zusammenführen, sodass Eltern und Kinder gleich heißen. Seit 2004 ist es übrigens auch möglich, einen ehelichen Namen aus einer früheren Ehe dem neuen Ehepartner als gemeinsamen Nachnamen zu „schenken“, was zu recht pikanten familiären Verwechslungen oder Meinungsverschiedenheiten mit dem geschiedenen Partner führen kann.

Multi-Kulti-Hochzeit

Weniger kosmetisch, sondern handfest nützlich ist für viele Menschen Heiratsgrund 10: die Legalisierung der Liebesbeziehung von Ausländern mit deutschen Staatsbürgern. Wenn diese selbst in Deutschland leben, bekommen die ausländischen Ehepartner automatisch eine Aufenthaltsgenehmigung. Allerdings sollte der Verdacht einer Scheinehe möglichst gar nicht erst aufkommen…