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Nahrungsergänzung am Prüfstand: Was der Körper wirklich braucht 

Viele von uns wollen mit Nahrungsergänzung Ernährungssünden ausbügeln, bei anderen sind Pillen, Pulver, Tabletten in der Trainingstasche selbstverständlich.

Nahrungsergänzung (NE) wird heute schon in jedem Laden angeboten. Tituliert als Jungbrunnen oder Schlankmacher, von der Werbung für die geistige und körperliche Vitalität angepriesen. Doch wer weiß schon, was NE bringt, ob sie überhaupt etwas bringt oder sogar gefährlich sein kann. Zwei Experten der Ernährungsbranche geben zu vier Fragen aufschlussreiche Antworten, sind jedoch nicht immer einer Meinung:

  • Der Hamburger Andreas Scholz, wissenschaftlicher Leiter der Gesellschaft für Ernährungsforschung e.V. und Referent für Fitness- und Figurernährung und
  • Der Wiener Markus Minoggio, studierter Ernährungswissenschaftler und Analytiker bei einem Pharmakonzern.

Nur in einem schwimmen sie auf der gleichen Wellenlänge: Vorsicht ist besser als Nachsicht. Beide warnen vor Produkten, denen von Herstellern Wunderwirkung zugesprochen wird und so genannten Prohormonen. Im Zweifelsfall sollte man sich vom Arzt Rat holen.

Was halten Sie vom Begriff Sportlernahrung?

Scholz: Der Begriff ist gesetzlich geregelt. Es handelt sich um Diätetische Lebensmittel für Sportler bei intensiver Muskelanstrengung. Produkte aus dem Supermarkt mit der Bezeichnung Fitnessriegel oder ähnlich haben meistens nur durch ihre Namensgebung einen sportlichen Touch. Verbraucher sollten daher auf die Verkehrsbezeichnung Diätetisches Lebensmittel achten. Weiterhin gibt es rein rechtlich noch NE. Diese können zur Deckung von Nährstoffdefiziten von Sportlern und Nichtsportlern verwendet werden.

Minoggio: Sportlernahrung bedeutet für mich in erster Linie gesunde ausgewogene Mischkost. Eine Einnahme von NE zur Leistungssteigerung ist für Freizeitsportler weder bei Mineralstoffen noch Vitaminen oder sonstigen Präparaten (wie Aminosäuren) notwendig. Von Proteinpräparaten sollten Hobby- und Freizeitsportler Abstand nehmen. Der Eiweißbedarf von Sportlern wird gerne überschätzt. Über die tägliche Nahrung werden mehr als genug Proteine aufgenommen, sodass selbst bei mehrfachem Fitnessstudio-Besuch pro Woche keine zusätzliche Einnahme nötig ist.

Es gibt verschiedene Gründe, sich fit zu halten (Gesundheit, Gewichtsreduktion, Körperkult, etc.). Wem würden Sie NE empfehlen, wem davon abraten?

Scholz: Für jedes Ziel gibt es das richtige Produkt. Abraten würde ich niemandem. Es sei denn, die Person schafft es, sich überwiegend bedarfsgerecht zu ernähren. Besonders Freizeitsportler, die einen Fulltimejob haben und in ihrer Freizeit an ihre persönliche Grenze gehen, sind gut beraten, entsprechende Nährstoffe zur besseren Regeneration und Gesunderhaltung zuzuführen. Nährstoffmängel machen sich erst spät bemerkbar. Macht es Sinn, einen Mangel zu haben?

Minoggio: Vitamin- und Mineralstoffpräparate werden gerne an Freizeitsportler mit Hinweis eines erhöhten Bedarfs z.B. an Antioxidantien wie Vitamin E und C verkauft. Von Wissenschaftlern wird jedoch mittlerweile in Frage gestellt, dass die Einnahme von Vitaminen mittels NE eine Reduzierung des oxidativen Stresses zur Folge hat. Der Freizeitsportler sollte daher mit reichlich Obst, Gemüse und hochwertigen pflanzlichen Fetten als guter Vitamin E-Quelle die natürlich vorkommenden Antioxidantien zu sich nehmen.

Wo genau liegen die Risiken von NE und sind diese auch altersabhängig?

Scholz: NE sind Lebensmittel, keine Medikamente! Risiken sind mir bei Zufuhr gemäß der Empfehlung nicht bekannt. Nur weil eine NE in Form einer Tablette angeboten wird, wird sie nicht automatisch zum Medikament. Ich kenne niemanden, der an einer Überdosis Vitamine erkrankt ist. Ich kenne aber viele, die aufgrund eines Vitamin B-Mangels einen erhöhten Homocysteinwert haben. Gerade im Alter nimmt die Absorptionsquote für B-Vitamine ab. Hier macht es Sinn, B-Vitamine zu ergänzen. Wer im Alter kraftlos wird, hat meist einen geringen Creatinspiegel. Eine Creatingabe wirkt dann wie ein Jungbrunnen. Im Einzelfall sollte man sich vom Nährstoffexperten beraten lassen.

Minoggio: Die Risiken liegen grundsätzlich dort, wo NahrungsERGÄNZUNG nicht mehr nur ergänzend eingenommen wird – eine Überdosierung von NE in Form von Vitaminen und Mineralstoffen ist aber kaum möglich. Vorsicht nur bei fettlöslichen Vitaminen (A, D, E und K), da diese vom Körper gespeichert werden. Speziell bei pflanzlichen Pseudoprodukten, die zahlreich in Drogeriemärkten zu finden sind, gibt es von wissenschaftlicher Seite keine Empfehlung zu Einnahme und Bedarf. Konsumenten gehen aber davon aus, dass die pflanzliche Mischung in Form eines Pulvers „ja gesund sein muss“. Im Laborversuch gibt es durchaus Studien, die hohe antioxidative Wirkung verschiedener pflanzlicher Substanzen zeigen – für den Menschen kann das aber nicht 1:1 übernommen werden. Es gibt bestimmte Lebensumstände (z.B. Schwangerschaft, Alter), wo gezielte Einnahme von NE in Form von Vitaminen und Mineralstoffen ratsam sein kann. Bevor Sie jedoch zu Pillen, Kapseln und sonstigem greifen, sollten Sie sich ausreichend informieren und (v.a. in der Schwangerschaft) Rücksprache mit dem Arzt halten.

Was sind „gute“ Nahrungsergänzungsmittel, was Pseudoprodukte?

Scholz: Die Gesellschaft für Ernährungsforschung (GfE) hat dazu eine Checkliste erstellt (Auszüge aus dem Buch „Body Food“. Abzuraten ist von Produkten aus dem Ausland mit ausländischer Kennzeichnung und so genannten Prohormonen.

Minoggio: Ich würde von NE auf der einen Seite sprechen, deren Einnahme von wissenschaftlicher Seite speziell in bestimmten Lebensphasen oder für bestimmte Gruppen angebracht sind; zu diesen gehören sicherlich Vitamin- und Mineralstoffpräparate. Pseudoprodukte sind z.B. Proteinpräparate, pflanzliche Extrakte, Enzyme, Hormone, etc., die von der Begriffsdefinition nicht zu den NE zählen – deren Anzahl ist fast unüberschaubar.

Mit dem Sinn und Unsinn von NE, Vitamintabletten und Pseudoprodukten beschäftigt sich Markus Minoggio in seinem Buch „Was der Körper wirklich braucht“ (Goldegg Verlag). Andreas Scholz verfasst nicht nur den regelmäßigen Newsletter der GfE, sondern gibt auf seiner Figurmacher-Plattform Frauen Tipps, wie der Weg zu einem knackigen Körper aussehen kann.