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Wie wird man Internetsüchtig?

Internetsüchtig: Internet als Lebensmittelpunkt. Ob Shoppen, Chatten, Facebook, Twitter, Instagram oder Recherchieren: Einen Tag ohne Internet ist für sie undenkbar, sie vernachlässigen Freunde und sogar ihren Beruf – Internetsüchtige.

Gemäß einer aktuellen Studie des Bundesministeriums für Gesundheit geht man in Deutschland von 560.000 Internetsüchtigen aus. In Bezug auf die Gesamtbevölkerung in der Altersgruppe von 14 bis 64 ist dies etwa ein Prozent – die Tendenz steigend. Bei den Jugendlichen und jungen Erwachsenen sind es dreimal so viel.

Was ist überhaupt eine Sucht?

Süchtig oder abhängig (fachsprachlicher Begriff für Sucht) ist, wer in starkem Maße auf den Konsum bestimmter Substanzen oder auch auf das Aufsuchen bestimmter Situationen angewiesen ist. Eine Abhängigkeit kann sich dabei psychisch oder physisch auswirken. Nicht jede Substanz oder Situation verursacht sowohl eine physische als auch eine psychische Abhängigkeit. Unter physischer Abhängigkeit versteht man das Auftreten von Entzugserscheinungen sowie das Vorliegen von Toleranz. Toleranz bei mangelndem Substanzkonsum zeigt sich eine negative körperliche Symptomatik, die zum Beispiel in Übelkeit, körperlicher Unruhe, Kopfschmerzen, Schwindel und vielem mehr bestehen kann.

Um dies zu verhindern oder wenigstens zu mindern, wird die Dosis der Substanz erhöht. Wer psychisch abhängig ist, verspürt starkes Verlangen nach dem Konsum der jeweiligen Substanz beziehungsweise dem Aufsuchen entsprechender Situationen und nimmt dafür eine starke Vernachlässigung anderer Interessen und Pflichten in Kauf. Eine Kontrolle des Konsums ist dem Betroffenen nicht möglich.

Um eine Abhängigkeit zu diagnostizieren, ist ein Besuch bei einem Psychologen oder Psychiater notwendig, die hierfür spezielle Skalen und Kriterien zu Rate ziehen. Offizielle, allgemeingültige Kriterien für das Bestehen einer Internetsucht liegen dabei noch nicht vor, über bestimmte Merkmale liegt jedoch weitgehend Einigkeit vor. Kriterien, auf die sich zum Beispiel Gesellschaften wie die „American Psychiatric Association“ geeinigt haben, findet man ausgerechnet – online.

Wodurch zeichnet sich die Internetsucht aus?

  1. Eine exzessive Nutzung des Internets: Betroffene verbringen täglich mehrere Stunden täglich vor dem PC und können sich nicht vorstellen, auf die Internetnutzung zu verzichten. Laut einer Studie von Batinic halten sich 70 Prozent der Betroffenen länger online auf, als geplant.
  2. Verlust des Bezugs zu allem außerhalb des Geschehens am PC: Andere Tätigkeiten außerhalb der Nutzung des Internets zur Befriedigung der eigenen Abhängigkeit werden stark vernachlässigt oder sogar gar nicht mehr wahrgenommen, was für die Betroffenen häufig sowohl private als auch finanzielle oder berufliche Probleme mit sich bringt. Doch trotz ernsthafter Probleme und Kritik der Umwelt ist der Betroffene nicht in der Lage, den schädlichen exzessiven Internetkonsum zu reduzieren. In der genannten Studie von Batinic gab rund die Hälfte der Betroffenen an, dafür andere Tätigkeiten außer Acht zu lassen.
  3. Hohe Belastung im alltäglichen Leben durch die exzessive Internetnutzung.

Welche Arten von Internetsucht gibt es?

  1. Cybersex-Sucht: exzessive Beschäftigung mit pornographischen Internetseiten, erotisch orientierten Foren, Chats oder Rollenspielen (vorwiegend männliche Betroffene)
  2. Cyber-Beziehungs-Sucht: exzessives Engagement in Online-Freundschaften (hauptsächlich weibliche Betroffene)
  3. Netz-Zwangshandlungen: zwanghafte Beschäftigung mit bestimmten Bereichen des Internets, wie Online-Shopping, Online-Handel mit verschiedensten Gegenständen…
  4. Informations-Overload: übermässiger Zeitaufwand, um Informationen zu sammeln und sinnvoll zu organisieren
  5. Computer-Sucht: exzessives Spielen von Computerspiele

Was genau macht vom Internet abhängig?

Das Internet bietet eine Fülle von Möglichkeiten, deren Nutzung an sich normal ist. Gefährlich wird es erst, wenn man meint, Zuneigung, Anerkennung, sexuelle Befriedigung oder Glück nur online erhalten zu können. Gerade Jugendliche und junge Erwachsene sind deshalb gefährdet. Sie befinden sich oft in einer Phase ihres Lebens, in der es ihnen schwerfällt, auf Andere zuzugehen, mit sich selbst zufrieden zu sein oder auch nur über bestimmte Themen zu reden. In Foren oder Chats fällt all dies dank der Anonymität des Internets leichter. In Online-Spielen geht es hingegen um das Erreichen eines bestimmten Status. Hier kann man online ein Leben verwirklichen, das man gern hätte oder sich endlich einmal stark, schön oder mächtig fühlen. In Einklang hiermit liefert eine Studie von Young Hinweise, dass Personen mit psychischen Vorerkrankungen wie Depressionen oder Ängste besonders gefährdet sind.

Kann man dem Entstehen einer Internet-Abhängigkeit vorbeugen?

Klare Antwort: Ja! Entscheidend dabei sind schon in der Kindheit klare Regeln bezüglich der Internetnutzung. Aber auch als Erwachsene sollte man seinen Internetkonsum hinterfragen, um eine etwaige Abhängigkeit möglichst früh festzustellen. Auch hier gilt: Je früher eine entsprechende Abhängigkeit festgestellt wird (und der Betroffene dies selbst einsieht) , desto besser sind die Aussichten für eine Behandlung (geringeres Chronifizierungsrisiko).

Woran merkt man, dass man an einer Internet-Abhängigkeit leidet?

Es fällt schwer, Abhängigkeiten einzugestehen. Wenn man meint, folgende Fragen (oder auch nur zwei von ihnen) mit „Nein (bzw. im Falle der dritten Frage mit „Ja“) beantworten zu müssen, sollte man sich Gedanken über Gegenmaßnahmen oder – im Falle extremer Belastung – über eine Therapie machen.

  1. Schaffe ich es, einen ganzen Tag (oder zumindest einen Großteil des Tages) ohne Internet zu verbringen?
  2. Kann ich mir noch andere Möglichkeiten vorstellen, den Tag zu verbringen ?
  3. Kritisieren mich viele Leute, weil ich ihrer Meinung nach zu oft im Internet bin? Habe ich privat oder beruflich Probleme, weil ich lieber im Internet surfe?

Warum sollten Betroffene sich behandeln lassen?

Entscheidend sind in der Regel nicht die körperlichen (Sehstörungen, Rückenprobleme und Ähnliches), sondern die psychischen und sozialen Folgen der Internetabhängigkeit. Wer den Großteil seines Tages online verbringt, dem fehlt diese Zeit für das Ausüben von Hobbys oder Treffen mit Freunden. Folgewirkungen können denen einer Alkohol-, Medikamenten- und Drogenabhängigkeit erschreckend ähnlich sein: zunehmende Isolation und Begrenzung der eigenen Existenz auf die Sucht, Depressionen und Ähnliches. In extremen Fällen kann es sogar zum Suizid der Betroffenen kommen, wenn die „offline-Probleme“ durch die ständige „online-Präsenz“ überhand nehmen.

Was kann man gegen Internetsucht tun?

Wie bei anderen Arten der Abhängigkeit gilt auch bei der Internetabhängigkeit: Absolute Voraussetzung ist die Eigenmotivation der Betroffenen! Ohne diese ist eine psychotherapeutische Behandlung, die jedoch dringend indiziert ist, nicht möglich. Ziel ist die Internetnutzung auf wenige, zielgerichtete Aktivitäten zu begrenzen. Wichtig ist dabei das Einbeziehen der Angehörigen. Es ist schwer, Rückfälle in die Abhängigkeit zu vermeiden, wenn Familie und Freunde das Problem ignorieren oder sogar dagegen arbeiten. Auch (in der Realität stattfindende) Selbsthilfegruppen können eine Möglichkeit sein. Erste Hilfe lässt sich jedoch – so widersprüchlich es klingt – als erste Informationsquelle – auch online finden.