Candida-Belag an Zahnprothesen – ein schwer lösbarer Fall

Zahnprothesen müssen optimal sitzen und gepflegt werden. Mangelhafte Mundhygiene kann zu zu chronischen Pilzinfektionen im Verdauungstrakt beitragen.

Wenn die zweiten Zähne ausfallen, gezogen werden müssen oder aus sonstigen Gründen ihre Funktion als Beiß- und Kauwerkzeuge nicht mehr erfüllen können, muss Zahnersatz her. Diese individuellen Spezialanfertigungen sind meistens herausnehmbare Teil- und Vollprothesen. Mit der Zeit verlieren sie den optimalen Sitz.

Trotz gründlicher Hygiene lässt es sich oft nicht vermeiden, dass in den Zwischenräumen von Mundschleimhaut und Prothese Mikroorganismen ansiedeln. Normalerweise werden Krankheitserreger von der Mundflora und den im Speichel gelösten Abwehrstoffen bekämpft. Zwischen schlecht gepflegten Zähnen oder unter Zahnersatz finden jedoch auch Pilze wie Candida albicans Schlupfräume, wo sie sich vermehren können. Bei abwehrgeschwächten Menschen entstehen so möglicherweise wahre Pilznester. Die Mundhöhle stellt eine Eintrittspforte für Pilze in den Magen-Darm-Trakt dar.

Zahnersatz als Candida-Reservoir

Im Alter steht Zahnersatz auf dem Pilzreservoir-Index. Candida-Pilze können sich am Polyacryl der Prothesen anheften. Die Fachzeitschrift Gerodontology listet allein 130 Beiträge unter dem Stichwort „Candida albicans“ auf. Dieses zeigt, dass Pilzerkrankungen im Mundraum bei SeniorInnen ein großes Problem sind.

Schlecht sitzende Prothesen führen zu Druckstellen und Entzündungen an der darunter liegenden Mundschleimhaut (Prothesen-Stomatitis), sowie Ausschlag (Aphthen), Geschwüren und Ödemen. Zudem sind pflegebedürftige ältere Patienten oft nicht in der Lage, ihr Gebiss selbst zu pflegen.

Haftcremes, Mundspülungen, Gebissreiniger und Mikrowelle

Um das Gebiss zu fixieren, werden häufig Haftcremes verwendet. In einer portugiesich-britischen Studie wurde der Effekt von Haftcremes auf das Wachstum von Candida-Hefen untersucht. Benedita Sampaio-Maia und Mitarbeiter aus Porto fanden beim Vergleich von zehn Prothesen-Haftpräparaten, dass nur zwei Produkte das Candida-Wachstum signifikant hemmten. Kukident®-Creme (in Deutschland als Blend-a-dent®-Haftcreme vertrieben!) und Corega®-Haftcreme.

Gegen Befall mit Candida-Pilzen und (Karies-)Bakterien helfen Mundspüllösungen mit dem altbewährten Wirkstoff Chlorhexidin (zum Beispiel Chlorhexamed®) Die antimikrobielle Wirkung hält bis zu zwölf Stunden an, wird jedoch inaktiviert durch Zahnpasten, die den Schaumbildner Natriumlaurylsulfat und das Desinfektionsmittel Triclosan enthalten.

Die häufig zur Gebissreinigung eingesetzten Brausetabletten enthalten Peroxide wie Natriumperborat und Kaliumpersulfat. Die auch als Bleichmittel wirkenden Substanzen entfernen Flecken mechanisch, in dem sie Sauerstoff abgeben. Gebissreiniger versprechen oft innerhalb von 15 Minuten Flecken- und Belag-Freiheit der „Dritten“, sowie eine antibakterielle Plaquebekämpfung. Die Verwendung von Brausetabletten zur Reinigung von Zahnprothesen hat sich gegen Candida albicans-Biofilm-Belag als unzureichend erwiesen.

Ralf Bürgers von der Universität Regensburg konnte jedoch in einem Laborversuch die minimale Anwendungszeit von drei Desinfektionsverfahren ermitteln, um einen Candida-Belag an Zahnprothesenmaterial signifikant zu reduzieren. Er verwendete eine Natriumhypochlorit-Lösung (NaOCl 1%), Gebissreiniger (Blend-a-dent® Tabs) und Mikrowellenbestrahlung (bei 800 W) in Zeiträumen von 30 bis 600 Sekunden. Alle drei Verfahren führten zum Erfolg – nach einer Minute in der Mikrowelle, nach jeweils zwei Minuten in den wässrigen Lösungen waren die Candida-Beläge gelöst. Die widersprüchliche Wirkung des Gebissreinigers – beim Öko-Test erwiesen sich Blend-a-dent® Tabs als Candida-unwirksam – wirft für den Praxisbezug mehr Fragen als Antworten auf.

Zahnmediziner raten bei Prothesen-Stomatitis zu einer Mundspülung mit Wasserstoffperoxid (H2O2). Eine Mundspül-Lösung stellt man her, indem ein Esslöffel einer dreiprozentigen H2O2-Lösung – in Apotheken erhältlich – in einem Glas Wasser verdünnt und damit den Mund ausspült. Zur Desinfektion wird die Zahnprothese in ein Glas mit einer H2O2-Mundspül- oder gebrauchsfertigen Chlorhexidin-Lösung bis zu fünf Minuten eingelegt.

Lokal angewendete Anti-Pilz-Präparate wie Lutschtabletten, Suspensionen und Gele haben sich bei der Behandlung der Prothesen-Stomatitis nicht als nachhaltig erwiesen, da die Pilznester nur unzureichend anzugreifen sind.

Eine andere Methode ist die Zahnprothesen-Desinfektion in der Mikrowelle. In Zahnlaboren werden Zahnersätze professionell mit Mikrowellen gehärtet, so dass auch allergene Substanzen reduziert werden. In Laborversuchen konnte eine lang anhaltender Therapieerfolg der Prothesen-Stomatitis erzielt werden. Für den Hausgebrauch ist eine Entkeimung in der Mikrowelle jedoch nicht zu empfehlen, da nicht auszuschließen ist, dass sich die Zahnprothese verformt. Deshalb sollte man vorher sicherheitshalber den Zahnarzt befragen, ob das Kunstharz hitzestabil ist.

Propolis und sonstige Naturheilmittel

Als natürliche Heilmittel von Entzündungen im Mundraum wurden Anwendungen von Propolis, dem Bienenkittharz beschrieben. In einer brasilianischen Pilotstudie an Oberkiefer-Prothesenträgern erwies sich ein spezielles Propolis-Gel im Vergleich mit Daktarin® (Miconazol-haltiges Gel) ebenbürtig: sowohl Candida-Befall als auch die Stomatitis-Symptome konnten erfolgreich behandelt werden. Da auch vereinzelte Kontaktallergien bekannt sind, ist der therapeutische Einsatz nicht immer erfolgreich.

Einen lindernden und vorbeugenden Effekt auf Zahnprothesenprobleme kann auch eine Heilpflanzenhaltige Haftcreme ausüben. So enthält zum Beispiel Fittydent® sensitive Aloe vera und Myrrhe als wundlindernde und desinfizierende Substanzen. Ob damit jedoch ein hartnäckiger Pilz-Befall an Prothesen bekämpft werden kann, ist fraglich.

Fazit – sorgfältige Reinigung beugt Pilz-Infektionen vor

Eine angemessene Reinigung der Zahnprothese und Mundhöhle ist das A und O bei der Vorbeugung und Behandlung immer wieder vorkommender Pilz-Infektionen. Hier sind mechanische (Bürstenreinigung), chemische (Einsatz fungizid wirkender Substanzen als Mund-/Prothesen-Spülung oder Haftcreme) und physikalische (Mikrowelle) Methoden anwendbar. Ein Eintauchen des mobilen Zahnersatzes in Reinigungsmittel oder medikamentöse Behandlung mit Anti-Pilz-Mitteln allein führt nicht zu nachhaltigem Erfolg. Nicht zu unterschätzen ist der Beitrag einer zuckerarmen Kost.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

Diese Website verwendet Akismet, um Spam zu reduzieren. Erfahre mehr darüber, wie deine Kommentardaten verarbeitet werden.