Die Diapause hilft über schwierige Zeiten

Vorübergehender Entwicklungsstopp als Überlebensstrategie. Mit Hilfe der Dormanz kommen einige Tier- und Pflanzenarten über den Winter oder durch Trockenzeiten oder zögern die Wurfzeit hinaus.

In Filmen lassen sich immer wieder Menschen einfrieren und erwachen Jahre später in einer ganz anderen Welt. In der Realität haben diese Geschichten allerdings einen Haken: Menschen haben kein Frostschutzmittel im Blut und die Zellen würden einfach einfrieren. Es gibt aber Tiere und Pflanzen, die eine solche Entwicklungspause regelmäßig überstehen. Damit die Diapause keine Schäden verursacht, müssen sich die Arten oft darauf vorbereiten, zum Beispiel durch die Reduzierung des Wassergehalts im Fettkörper oder die Produktion von Frostschutzmitteln.

Obligatorische und fakultative Diapause

Die Diapause ist eine Unterbrechung bzw. Verzögerung der Entwicklung. Sie ist an ein bestimmtes Entwicklungsstadium gebunden und genetisch verankert. Hauptmerkmale der Diapause sind ein stark reduzierter Stoffwechsel und erhöhte Resistenzen. Diapausen dienen dazu, Tiere über schlechte Zeiten zu bringen oder Jungtieren ein Aufwachsen in einer nahrungsreichen Zeit zu ermöglichen. So werden in den Tropen oft Trockenzeiten überbrückt, in gemäßigten Zonen besonders kalte Zeiten.

Es gibt die obligatorische und die fakultative Diapause. Die obligatorische Diapause tritt unter allen Umständen bei allen Individuen einer Population auf, wohingegen die fakultative Diapause nur bei denjenigen Individuen auftritt, die bestimmten Umwelteinflüssen ausgesetzt sind. So tritt zum Beispiel bei Mäusen, die noch säugende Jungtiere haben, die Laktationsdiapause ein. Es findet zwar schon wieder eine Befruchtung statt, aber die Entwicklung der Embryonen wird unterbrochen, so dass die Jungen erst geworfen werden, wenn das Milchangebot ihren Bedarf decken kann.

Auslösende Faktoren einer Diapause

Eine Diapause kann in verschiedenen Entwicklungsstadien stattfinden. So gibt es die Puppendiapause, die Larvendiapause und die Imagines-Diapause (Imago = die erwachsene Form von Insekten). Bei vielen Säugetieren kommt es zur embryonalen Diapause, auch Keimruhe genannt. Eine Diapause kann durch verschiedene Faktoren ausgelöst werden, zum Beispiel durch einen Wechsel der Tageszeitlänge, durch Trockenheit, niedrige Temperaturen oder Nahrungsmittelknappheit. Oft lösen mehrere Faktoren in Kombination eine Diapause aus.

Embryonale Diapause bei Rehen

Die Keimruhe oder embryonale Diapause ist eine spezielle Form der Diapause, bei der die Entwicklung des Embryos zeitweise ruht. Bei heimischen Obstbäumen ist eine Keimruhe des ausgereiften Samens die Regel. Der Samen fällt mit dem Apfel auf den Boden und überwintert dort. Im Frühjahr, wenn der Samen optimale Wachstumschancen vorfindet, beginnt er zu keimen. Außenbedingungen wie die Feuchtigkeit, Temperaturschwankungen, Lichtverhältnisse und der Boden (also das Nährmedium) lösen das Ende der Keimruhe aus.

Auch viele Säugetiere bedienen sich der Keimruhe, zum Beispiel der Dachs, Marder, Seehund, Fischotter, das Känguruh und das Reh. Tierarzt Robert Hermes aus Celle hat die Keimruhe beim Reh in seiner Dissertation untersucht. In der Paarungszeit Ende Juli findet die Befruchtung der Eizelle statt. Bei einer etwa 5-monatigen Trächtigkeit, was theoretisch dem Körpergewicht des Rehs angemessen wäre, würden die Kitze im Dezember zur Welt kommen und hätten kaum eine Überlebenschance, da die Muttertiere nicht genügend Nahrung finden würden. Durch die Diapause wird die Geburt in eine vorteilhafte Jahreszeit verschoben: das embryonale Wachstum beginnt erst Ende Dezember, was dazu führt, dass die Kitze im Mai geboren werden, wenn die Aufzuchtbedingungen optimal sind.

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