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Kaltes Plasma – heißes Plasma – Blutplasma: Alles Plasma, oder?

Nicht zuletzt durch den Ausbruch von EHEC/HUS sind die Begriffe „Plasma“ und „kaltes Plasma“ in aller Munde. Was ist Plasma? Ein Blick in die „Plasmalogie“.

Plasma, heißes oder kaltes – so heißen die Schlagworte der vergangenen Wochen, besonders hervorgerufen durch die Durchfallepidemie EHEC/HUS in Deutschland. Was aber ist besagtes Plasma? Ist Ihre Blutspende, Stichwort Plasmaspende, Ausgangspunkt dafür?

Plasma – ein Wort mit verschiedenen Bedeutungen

Das Wort Plasma ist auf das griechische „plásma“ – Gebilde – zurückzuführen. Heute wird es in verschiedenen wissenschaftlichen Bereichen als Begriff geführt.

  • Plasma in der Physiologie und Medizin: damit bezeichnet man die flüssigen Bestandteile von Milch und Blut (Blutplasma)
  • Protoplasma in der Biologie: damit wird die lebende Masse bezeichnet, die von der Zellmembran der Zelle eingeschlossen wird.
  • Plasma in der Kernphysik: damit wird ein Gasgemisch bezeichnet, das aus freien Elektronen, Ionen und neutralen Atomen besteht.

Wie entsteht das in der Physik gebräuchliche Plasma?

Plasma entsteht, wenn ein Gas so weit erhitzt wird, dass bei den Stößen der Atome untereinander Elektronen herausgerissen werden. Die Atome werden zu geladenen Teilchen beziehungsweise Ionen. Die freien Ladungsträger im Plasma, Elektronen und Ionen, bestimmen ganz wesentlich die Eigenschaften dieses Mediums. Plasmen senden sichtbares Licht und Ultraviolettstrahlung aus. Den Zustand bezeichnet man als Plasmazustand. Der Plasmazustand wird auch als vierter Aggregatzustand bezeichnet, so dass es nunmehr: fest, flüssig, gasförmig und plasmaförmig als Bezeichnung gibt.

Wo kommt Plasma natürlich vor?

Materie in Sternen und Gaswolken im interstellaren Raum, also im Universum, sind im Plasmazustand. Terrestrisches Plasma kommt in Blitzen vor, aber auch bei den Polarlichtern. Bei elektrischen Entladungen von Gas, in heißen Flammen ist ebenfalls von Plasma die Rede. Charakteristisch für Plasmen ist das typische Leuchten, siehe bei den Polarlichtern, das durch die Strahlungsemission der Gasatome, Ionen und Moleküle verursacht wird.

Heißes Plasma – kaltes Plasma -Hochdruckplasma: Wer ist wer?

Zuerst beschrieben wurde Plasma 1879 vom englischen Chemiker und Physiker William Crookes, der es „radiant matter“, also „strahlende Materie“ nannte. Der amerikanische Physiker Irving Langmuir prägte den Begriff 1928. Plasmen können nach verschiedenen Kriterien eingeteilt werden. Nach ihrem Vorkommen:

  • terrestrisches (Blitze)
  • künstliches (Plasmalampe)
  • astrophysikalisches Plasma (Sterne)

Eine weitere Einteilung erfolgt nach ihrer Temperatur:

  • thermisches (heißes)
  • nicht-thermisches (kaltes) Plasma

Eine dritte Einteilung erfolgt nach dem Druck, der beim Erzeugen des Plasmas besteht:

  • Niederdruckplasma (Plasmabildschirm)
  • Hochdruckplasma
  • und Atmosphärendruckplasma.

Wer befasst sich mit Plasmaforschung?

  • Plasmaphysik: ein Teilgebiet der Physik, das sich mit Eigenschaften und Verhalten von Materie im Plasmazustand beschäftigt.
  • Plasmamedizin: Anwendungen des physikalischen Plasmas für zukunftsweisende Therapien. Der therapeutische Einsatz von kalten Plasmaquellen wird untersucht und entwickelt.

Ziele der Plasmaforschung und deren erste Erfolge

  • Anwendung zur Luftaufbereitung
  • das Auftragen von wenigen Nanometer dicken Schichten auf Kunststoffen
  • Bearbeitung und Reinigung von hitzeempfindliche Materialien, etwa bestimmte Kunststoffe.
  • Dekontamination durch Plasma, Anwendung in der Zahnmedizin oder Wundbehandlung, Therapiemöglichkeiten durch Plasmamedizin

Ein Beispiel: Am 10. Mai 2011 hat ein Forscherteam vom Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik und dem Klinikum Schwabing den Forschungspreis 2010 der Stiftung „Fondation URGO“ für seine Plasma-Technologie erhalten. Mit Hilfe der Erfindung ist es möglich Bakterien auf chronisch infizierten Wunden abzutöten und so die Wundheilung zu unterstützen.

Wie arbeitet man mit kaltem Plasma?

Killt kaltes Plasma die gefährlichen Keime? Oder sterilisiert es sie? Die Meinungen der Forscher gehen noch auseinander. Die einen sind überzeugt, dass es die vom Plasma ausgehende UV-Strahlung ist, die das Erbgut der Keime schädigt. Vielleicht sind es aber die geladenen Partikel des Plasmas, welche die Außenhülle der Keime zum Platzen bringen, indem sie sich mit den Zellmembranen verbinden und durch die gegenseitige Abstoßung Risse erzeugen? Oder die freien Radikale im Plasma überwinden durch ihre chemische Aggressivität die natürlichen Verteidigungsmechanismen der Zellen?

Der Greifswalder Plasmaphysiker Weltmann kann die Wirkung jeder dieser Mechanismen bestätigen. Gleichzeitig macht er darauf aufmerksam, dass nicht alle Keime gleich auf Plasma reagieren. „Was den einen abtötet, schadet dem anderen nur bedingt. Um Keime möglichst vollständig abzutöten, müssen die Mechanismen deshalb optimal kombiniert werden.“ Dafür testen und entwickeln die Forscher weltweit eine Vielzahl von Plasmaquellen mit unterschiedlichen Eigenschaften.

Kaltes Plasma als Dekontaminationsverfahren gegen EHEC/HUS Erreger

Neben der Notwendigkeit gezielte Behandlungsmethoden für die schwere Durchfallserkrankung zu finden, gilt es als ebenso dringlich vorhandene EHEC/HUS Erreger auf Lebensmitteln unschädlich zu machen. Sowohl die Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für extraterrestrische Physik in Garching und des Münchener Klinikums Schwabing als auch Forscher vom Institut für Medizinische Mikrobiologie der Universitätsmedizin Greifswald konnten erfolgreich dem Erreger von EHEC O104:H4 zu Leibe rücken. Was das aber wirklich für die Bearbeitung von Lebensmitteln bedeuten wird, steht eindeutig noch lange nicht fest.

Der Versuch, den Erreger mit kaltem Plasma im Sinne des Wortes „kalt zu machen“, scheint erfolgreich zu sein. Die größere Schwierigkeit besteht allerdings darin, den wahren auslösenden Überträger zu finden – Stichwort: spanische Gurke.