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Wie entstehen Frühlingsgefühle

Frühling – der Tanz der Hormone. Nach der langen und dunklen Winterzeit bringt Licht wieder Schwung und Lust in den Alltag. Grund dafür sind unsere Hormone. Noch hat der Winter die Natur fest im Griff. Doch erste Knospen an Bäumen und Sträuchern künden bereits davon, dass sich die kalte Jahreszeit irgendwann auch wieder dem Ende zuneigt. Doch nicht nur die Natur blüht auf. Auch der Mensch braucht die Wärme und den Frühling.

Licht, Luft und Lust

Nicht nur bei den Pflanzen, sondern auch bei Mensch und Tier steuert das Tageslicht wesentliche Prozesse. Jeder von uns spürt, wie sich das Lebensgefühl verändert, wenn die Tage wieder heller und länger werden. Winter und Kälte sind eine Zeit des Rückzugs – die Zeit, in der die Tiere ihren Winterschlaf halten und die Menschen früher in ihren Stuben blieben und strickten – der Frühling und der Sommer sind die Zeiten des Erwachens und der Aktivität. Auch wenn wir heute im Winter in die Sonne fliegen können – unsere innnere Uhr ist immer noch weitgehend auf diesen Rythmus eingespielt. Grund dafür sind unsere Hormone. Wohl jeder kennt die „Frühlingsgefühle“ bei längeren und wärmeren Frühlingstagen, die mit einem gehobenen Lebensgefühl und auch mit gesteigerter Lust einhergehen. Überraschenderweise sind dafür nicht in erster Linie die Sexualhormone verantwortlich – Östrogen bei der Frau, und Testosteron beim Mann – sondern das Melatonin, das „Schlafhormon“ das in der Zirbeldrüse gebildet wird. Es senkt den Stoffwechsel und fördert den Schlaf. Allein die Nicht-Produktion dieses Hormons lässt unsere Stimmung und Aktivität in den ersten hellen Frühlingstagen steigen.

Melatonin schüttet unser Körper bei fehlendem Licht aus

Das bei Dunkelheit produzierte Melatonin regelt unseren Schlafrythmus und kann – in Tablettenform eingenommen – bei Jetlag und bei einer aus dem Takt gekommenen inneren Uhr, zum Beispiel bei Schichtarbeitern, helfen. In besonders lichtarmen Monaten wird Melatonin manchmal in so großen Mengen gebildet, dass es tagsüber nicht mehr ausreichend abgebaut werden kann. Die Folge: Der Mensch bleibt müde und antriebsarm. Zu viel Melatonin kann zu Depressionen führen. Durch Licht wird die Produktion von Melatonin gestoppt. Das Licht gelangt beim Menschen vor allem über das Auge ins Gehirn. In geringerem Maße wird es auch über die Haut aufgenommen. Licht ist für uns Menschen lebenswichtig.

Serontonin: das Glückshormon

Der Gegenspieler zum Melatonin ist das Serotonin. Es ist als Glückshormon und Stimmungsaufheller bekannt. Serotonin wirkt antriebssteigernd und wird bei Helligkeit und vor allem in den Sommermonaten gebildet. Serotonin ist ein Nervenbotenstoff (oder Neurotransmitter). Er beeinflusst Wohlbefinden, Antrieb und Schlaf. Die Wirkung der Lichttherapie, die unter anderem bei Depressionen eingesetzt wird, beruht auf der Produktion von Serotonin. Die Tatsache, dass Menschen die zu Depressionen neigen, in den Wintermonaten deutlich mehr Süßes bzw. kohlehydratreiche Nahrung zu sich nehmen als im Sommer, hat einen stofflichen Hintergrund, der ebenfalls mit der Serotoninproduktion zusammenhängt: Kohlehydratreiche Nahrung wird im Körper zu Glucose (Traubenzucker) umgewandelt, diese wiederum stimuliert die Bauchspeicheldrüse zur Produktion von Insulin, Insulin erhöht den Tryptophanspiegel im Gehirn, und Tryptophan ist Vorläufersubstanz von Serotonin. Bei manchen Bevölkerungsgruppen ist es erwiesen, dass die Selbstmordraten zurückgehen, wenn der Verzehr von Kohlehydraten steigt. Im Unterschied zu Melatonin kann man Serotonin leider nicht synthetisch herstellen. Wer seinen Serotoninspiegel erhöhen will, sollte auch nicht zu Psychopharmaka greifen. Wesentlich besser, wirksamer und auch nebenwirkungsfreier sind viel Sport und Bewegung!

Die „Frühlingsgefühle“ sind ein Überbleibsel der Evolution

Neben Melatonin und Serotonin spielen die auch Geschlechtshormone im Frühling eine bedeutende Rolle. Mit der Zunahme der Produktion von Testosteron und Östrogen steigt neben dem Lebensgefühl auch die sexuelle Erregbarkeit. Evolutionsbiologen vermuten, dass dies ein Überbleibsel des geschlechtlichen Jahreszyklus ist, wie man ihn bei vielen Tierarten findet. Im Frühjahr sind die Umweltbedingungen für Fortpflanzung und Jungenaufzucht günstig, denn die Frostperiode geht zu Ende. Der Melatoninspiegel im Blut sinkt, das bedeutet, der Winterschlaf ist vorbei, die Geschlechtsorgane treten wieder in Funktion, und die Zeit der Paarung und des Brütens beginnt. Wir ticken immer noch nach der gleichen Uhr wie unsere Vor-Vor-Vorfahren: Beim Menschen zeigt sich dieser verwandtschaftliche Zusammenhang als eine Phase der gesteigerten Bereitschaft, sich durch das andere Geschlecht beeindrucken zu lassen. Wenn es erst einmal gefunkt hat, treten aber andere Verhaltensbereiche in Funktion. Auch sie werden durch Hormone gesteuert.

Neurotransmitter – die Schmetterlinge im Bauch

Da sind erst einmal die bereits erwähnten Sexualhormone, deren Wirkung unter anderem darin besteht, dass Vertreter des anderen Geschlechtes attraktiver erscheinen, als sie bei nüchterner Betrachtung wären. Für die enthusiastischen Gefühle, wenn wir uns verlieben, sind jedoch Nervenbotenstoffe, die sogenannten Neurotransmitter, verantwortlich. Hier sind vor allem Dopamin und Serotonin zu nennen. Dopamin macht die Liebe rauschhaft, besessen, aufgeregt und begünstigt die Fixierung auf eine Person. Es ist verantwortlich dafür, dass verlassene Liebende Entzugserscheinungen erleben können wie ein Junkie. Dopamin kommt besonders in bestimmten Bereichen des Gehirns vor, die mit Belohnung und Motivation zu tun haben, woran deutlich wird, wie eng die Chemie der Liebe mit dem Belohnungssystem verbunden ist. Ein weiterer wichtiger Neurotransmitter ist das „Glückshormon“ Serotonin. Es ist chemisch mit dem Melatonin eng verwandt und wirkt ebenfalls wie ein Rauschmittel. Die Erregung unbedingten Verliebtseins wird von unserem Belohnungszentrum gespeichert – so dass wir diese Erfahrung immer wieder haben wollen.

Hochstimmung durch Endorphine

Endorphine erzeugen ein Glücksgefühl, eine Hochstimmung, wie sie etwa auch Marathonläufer kennen. Dieser körpereigene “Kick” wird darurch ausgelöst, dass die Endorphine an die gleichen Rezeptoren andocken wie Opiate. Es handelt sich praktisch um eine Art körpereigenes Rauschmittel. Positive soziale Erfahrungen oder eine angenehme Berührung fördern die Produktion von Endorphinen ebenso wie Grenzleistungen, zum Beispiel im Sport. Auch der Anstieg der Produktion von Sexualhormonen führt gleichzeitig zu einer Erhöhung der Endorphinproduktion.

Auch Menschen sind Blumen – die Bedeutung der Düfte

Dazu kommt im Frühjahr auch bestimmten Düften eine besondere Rolle zu. Von Blumen und von Tieren kennen wir es, aber es gilt tatsächlich auch für den Menschen: Pheromone spielen beim Finden des richtigen Partners eine viel wichtigere Rolle als man gemeinhin denkt. Sie verlassen den menschlichen Körper meist über den Schweiß und werden unbewusst oder auch einfach als ein „gut Riechen“ des Partners wahrgenommen. Für die Wahrnehmung dieser Stoffe hat der Mensch sogar ein eigenes Sinnesorgan entwickelt: das Vomeronasalorgan oder Jacobson-Organ. Jene chemischen Sexuallockstoffe werden im Frühling vermehrt ausgeschüttet und sollen die Aufmerksamkeit eines potenziell interessanten Gegenübers erhöhen.

Liebende sind gut geschützt gegen Krankheiten

Eines der Hormone, die in Zeiten großen Glücks den Körper überschwemmen, ist Oxytocin. Dieses Hormon schafft das Zulassen von sozialer Nähe und Vertrauen, macht uns großzügig, und befähigt uns zu liebevollen Bindungen, Sexualität und mütterlichem Pflegeverhalten. Zusätzlich aktiviert der beschriebene Hormoncocktail sehr wirkungsvoll das Immunsystem. Liebende werden selten krank, denn die körpereigene Abwehr arbeitet mit höchster Effizienz. Gut, dass es bald wieder Frühling wird!