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Wenn Angst zur Krankheit wird

Die Klassifikation der Angst. Angst ist nicht gleich Angst. Kleine Altagsänste sind schnell überwunden, doch tiefsitzende, traumatische Ängste sind schwer zu überwinden.

Alltagsängste und Stress empfinden alle Menschen immer wieder. Gefahren im Straßenverkehr, Ärger, Termindruck, Ängste bei einer vorübergehenden Belastung erlebt jeder irgendwann in seinem Leben. Schmerzen, Erkrankungen, Trennungen, berufliche Belastungen, einschneidende Lebensveränderungen, finanzielle Krisen stellen Bedrohungen dar, auf die der Organismus mit Angst reagiert. Diese normalen Ängste klingen ab, wenn die Belastung vorbei ist, ohne Spuren zu hinterlassen. Dies trifft auf Angsterkrankungen, die auch als Angststörungen bezeichnet werden, nicht zu.

Kurzfristig hat die Vermeidung von Angst auslösenden Situationen einen angenehmen Effekt, die Angst tritt nicht auf und die unangenehmen Begleiterscheinungen wie Zittern, Schwitzen, Herzrasen bleiben aus. Langfristig wird durch das Vermeidungsverhalten die Angst zunehmen, weil nicht mehr die Erfahrung gemacht werden kann, dass die Angst auslösende Situation nicht so gefährlich ist, wie sie bewertet wird.

Angsterkrankungen sind dadurch gekennzeichnet, dass die Angst zu häufig und zu stark auftritt und zu lange anhält.

  • Tritt Angst stark, oft und lang andauernd auf, dann schränkt sie in allen Lebensbereichen ein, vermindert die Lebensqualität und macht krank.
  • Angsterkrankungen sind unangemessen, wenn die Angstreaktion in keinem Verhältnis zum Angst auslösenden Reiz steht.
  • Angsterkrankungen sind zum Unterschied von normalen Alltagsängsten mit einem Verlust der Kontrolle verbunden. Wenn die Fähigkeit verloren geht, die Angst auslösende Situation zu kontrollieren, weicht das Gefühl der Sicherheit einem Gefühl der Hilflosigkeit.
  • Angsterkrankungen sind durch ein ausgeprägtes Vermeidungsverhalten gekennzeichnet. Das bedeutet: Die Situationen und Reize, die Anst auslösen, werden vermieden.

Merkmale der Angsterkrankungen

  • Angst ist eine normale, notwendige Reaktion auf eine Bedrohung.
  • Angsterkrankungen sind eine Übersteigerung normaler Ängste, die eine Fehlsteuerung der biologisch festgelegten Angst- und Stressreaktion bewirken.

Angst wird zur Krankheit

  • wenn Angst unangenehm stark ist,
  • wenn Angst zu häufig auftritt,
  • wenn Angst zu lange andauert,
  • wenn Sie die Kontrolle über das Auftreten und den Verlauf von Angst verlieren,
  • wenn Sie Situationen aus Angst vermeiden,
  • wenn Sie stark unter Angst leiden,
  • wenn Sie durch Angst in Ihrem Leben eingeschränkt werden.

Formen der Angst

Eine Klassifikation der Angst ist die Einteilung nach bestimmten Merkmalen in eine Klasse. Angst hat viele Gesichter, eine Einteilung kann nach dem Inhalt der Angst, nach dem allgemeinen Angstniveau, nach den Begleitsymptomen auf allen drei Ebenen des Erlebens und nach dem Grad der damit verbundenen Einschränkungen im Beruf, im sozialen Bereich und in der Lebensqualität erfolgen.

Panik

  • Die Angst tritt plötzlich und unerwartet auf und ist besonders stark und kann nicht kontrolliert werden.
  • Für das Auftreten der Angst kann keine Erklärung gefunden werden. Auslöser für die Angst kann eine bestimmte Situation, zum Beispiel die Fahrt mit dem Aufzug oder ein vollbesetzter Saal, sein. Panik kann aber auch ohne einen bestimmten Auslöser auftreten. Es werden alle Situationen vermieden, die einen neuerlichen Anfall auslösen könnten, dadurch kommt es zu massiven Einschränkungen in allen Lebensbereichen. Panik kann auch bei realer Bedrohung entstehen.
  • Die Angst ist mit starken körperlichen Begleiterscheinungen verbunden, wie Atemnot, Herzklopfen, Enge in der Brust, Schwindel, Kribbeln oder Taubheitsgefühl in den Gliedmaßen, Hitzewallungen oder Kälteschauer.
  • Die für einen Panikanfall typischen Gedanken sind „Die Angst wird nie mehr aufhören“. Typisch ist auch die Befürchtung, sterben zu müssen, Angst, die Kontrolle zu verlieren, Angst verrückt zu werden, oder ein Gefühl der Unwirklichkeit.

Generalisierte Angststörung

  • Über mehr als 6 Monate andauernde Ängste, Sorgen und Befürchtungen über Dinge, die mit großer Wahrscheinlichkeit nie eintreten werden.
  • Sorgen über geringfügige Anlässe, die subjektiv als sehr belastend erlebt werden.
  • Körperliche Unruhe verbunden mit der Unfähigkeit sich zu entspannen, die sich in körperlichen Symptomen wie Schwitzen, Magen-Darm-Beschwerden, Herzrasen, Schwindel, Übelkeit, Hitzewallungen oder Kälteschauer, Zittern, Schlafstörungen und Schluckbeschwerden ausdrückt.
  • Weitere Kennzeichen sind eine erhöhte Wachsamkeit, die das Denken einengt und zu Konzentrationsstörungen führt, sowie eine übertriebene Schreckreaktion.

Phobien

  • Die Angst ist eine unbegründete starke Angst vor Objekten oder Situationen, die über Monate oder Jahre andauern kann und in der Folge zur Vermeidung der auslösenden Reize führt. Die Angst tritt sowohl bei der Erwartung als auch bei der tatsächlichen Begegnung mit der gefürchteten Situation oder dem Objekt auf.
  • Die Angst ist mit starken körperlichen Begleiterscheinungen wie Zittern, Unruhe, schwitzen, Herzklopfen verbunden.
  • Durch die Angst beziehungsweise durch das Vermeiden der Angst auslösenden Situation kommt es zu Einschränkungen im alltäglichen Leben.

Posttraumatische Belastungsreaktionen

Die posttraumatische Belastungsreaktion ist die Angst, die nach einem oder mehreren extrem belastenden Lebensereignissen (Trauma) eintritt, wie Unfälle, Gewalterfahrung, Vergewaltigung, Naturkatastrophen.

  • Immer wiederkehrende eindringliche Erinnerungen an das Ereignis in Form von Gedanken und Träumen
  • Ängste treten bei Ereignissen auf, die das traumatische Ereignis symbolisieren oder ihm ähnlich sind
  • Die Unfähigkeit, Aspekte des Traumas zu erinnern
  • Bewusstes Vermeiden von Gedanken oder Gefühlen, die mit dem Trauma in Verbindung stehen
  • Erhöhte Aufmerksamkeit, Anspannung

Anpassungsstörung

Vorübergehende Angst kann bedingt durch veränderte Lebensumstände auftreten. Die Angst ist eine überstarke Reaktion auf Veränderungen wie den Umzug in eine andere Stadt, Trennungen, schwere körperliche Erkrankungen bei sich oder nahen Angehörigen.

Die Angst und Befürchtungen bei körperlichen Erkrankungen und Eingriffen wird durch die damit verbundenen, oft lange dauernden Belastungen ausgelöst. Die Befürchtungen vor einer medikamentösen oder operativen Therapie sind normale Angstreaktionen, die ihre Berechtigung haben. Anst ist ein Alarmsignal und bewirkt eine für den Krankheitsverlauf nützliche Auseinandersetzung mit der Erkrankung.