Der erbrechtlicher Pflichtteil – ein Überblick

Ein Pflichtteil steht Angehörigen an einem Nachlass zu, wenn sie wegen eines Testaments des Erblassers von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossen sind.

Hat ein Erblasser kein handschriftliches, wirksames Testament zu seinen Lebzeiten verfasst, so greifen grundsätzlich die gesetzlichen Bestimmungen. Die gesetzliche Erbfolge ist im Bürgerlichen Gesetzbuch in den §§ 1922 ff BGB geregelt. Gesetzlich Erben sind gemäß § 1924, 1929 BGB die Verwandten des Erblassers. Der Verwandtschaftsgrad ist in den §§ 1589 BGB geregelt. Die Erbfolge ist nach Ordnungen eingeteilt. Es gibt 1. bis 5. Ordnungen, die 1. Ordnung sind Abkömmlinge bis hin zur 5. Ordnung, das sind Ur-Urgroßeltern und deren Abkömmlinge. Die Ordnungen gehen einander vor in der Erbfolge.

Hat der Erblasser aber ein Testament gemacht, dann sind dort oft detaillierte Regelungen für die Zeit nach seinem Tod zu finden. Ein Testament ist der absolut zu respektierende Wille des Erblassers. Daher steht es ihm auch frei, Abkömmlinge – aus welchen Gründen auch immer – von der gesetzlichen Erbfolge auszuschließen.

Entstehung des Pflichtteils

Diesen von der Erbfolge ausgeschlossenen Abkömmlingen steht aber am Nachlass ein Pflichtteilrecht zu. Niemand kann sich von seinen Kindern derart distanzieren, dass sie erbrechtlich nicht mehr existieren, auch nicht mit der Verfügung des letzten Willens. Nur wenn besonders schwerwiegende Gründe für eine völlige Enterbung vorliegen, zum Beispiel, wenn der potentielle Erbe dem Erblasser oder einem anderen nahen Angehörigen nach dem Leben getrachtet hat, dann darf es zu einem völligen Ausschluss von der gesetzlichen Erbfolge kommen. Dies ist nur dann nicht mehr möglich, wenn der Erblasser die Tat verziehen hat. Dies ist in den §§ 2333 ff BGB geregelt. Auch eine Anfechtung des Testaments durch andere potentielle Erben nah den §§ 2078 ff BGB ist denkbar.

Im Einzelnen können das sehr komplizierte Fallgestaltungen sein.

Höhe des Pflichtteils

Der Pflichtteil beträgt gemäß § 2303 Abs. 1 BGB die Hälfte des gesetzlichen Erbteils. Die Höhe des Pflichtteils hängt von verschiedenen Faktoren ab, insbesondere von dem Güterrechtsstand, in dem die Eheleute gelebt haben, und von der Anzahl der anderen Kinder.

Haben die Eheleute vor dem Tod des Erblassers im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft gelebt, so beträgt das gesetzliche Erbe nach § 1931 BGB neben den Kindern ¼ und dieses Viertel wird nach § 1371 BGB um ein weiteres Viertel – den pauschalierten Zugewinn – erhöht, sodass der Pflichtteil ¼ des Nachlasses bedeutet. Gerade in dieser Konstellation gibt es aber verschiedene andere Möglichkeiten des von der gesetzlichen Erbfolge ausgeschlossenen Ehegatten zu reagieren. Dies sollte insbesondere dann angedacht werden, wenn ein hoher Zugewinn während der Ehezeit erwirtschaftet wurde und die Pauschalierung von Nachteil ist. Die meisten Eheleute leben in Deutschland im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft.

Haben die Eheleute im Güterstand der Gütertrennung gelebt, so beträgt der Pflichtteil des überlebenden Ehegatten nach §§ 1931, 2303 BGB neben einem Kind ¼, neben zwei Kindern 1/6 und neben mehr als zwei Kindern 1/8. Tritt der Erbfall ein, wenn die Eheleute im Güterstand der Gütergemeinschaft gelebt haben, dann ist der Pflichtteil neben anderen Erben der 1. Ordnung 1/8, neben solchen der 2. Ordnung ¼ und wenn nur Verwandte des 3. oder entfernteren Grades vorhanden sind sogar ½. Die Güterstände der Gütergemeinschaft und der Gütertrennung müssen stets vertraglich vereinbart werden.

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