Der Unsterblichkeitsgedanke in der Philosophie

Die Frage nach der Unsterblichkeit der Seele wurde immer schon von Menschen gestellt. Keine Religion kam ohne den Glauben daran aus.

Zu keiner Zeit konnte sich der denkende Mensch der Frage nach der Unsterblichkeit der Seele entziehen. In zahllosen Mythen begegnen uns Vorstellungen von einem Leben über den physischen Tod hinaus. Im „ägyptischen Mythos vom Vogel“ beispielsweise, der im Feuer nicht den Tod findet, sondern „verjüngt“, „neugeboren“ aus diesem emporsteigt, zeigt sich, sagt Hegel in seiner Philosophie der Geschichte, „(…) dass Veränderung, welche Untergang ist, zugleich Hervorgehen eines neuen Lebens ist, das aus dem Leben Tod, aber aus dem Tod Leben hervorgeht. Es ist dies ein großer Gedanke, den die Orien­talen erfasst haben, und wohl der höchste ihrer Metaphysik. In der Vorstellung von der Seelenwanderung ist er in Bezie­hung auf das Individuelle enthalten, allgemeiner bekannt ist aber das Bild des Phönix (…).“

Der Unsterblichkeitsgedanke im 19. Jahrhundert

Im 19. Jahrhundert gab es als Antwort auf die Unsterblichkeitsfrage drei mögliche philosophische Lösungen:

  1. Die dogmatische (Leibniz-Wolf), die diese Frage im Rahmen naturwissenschaftlicher Erkenntnisse zu lösen glaubte.
  2. Die empirisch-sensualistische (Locke), die alle metaphysischen Betrachtungen, damit auch die Fragen nach der Unsterblichkeit, aus ihren Forschungen ausklammert.
  3. Die skeptische (Hume), die an keine Lösung metaphysischer Probleme glaubt.

Es existiert keine Religion auf dieser Welt, die ohne den Glauben an eine Form von Unsterblichkeit der menschli­chen Seele auskommt. Von den Hindus über Buddhisten, Ägyp­ter, Juden bis hin zu den späten Christen finden sich Vor­stellungen über ein Leben der Seele unabhängig vom Tod des Körpers, den sie nur bewohnt und damit belebt.

In der Tat sind tradierte Vorstellungen über die Entstehung der Welt, Gott, Leben und Tod in der Regel unreflektiert und unkritisch von den Menschen angenommen worden. Sie wur­den als Geistesgut der Gemeinschaft weitergegeben, und rationale Denkvorgänge begleiteten ihre Übermittlung nicht.

Die menschliche Vernunft ist zwar in der Lage, Antworten zu finden, sie in Begriffe zu kleiden, die logisch aufeinander zu folgen scheinen. Was aber, wenn der Grundbegriff, bezie­hungsweise die Ausgangsposition bereits keineswegs dem rationalen Bereich des Denkens entspringt? Oder – anders­herum gedacht – wenn die Grundannahme richtig ist, aber eine oder gar mehrere aus ihr erfolgten Ableitungen – um einen Ausdruck von Karl Popper zu benutzen – „falsi­zifierbar“ sind? Wer kann behaupten, das, was er geistig erarbeitet hat, sei die Wahrheit – im Sinne einer objektiv gültigen, empirisch nachprüfbaren Wahrheit? Kann der menschliche Geist nur mit Hilfe der Ratio, ohne Mythos überhaupt erkennen? Führt nicht gerade die Intuition oder Inspiration häufig zu Erkenntnis? Wenn dem so ist, hat Erkennen dieser Art dann auch Gültigkeit?

Ist die Seele unsterblich?

Ein philosophisches Thema reicht zweifellos in Bereiche hinein, die außerhalb dessen liegen, was rein rational und den Gesetzen der Wissenschaftlichkeit genügend, zu erschließen sind: Die Frage nach der Unsterblichkeit der Seele. Nicht zuletzt aus diesem Grunde findet in der moder­nen Philosophie so gut wie kein Dialog über den Unsterb­lichkeitsgedanken statt. So hält John C. Eccles in seinem mit Sir Karl Popper gemeinsam erarbeiteten Buch „Das Ich und sein Gehirn“ im Kapitel „Selbstbewußter Geist und das Gehirn“ fest: „Abschließend kommen wir natürlich zu dem letzten Bild: Was geschieht im Tod? Dann steht alle cerebrale Aktivität“ für immer still. „Der selbstbewußte Geist, der gewissermaßen eine autonome Existenz in Welt 2 (Die Welt der Erzeugnisse des menschlichen Geistes – Popper) besaß, findet nun, daß das Gehirn, das er abgetastet und sondiert und so wirkungsvoll und erfolgreich während eines langen Lebens kontrolliert hat, überhaupt keine Meldungen mehr gibt. Was dann geschieht, ist die letzte Frage“.

Popper und Eccles können sich über diese letzte und sehr brisante Frage nur einander in den Überzeugungen nähern, aber keine Erklärung geben. Eccles folgert aus seinem Dialog mit Popper: „Die Wissenschaft ist auf ihrem begrenzten Feld von Problemen sehr erfolgreich; doch die großen Probleme, das mysterium tremendum, in der Existenz von allem, was wir kennen, dies ist nicht in irgendeiner wissenschaftlichen Weise erklärbar. So lassen wir es dabei bewenden. Wir leben mit Mysterien, die wir erkennen müssen, wenn wir zivilisierte Wesen sein sollen, die unserer Existenz ins Auge blicken.“

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