Das Olbers’sche Paradoxon

Kann der Nachthimmel in einem unendlichen Universum dunkel sein? Das Olbers’sche Paradoxon besagt, dass die Annahme unendlich vieler Sterne in einem unendlichen Universum zu einem hellen Nachthimmel führen müsste.

Der Nachthimmel ist, mit Ausnahme der wenigen sichtbaren Himmelskörper wie Mond und Sterne, weitgehend dunkel; eine Tatsache, die auf den ersten Blick keine weitere Erklärung zu benötigen scheint. Allerdings hat diese alltägliche Beobachtung die Wissenschaft schon vor langer Zeit zu weitreichenden Überlegungen angeregt.

Kepler und das unendliche Universum

So führte bereits 1610 Johannes Kepler den dunklen Nachthimmel als Argument gegen die Vorstellung eines unbegrenzten, mit unendlich vielen Sternen bevölkerten Universums ins Feld. Nach seiner Vorstellung würden sich unserem Blick in einem unendlich großen Kosmos, der gleichmässig mit leuchtenden Himmelskörpern ausgefüllt ist, unweigerlich Sterne in den Weg stellen, so dass es keine sternfreie und damit dunkle Stelle am Nachthimmel geben dürfte. Der Nachthimmel wäre vollkommen weiß! Wie in einem ausgedehnten Wald, in dem in jeder Richtung so viele Bäume stehen, dass nirgendwo der freie Horizont zu sehen wäre, lägen auf jeder beliebigen Sichtlinie Sterne, mit der Folge, dass der nächtliche Himmel die Farbe der Sonnenscheibe annehmen müsste.

Das Olbers’sche Paradoxon

In dieser Klarheit zum ersten Mal von Heinrich Wilhelm Olbers im Jahre 1823 formuliert, stellt das sogenannte Olbers’sche Paradoxon bis heute eine Überlegung dar, die ohne Rückgriffe auf kosmologische Modellvorstellungen nicht widerlegt werden kann. Konventionelle Erklärungen nämlich, die sich auf Absorption des Sternenlichts durch Staub, Gas und dunkle Materie stützen, sind mit fundamentalen physikalischen Grundsätzen nicht vereinbar: Absorbiertes Licht wird früher oder später wieder von der Materie abgestrahlt. Der Satz von der Erhaltung der Energie gilt auch hier.

Die Lösung des Problems

Lösen lässt sich das Olbers’sche Paradoxon aus heutiger Sicht mit drei Erklärungsansätzen, die alle mit der Vorstellung eines expandierenden Universums verträglich sind:

  1. Nicht alle Sterne sind alt genug, als dass ihr Licht bereits die Erde erreicht haben könnte. Diese Sterne liegen zwar in unserer Blickrichtung, ihr Licht wird uns aber erst in der Zukunft erreichen.
  2. Das Universum expandiert und ist zu jung, um Lichtstrahlen aus entfernten Regionen die Reise bis zur Erde ermöglicht zu haben.
  3. Die durch die Expansion des Universums verursachte Rotverschiebung verlegt die Frequenz des Sternenlichts weit in den langwelligen Bereich. Sobald das von den Sternen ausgeschickte Licht aus dem sichtbaren Teil des Spektrums verschoben wurde, ist es für das menschliche Auge unsichtbar. Der Nachthimmel bleibt schwarz.

Kosmologische Konsequenzen

Wie man sieht, sind vergleichsweise komplexe Erklärungen und Modellvorstellungen nötig, um diese alltägliche Beobachtung zu erklären. Ja, es treten sogar einige Schlussfolgerungen zu Tage, die weitreichende kosmologische Konsequenzen auf jeden weiteren Versuch, unser Universum zu erklären, haben: Eine unendliche Welt, in der die Materie ungefähr gleichförmig verteilt ist, kann nicht statisch sein! Wer hätte das gedacht, beim beiläufigen Blick zum Himmel?

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