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Wie man Cluster zu Begriffsnetzen formalisiert

Begriffsnetze (oder Concept maps) sind ein wichtiges wissenschaftliches Instrument. Wer kreativ mit ihnen umgehen kann, beherrscht eine zentrale Kompetenz.

Die Modellkompetenz bezeichnet ein Bündel von kognitiven Fertigkeiten, die für das wissenschaftliche Arbeiten besonders ausschlaggebend sind. Zu diesen Fertigkeiten gehören auch das Erstellen und das Zusammenfügen von Modellen.

Modell, Cluster und Begriffsnetz

Der Begriff des Modells ist ein übergeordneter Begriff. Er bezeichnet im Prinzip alles, was die Realität „zurechtstutzt“ und „handhabbar“ macht. Jede Tabelle, jeder Text, jedes Diagramm, jeder Ablaufplan ist ein Modell. Das wichtigste Modell, mit dem wir Menschen tagtäglich umgehen, ist unser Weltbild.

Es gibt wenig formalisierte Modelle, etwa eine Reihe von flüchtigen Notizen oder ein Cluster, und es gibt formalisierte Modelle, wie etwa mathematische Formeln oder Begriffsnetze.

Propositionen: Elemente der Begriffsnetze

Ein Begriffsnetz verbindet verschiedene Phänomene aus der Welt über sogenannte Prädikate. Prädikate sind, einfach gesagt, Verben, zumeist aktive Verben. In der Wissenschaft der Logik bilden diese Prädikate den Kern einer Proposition. In dieser Proposition finden sich zudem Argumente, die durch das Prädikat „zusammengehalten“ werden.

Begriffsnetze bestehen aus einer Reihe von Propositionen, die sich auf einen bestimmten Weltausschnitt oder ein bestimmtes Phänomen beziehen. Das hört sich ziemlich kompliziert an, ist es aber gar nicht. Ein Begriffsnetz erklärt Zusammenhänge, Verbindungslinien.

Sie finden sich in jedem wissenschaftlichen Text (hoffentlich!) und wenn sie grafisch gestaltet werden, hat man genau solche Begriffsnetze.

Wie ein Begriffsnetz aussieht

Solche Begriffsnetze sind den Clustern und den Mindmaps ziemlich ähnlich. Allerdings gibt es einige formale Bedingungen, die sie unterscheiden. Während Cluster auf freier Assoziation beruhen, bildet jedes Prädikat und jedes Argument in einem Begriffsnetz ein eigenes Element. Die Prädikate assoziieren dabei die Argumente.

Hat man einen Satz wie: „Der Text generiert nicht nur neue Bedeutungen, er kondensiert auch das kulturelle Gedächtnis.“, dann muss sich in einem Begriffsnetz jeder Satzteil und jedes Prädikat wiederfinden. Da dieses Beispiel zwei Prädikate (generieren, kondensieren) hat, lassen sich zwei Propositionen bilden:

  1. generieren (Text, neue Bedeutungen)
  2. kondensieren (Text, kulturelles Gedächtnis)

Als erstes sehen Sie, dass bestimmte Wörter herausfallen (nicht nur, auch). Zudem finden Sie zweimal den Begriff „Text“.

Für Begriffsnetze gelten nun folgende Regeln:

  1. Jedes Prädikat muss einzeln notiert werden. Taucht ein bestimmtes Prädikat zweimal auf, erscheint es im Begriffsnetz auch zweimal.
  2. Jedes Argument wird nur einmal notiert. Wenn etwa siebenmal der Begriff „Katze“ in einem Text auftaucht, wird dieser trotzdem nur einmal im Begriffsnetz hingeschrieben.
  3. Jedes Prädikat wird mit den dazugehörigen Argumenten durch eine Linie/einen Strich verbunden.

Auf diese Weise entsteht aus einem Sachverhalt ein grafisch ausgedrückter Zusammenhang.

Wie man ein Cluster formalisiert

Cluster entstehen aus losen Assoziationen und Notizen. Die Verbindungslinie zwischen den einzelnen Elementen ist (häufig) nicht näher benannt.

Der erste Schritt auf dem Weg von einem Cluster zu einem Begriffsnetz besteht nun darin, dass man diese Verbindungslinien genauer angibt. Das heißt, dass man an eine solche Verbindungslinie ein Prädikat/Verb schreibt.

Hier können allerlei Unsicherheiten auftauchen. Man merkt recht schnell, wo Ungenauigkeiten stecken. Am häufigsten stellt man fest, dass eine Verbindung in mehrere Verbindungen aufgelöst werden müsste. Man findet etwa eine ganze Reihe von Prädikaten, die zwischen zwei Argumenten eingefügt werden können. So kann man zwischen den Argumenten „Text“ und „Sinn“ die Prädikate „lesen“, „vorstellen“, „zusammenfassen“ schreiben. Für den Anfang genügt das auch.

Das Cluster auf Prädikate umschreiben

Als zweiter Schritt kommt eine Fleißaufgabe: aus dem Cluster macht man nun ein erstes Begriffsnetz. Das heißt, dass man sich an die oben genannten Regeln für Begriffsnetze hält. Versuchen Sie (zumindest wenn Sie Anfänger sind) nicht, das Begriffsnetz jetzt schon zu ergänzen und zu vervollständigen. Machen Sie eine simple Übertragung!

Natürlich werden Sie dabei feststellen, dass Sie manche Argumente viel zu undifferenziert gefasst haben und dass Ihnen andere Argumente (im Begriffsnetz) fehlen. Ein Begriff wie „Text“ ist äußerst grob, wenn es um den Sinn dieses Textes geht. Er könnte weiter aufgelöst werden in „Wort“, „Satzstruktur“, „logisch-semantische Partikel“, „Begriff“.

Halten Sie sich von dieser Differenzierung allerdings erstmal fern. Sie ist notwendig, jedoch nicht in diesem Schritt.

Das Problem der fehlenden Argumente können Sie folgendermaßen lösen: Markieren Sie das Fehlen einfach durch ein Fragezeichen. Das können Sie sich ganz praktisch vorstellen. Wenn Sie etwa nicht wissen, was Sie einer Freundin zum Geburtstag schenken sollen, kann man dies in folgender Proposition ausdrücken:

schenken (Ich, Freundin, was: ?, zum Geburtstag)

Würde man daraus ein Begriffsnetz machen, würde an der Stelle des Geschenks ebenso ein Fragezeichen stehen, oder der allgemeine Begriff mit dem Fragezeichen: „Geschenk?“.

Das Begriffsnetz auffüllen

Jetzt kann man beginnen, dieses Begriffsnetz weiter zu differenzieren. Haben Sie ein umfangreiches Thema vor sich, werden Sie weitere Literatur heranziehen müssen und weitere Cluster/Begriffsnetze bilden.

Sie können natürlich auch zunächst anhand dieses ersten Begriffsnetzes „herumspinnen“ und es so auffüllen, wie Sie sich das vorstellen. Sinnvoll ist es auch, bei dieser Arbeit Fragen zu notieren. Diese Fragen können Sie nach Wichtigkeit ordnen und nach und nach beantworten.

Die beständige Arbeit an einem Begriffsnetz

Manche Begriffe sind ziemlich kompliziert, etwa der Begriff „sinnentnehmendes Lesen“ oder „Alltag“. Sie werden merken, dass Sie bei manchen Begriffsnetzen innerhalb kurzer Zeit zu einem guten Ergebnis kommen. An anderen Begriffsnetzen werden Sie vermutlich jahrelang herumbasteln.

Haben Sie aber erstmal das Gefühl für diese „intellektuell-kreative“ Arbeit entwickelt, werden solche schwierigen Begriffsnetze so etwas wie „Hobbies“.

Letzten Endes muss man sich immer wieder vor Augen halten, dass Modelle keine Wahrheiten abbilden oder erzeugen, sondern dass durch die Arbeit mit Modellen eine größere Sensibilität für ein Thema entsteht.

Die Formalisierung von unklaren Zusammenhängen weist einen auf Fehler und Unsensibilitäten hin. Und dies ist letzten Endes der eigentliche Zweck bei der Arbeit an Begriffsnetzen und Modellen. Wissenschaftler zeichnen sich nicht unbedingt durch mehr Lösungen und weniger Probleme aus, sondern zunächst nur durch eine feinere und genauere, das heißt sensiblere Denkweise.

Flexibles Denken

Sich eigene Modelle zu erstellen ist das eine. Modelle von anderen Denkern und Wissenschaftlern zusammenzufügen ist eine weitere Möglichkeit. Dabei stehen einem alle Wege offen. Man kann etwa die Maslowsche Bedürfnispyramide (ein relativ eng begrenztes Modell) an einem fiktiven Text wie Harry Potter (ein ziemlich umfangreiches Modell) anwenden.

Flexible Denker erschaffen ständig solche neuen kreativen Verbindungslinien.