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Wie funktioniert ein Flettner-Rotor

Flettner-Rotor als Schiffsantrieb. 1924 stach das erste Schiff mit einem Flettner-Rotor in See. Doch schon 1932 war die Ära dieser Schiffe beendet. Nun kommt die Technik wieder zum Einsatz.

Der Physiker Heinrich Gustav Magnus (1802-1870) wies 1851 mit Experimenten erstmals eine bis dahin unbekannte Kraft nach, die durch eine auf einen rotierenden Körper treffende Luftströmung entsteht. Dies wird seitdem als Magnus-Effekt bezeichnet.

Das Prinzip des Flettner-Rotors

Der Flettner-Rotor baut auf dem Magnus-Effekt auf. Ein rotierender Zylinder leitet die mit dem Wind auftreffende Luft ähnlich wie ein Segel zur Seite ab. Dabei entsteht eine Kraft, die zum Vortrieb des Schiffes genutzt werden kann. Nachteilig ist, dass der Flettner-Rotor gegen den Wind und vor dem Wind nicht nutzbar ist.

Die Konzeption des Flettner-Rotors

Der Mathematiklehrer Anton Flettner (1885-1961) war in der Technik ein Autodidakt. Er entwickelte 1923 die Idee von einem Rotor für den Schiffsvortrieb. Hierbei stütze er sich auf Forschungsergebnisse von Professor Ludwig Prandtl (1875-1953), dem Leiters der Aerodynamischen Versuchsanstalt Göttingen.

Die Wissenschaft der Aerodynamik lieferte Flettner die physikalischen Daten und machte eine fundierte Argumentation hinsichtlich der Funktionsfähigkeit des Rotor-Antriebes möglich. Flettner überzeugte schließlich auch die Geldgeber der Germania-Werft in Kiel.

Den die Windkraft nutzenden Rotor meldete Flettner 1923 zum Patent an. Zu dieser Zeit waren Segelschiffe in der Handelsschifffahrt bereits auf dem Rückzug. Dampfmaschinen und Dieselmotoren lösten das seit Jahrtausenden als Schiffsantrieb genutzte Segel zunehmend ab.

Flettner sah in dem von ihm konzipierten Rotor vor allem einen Brennstoff sparenden Hilfsantrieb. Denn diese Rotoren benötigten im Gegensatz zum klassischen Segel kein zusätzliches Personal. Ein Mann reichte für ihre Bedienung.

Die praktische Erprobung des Flettner-Rotors

Als am 7. November 1924 legte in Kiel die Buckau ab. Sie war das erste seegehende Schiff mit zwei Flettner-Rotoren. Mit den beiden riesigen sich lautlos drehenden „Litfaßsäulen“ an Deck erregte es einiges Aufsehen. 1926 überquerte Flettner mit der Buckau den Atlantik und warb in den USA für seinen neuen Schiffsantrieb.

1926 wurde ein weiteres und größeres Rotorschiff auf die Weltmeere geschickt. Die Barbara war mit drei Flettner-Rotoren bestückt. Beide Rotorschiffe bewiesen, dass der Rotorantrieb zuverlässig funktionierte. Die Barbara fuhr von 1926 bis 1929 regelmäßig ins Mittelmeer.

Das Ende der Rotorschiffe

Trotz der Bewährung in der Praxis und dem Nachweis der Energieeinsparung konnten keine Aufträge für weitere Rotorschiffe hereingeholt werden. Brennstoff für die Schiffsmaschinen war damals billig. Für die Reeder war der Flettner-Rotor bei Betrachtung der eingesparten Mittel für Brennstoffe und den Investitionen in die Rotoren nicht rentabel. Und die Sport- und Freizeitsegler konnten sich für den Flettner-Rotor auch nicht erwärmen.

Mit der Weltwirtschaftskrise 1929 ging es mit dem Welthandel rapide bergab. Der Reeder gab die gecharterte Barbara mangels Aufträgen 1931 an ihren Eigner, die Reichsmarine, zurück. Die verkaufte alsbald das Schiff und der neue Besitzer nutzte es als reines Motorschiff und ließ die drei Rotoren abbauen. Die Geschichte der Rotorschiffe war somit vorerst beendet.

Die Renaissance des Flettner-Rotors im 21. Jahrhundert

1973 kletterte während der ersten so genannten Ölkrise der Ölpreis kräftig. Die Brennstoffkosten der Reeder wurden so in die Höhe getrieben. Da wurde nach Treibstoff sparenden Ideen für den Schiffsantrieb gesucht.

So kam die Hamburger Werft Blohm & Voss nach 1980 auf Flettners Idee zurück. Der Einbau von Flettner-Rotoren auf einem Tanker wurde geplant. Doch dieses Vorhaben wurde 1986, nachdem der Ölpreis wieder gefallen war, aufgegeben.

Inzwischen gewinnt das rotierende Segel wieder an Aktualität. Denn langfristig müssen auch die Reeder mit steigenden Energiekosten rechnen. Und die Zeit der Verbrennung billiger schwefelhaltiger Dieselkraftstoffe neigt sich auch dem Ende zu. So ist der Flettner-Rotor wieder Gegenstand von wissenschaftlichen Untersuchungen und praktischer Erprobung.

Neue Schiffe mit Flettner-Rotoren

2006 wurde an der Universität Flensburg unter der Leitung von Professor Lutz Fiesser der Katamaran „Uni-Kat Flensburg“ mit einem Flettner-Rotor als Hauptantrieb gebaut. Es dient der Entwicklung und technischen Realisierung eines großen Modellschiffes zur Demonstration des Flettner-Rotor-Antriebs. Neue Erkenntnisse zur Optimierung der Flettner-Rotoren konnten durch den Betrieb des Schiffes gewonnen werden.

Voraussichtlich noch im Laufe des Jahres 2010 wird Frachtschiff mit Flettner-Rotoren in Dienst gestellt: das E-SHIP 1 der Enercon AG. Diese Firma ist ein bedeutender Hersteller von Windenergieanlagen. Und die will mit dem neuen Schiff Zeichen setzen. Denn das ist ein ganz und gar auf Energieeffizienz getrimmtes Frachtschiff. Neun Dieselmotoren liefern die Elektroenergie für den Hauptantrieb. Deren Abwärme wird zum Antrieb einer Dampfturbine genutzt. Die Abwärme wird außerdem für die Absorptionskühlung eingesetzt. Und vier Flettner-Rotoren, jeder 27 Meter hoch und mit 4 Meter Durchmesser, sollen bei der angestrebten Geschwindigkeit von 16 Knoten (knapp 30 Kilometer pro Stunde) über 30 Prozent Kraftstoff im Vergleich zu einem konventionellen Schiffsantrieb einsparen.

Andere Ansätze alternativer Schiffsantriebe

Der Flettner-Rotor ist nur ein Ansatz bei der Entwicklung alternativer Schiffsantriebe. Daneben wird mit dem guten alten Segel wieder experimentiert. Wenn auch in neuen Formen und mit Bedienung per Knopfdruck von der Brücke.

Auch die Solarzelle als Energiequelle wird getestet. Erste Solarboote befahren Binnen- und Küstengewässer. 2010 läuft das bisher größte Solarboot der Welt, die PlanetSolar, in Kiel vom Stapel. Für die großen Schiffe ist die Solarzelle allerdings bisher keine ernsthafte Alternative. Bei der verfügbaren Fläche für Solarzellen würden nur geringe Geschwindigkeiten erreichbar sein.

Die Ausstellung zum Flettner-Antrieb im Deutschen Technikmuseum Berlin

Über die Geschichte und den aktuellen Stand in Sachen Flettner-Rotor informiert seit dem 2. Februar 2010 eine Sonderausstellung in der Schifffahrtsausstellung des Deutschen Technikmuseums in Berlin. Die Präsentation zeigt auf rund 60 Quadratmetern Fotos, Dokumente, zeitgenössische Filmaufnahmen, ein Modell eines Rotorschiffs und den Rotor-Katamaran „Uni-Kat Flensburg“.