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Vaginismus (Scheidenkrämpfe)

Wenn die körperliche Liebe Schmerzen bei der Frau verursacht. Sandra S. ist 21 Jahre alt und leidet an einer Störung, mit der sich auch ihr Arzt nicht auskannte: Vaginismus. Es war ihr unmöglich, den Verkehr zu vollziehen.

„Als ich das erste Mal das Wort „ Vaginismus“ gelesen habe, habe ich geweint, aus purer Erleichterung. Endlich gab es einen Namen für das, was da bei mir nicht normal war. Ich weiß noch gut, wie ich vor meinem Laptop saß, auf die Info-Seite zum Thema gestarrt habe und einfach nur geheult habe. Zu dem Zeitpunkt war ich emotional völlig am Ende!“ Die Frau, die das erzählt, ist erfolgreich, verdient gut, sieht gut aus und stammt aus einer intakten Familie. Niemand käme auf die Idee, dass ihr Sexleben problematisch ist, weil starke Scheidenkrämpfe den Verkehr unmöglich machen.

Weit verbreitet: Vaginismus

Vaginismus bedeutet so viel wie Scheidenkrampf und ist weiter verbreitet als der wenig bekannte Begriff zunächst vermuten lässt. Die Vagina verschließt sich, nichts passt hinein in die vordere Öffnung der Frau, ob Finger oder Penis, im schlimmsten Fall noch nicht einmal ein Tampon. Und auch die notwendige, vaginale Routine-Untersuchung beim Frauenarzt gerät wegen des einzuführenden Spekulums zur Tortur und nicht selten zum Ding der Unmöglichkeit.

Sandras Leidensgeschichte

„Mit 16 hatte ich meinen ersten, richtigen Freund und nach etwa einem halben Jahr haben wir zusammen geschlafen. Es tat weh, aber damit rechnet man als Mädchen ja.“ erinnert sich Sandra (21), die anonym bleiben möchte. „Aber es wurde auch später nicht besser. Es tat gerade so wenig weh, dass ich meinem Freund nicht davon erzählt habe, aber so viel, dass an Spaß bei mir nicht zu denken war!“

Das Problem der Scheidenkrämpfe wurde mit den Jahren schlimmer

Wenig später ging Sandra für zwei Jahre nach Irland auf ein Internat und ihre erste Beziehung zerbrach. „Als ich mit 18 das Abitur hatte, habe ich meinen jetzigen Freund kennen gelernt. Daran, ihm von meinen Problemen beim Sex zu erzählen, habe ich nie gedacht. Warum, weiß ich nicht, vielleicht habe ich ganz tief drin gehofft, das das schon von alleine weg gehen würde. Heute weiß ich, wie naiv diese Hoffnung war!“ Statt besser war Sandras Problem eher schlimmer geworden. „Wir haben versucht, miteinander zu schlafen – es war absolut aussichtslos. Er kam nicht mal einen halben Zentimeter in mich hinein, bevor es sich anfühlte, als sei ich zugemauert. Und es tat irre weh!“

Wenig Hilfe von den Frauenärzten

Sandra weinte die ganze Nacht durch, während sich ihr Freund äußerst verständnisvoll zeigte. „Er hat sich nie beklagt und war immer mein Fels in der Brandung!“ Die beiden versuchten, dem Problem mit verschiedenen Methoden Herr zu werden. „Ausgedehntes Vorspiel, Gleitcreme, Alkohol – nichts half!“ Sandra suchte Rat bei Frauenärzten. Doch die Antworten, die sie bekam, waren nicht sehr hilfreich: „Von ‚Stellen Sie sich einfach mal nicht so an‘ über ‚Trinken Sie sich mal ein bisschen locker‘ bis zu ‚Das bilden Sie sich nur ein, anatomisch ist alles in Ordnung‘ war alles dabei. Einer meinte auch, ich sollte darüber nachdenken, was mit meiner Beziehung nicht in Ordnung ist!“

Unvorstellbar, dass sich selbst Frauenärzte mit dem Thema Vaginismus nicht auskennen. Dabei handelt es sich um einen willentlich nicht beeinflussbaren Krampf der Muskulatur am Scheideneingang sowie sehr oft auch der umgebenden Beckenbodenmuskeln, sobald Penetration versucht wird. „Unter der Störung leiden Frauen aller Alters- und Berufsgruppen: Die Krankenschwester genauso wie die Studienrätin oder Studentin, in einer Altersgruppe zwischen 19 Jahren bis Anfang 40“, betont Dr. Ulrike Brandenburg, Sexualtherapeutin aus Aachen. Die Ursachen seien oft nicht auszumachen.

Petting: Keine Alternative auf Dauer

Eine Zeit lang begnügten sich Sandra und ihr Freund mit Petting. „Aber vor allem mir hat das einfach nicht gereicht. Mittlerweile führten wir über zwei Jahre eine Beziehung und ich wollte endlich auch richtigen Sex haben!“ Auch Sandras Selbstwertgefühl litt. „Ich hab mich einfach nicht mehr als Frau, geschweige denn als begehrenswert betrachtet!“ Sandra durchforstete das Internet und fand den Begriff „Vaginismus“. „Endlich hatte meine Krankheit einen Namen! Für mich ging förmlich die Sonne auf!“

Beckenbodentraining und Dilatoren

Den von Vaginismus Betroffenen stehen mehrere Behandlungsmethoden zur Verfügung. Entweder sie wenden sich an einen Sexualtherapeuten oder Gynäkologen, der Erfahrung mit dem Thema Vaginismus hat. Oder sie trainieren unter kundiger Anleitung ihre Beckenbodenmuskulatur. Ergänzend dazu üben sie mit sogenannten Dilatoren, die in die Scheide eingeführt werden. Alle Methoden lassen sich auch miteinander kombinieren.

Sandra las alles, was sie über Vaginismus finden konnte. „Dann habe ich angefangen zu üben – zunächst einmal mit Dilatoren, danach in Kombination mit Trigger-Point-Massagen. Als mein Freund und ich es das nächste Mal probiert haben, konnten wir tatsächlich miteinander schlafen! Ich war im siebten Himmel!“

Sandra hat ihren Weg gefunden, sich mit der Krankheit Vaginismus zu arrangieren. „Es geht mal besser, mal wieder schlechter. Immer noch ist Sex nur in manchen Stellungen möglich und nur, wenn ich das Eindringen kontrolliere und meinen Freund genau dirigiere. Das nervt. Aber seit zwei Jahren kämpfe ich gegen diese Krankheit und Stück für Stück gewinne ich!“ Sandra hatte mittlerweile zudem das Glück eine Frauenärztin gefunden zu haben, die sich mit ihrem Problem auskennt. „Außerdem lebe ich in einer sehr glücklichen Beziehung. So langsam kann ich es mir zumindest vorstellen, eines Tages auch mal normalen, entspannten Sex haben zu können!“