Ist Alzheimer dank neuer Therapie bald heilbar?

Eine neue Therapie, bei der Proteine im Gehirn ersetzt werden, soll die von Alzheimer verursachten Symptome heilen und sogar das Gedächtnis wiederherstellen.

„Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr“, so lautet ein altes Sprichwort. Tatsächlich lässt die Merkfähigkeit mit zunehmendem Alter nach. 20% der über 85-jährigen leiden gar an Demenz. Hauptursache für nachlassende Gedächtnisleistung ist die, nach dem deutschen Psychiater Alois Alzheimer benannte, Krankheit Morbus Alzheimer. Obwohl deren biologische Hintergründe mittlerweile weitgehend erforscht sind, gibt es bis jetzt keine effektive Therapie. Ganze Reihen von Medikamenten stellten sich in klinischen Studien als mehr oder weniger wirkungslos heraus. Das soll eine neue Therapieform nun ändern.

Typisch für das Krankheitsbild sind die Zerstörung von Nervenzellen und -verbindungen, sowie ein Verlust von Hirnmasse. Die Folgen reichen von Gedächtnisschwund und Verhaltensstörungen bis hin zum Zerfall der Persönlichkeit. Krankheitsauslösend scheint die Ablagerung des Proteins Amyloid ß (Aß), zu sogenannten Plaques, im Gehirn zu sein.

Moustapha Cissé vom Gladstone Institute of Neurological Disease, San Francisco, Kalifornien und sein Team wollten nun aufklären, warum diese Plaques die Lernfähigkeit des Gehirns beeinflussen, und ob man dies verhindern, oder sogar rückgängig machen kann.

Die Plastizität der Synapsen ist ausschlaggebend für den Lernerfolg

Die Speicherung von Erinnerungen, also die Fähigkeit, zu lernen, beruht auf der Plastizität der Synapsen, der Schnittstellen zwischen den Nervenzellen (Neuronen) im Gehirn. Synapsen übertragen Signale zwischen den Gehirnzellen und sind Grundlage kognitiver Prozesse. Plastizität bedeutet, dass diese Schnittstellen nicht statisch sind, sondern beim Lernprozess neu entstehen oder verschwinden. Auch die Leitungsgeschwindigkeit der Synapsen wird dabei verändert. Zentrum dieser gedächtnisbildenden Vorgänge ist der Hippocampus, eine bestimmte Region des Gehirns. Deshalb konzentrierte sich das Team um Cissé bei ihren Untersuchungen auf dieses Gehirnareal. Dabei fanden sie heraus, dass ein Rezeptorprotein, der NMDA-Rezeptor, die für die Lernfähigkeit essentiellen Mechanismen auslöst. Demenz könnte also von einer Fehlfunktion dieses Rezeptors ausgelöst werden. Tatsächlich hatten frühere Studien gezeigt, dass Aß-Plaques die Funktion des NMDA-Rezeptors stören. Um die zugrunde liegenden Zusammenhänge aufzuklären, untersuchte das Forscherteam genmanipulierte Mäuse, welche die selben Symptome zeigten, wie sie bei Alzheimer auftreten. Dabei stellte sich heraus, dass in den Gehirnen der Mäuse, wie auch in denen der Alzheimerpatienten, sowohl ein zu niedriger Level besagten NMDA-Rezeptors, als auch zu wenig EphB2-Protein vorhanden war. EphB2 reguliert die Funktion des NMDA-Rezeptors, und damit die Gedächtnisbildung. Weitergehende Forschungsarbeiten zeigten, dass Aß-Plaques zum Abbau des EphB2 Proteins führen, und damit die Plastizität der Synapsen beeinträchtigen.

Meilenstein im Kampf gegen Demenz?

Anhand dieser Ergebnisse stellten sich Cissé und Kollegen die Schlüsselfrage: Können Alzheimer-Symptome gelindert werden, indem man EphB2 Proteine ins Gehirn einschleust? Mit Hilfe manipulierter Viren gelang es den Forschern, den EphB2-Level im Hippocampus der genmanipulierten Mäuse wieder auf Normalniveau anzuheben. Unter Anwendung spezieller Testverfahren konnten die Wissenschaftler nachweisen, dass diese, auf die Therapie hin, tatsächlich ihre Lernfähigkeit wiedererlangten.

Es bleibt allerdings zu klären, inwieweit die durch Aß verursachten kognitiven Defizite in anderen Gehirnregionen mit dieser Therapiemethode behoben werden können, und vor allem, ob sie auch bei Menschen anwendbar ist. Verwunderlich ist auch, warum sich durch die Behandlung des Hippocampus allein das Gedächtnis der Mäuse wiederherstellen ließ, zumal die Krankheit viele Areale des Denkorgans schädigt, so die Wissenschaftler Robert Malenka und Roberto Malinov. Als Meilenstein der Alzheimerforschung dürfen die Ergebnisse von Cissés Arbeitsgruppe wohl trotzdem angesehen werden.

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