Kräuterdrogen als Rauschmittel

Missbrauch und Gebrauch von psychoaktiven Pflanzen. Biogene Drogen gelten als natürlich, ökologisch korrekt und liegen im Trend. Günstig sind sie und teils im nächsten Baumarkt zu haben. Ohne Wissen aber können sie töten.

Derzeit werden Ecstasy-Falsifikate mit einem Scopolaminderivat gehandelt. Scopolamin wird in der Augenheilkunde zur Pupillenerweiterung und als Mittel gegen Brechreiz (Antiemetikum) verwendet, beispielsweise prophylaktisch gegen die Reisekrankheit.

Trend versus tödliche Wirkung

Der Konsum von Scopolamin in höheren Dosen führt zu heftigen Halluzinationen und Geistesumnachtung, Atemdepressionen bis hin zum -stillstand. Scopolamin ist ein Alkaloid, das in Nachtschattengewächsen wie Stechapfel, Bilsenkraut, Alraune, Tollkirsche und insbesondere in der Engelstrompete (Brugmansia) vorkommt und auch künstlich hergestellt werden kann. Dieses Tropanalkaloid entspricht dem der Cocapflanze (Erythroxylon coca, auch Erythroxylon novogranatense), das unter dem Namen Kokain bekannt ist.

Zudem ist Scopolamin ein Muscarinrezeptor-Antagonist, der vor allem an den Muscarinrezeptoren im Gehirn, aber auch im übrigen Körper wirkt. Diese sind spezielle Bindungsstellen der parasympathischen Fasern des vegetativen Nervensystems, die durch den körpereigenen Botenstoff Acetylcholin aktiviert werden.

Scopolamin ist somit ein Parasympatholytikum – eine Substanz, die die Erregungsübertragung an den parasympathischen Nervenendigungen hemmt, indem sie die Wirkung des Acetylcholins unterdrückt. Bei einer Dosis von etwa 5 mg Scopolamin – oral eingenommen – treten heftige Halluzinationen auf, die sich über mehrere Tage erstrecken können. Bei Dosierungen zwischen 5 mg und 10 mg kommt es zu temporären Störungen des Sehvermögens bis hin zu sporadischer Blindheit. Die tödliche Dosis für den Menschen entspricht etwa der von Hyoscyamin und soll bei etwa 80 bis100 mg liegen.

Die Rechtslage zu den missbrauchten Pflanzen

Pflanzen zwischen Gebrauch und Missbrauch: Die Heilwirkung ist das eine, der Missbrauch das andere.

Der Wirkstoff M-CPP (1-(3-Chlorphenyl)-Piperazin) unterliegt seit dem Frühjahr 2007 dem Betäubungsmittelgesetz. BZP (1-Benzylpiperazin, im Jargon auch A2, Herbal Ecstasy, Herbal Party Pills, Legal X, Legal E, Frenzy oder Nemesis genannt) wurde diesem im vergangenen Februar unterstellt.

In der Änderung des Betäubungsmittelgesetzes vom Januar 1998 heißt es: „Nicht verkehrsfähig sind Pflanzen und Pflanzenteile, Tiere und tierische Körperteile in bearbeitetem und unbearbeitetem Zustand mit in dieser oder einer anderen Anlage aufgeführten Stoffen, wenn sie als Betäubungsmittel missbräuchlich verwendet werden sollen.“ Nicht verkehrsfähig bedeutet somit, dass die Substanzen nicht gehandelt, verkauft oder weitergeben werden dürfen. Der Besitz ist strafbar.

Psilocybinhaltige Pilze und Kat werden durch das BtMG eingeschlossen, der Großteil der weiteren Substanzen nicht: Die zum Rausch missbrauchten Pflanzen wachsen im Vorgarten, im Gartencenter oder in Wald und Flur – biogene Drogen gibt es überall. Auch in Tee, Gewürzen, Obst und Vogelfutter finden sich potentiell wirksame Stoffe. Durch den Verkauf von Essenzen und Naturmedikamenten sind auch Apotheken und Reformhäuser eine mögliche Quelle berauschender Stoffe.

Es lebe das Internet…

Die Tabletten werden vornehmlich im Internet gehandelt, sind teilweise gefährlicher, als verbotene synthetische Drogen und werden vor allem meist von Unkundigen genutzt. Ein umfassendes Angebot der „gesünderen“ Drogen: Hier finden sich Rezepturen, Erfahrungsberichte, Tipps, Tricks und vermeintliche Schutzmaßnahmen gegen Nebenwirkungen. Das Halbwissen ist verbreitet, der professionelle Handel floriert.

Vor allem entlang der deutsch-holländischen Grenze bieten Head- und Smart-Shops Pilze, Pflanzen und Samen an. Via Versand bekommt der Kunde nicht nur das Material, sondern auch Pakete für die eigene Züchtung nebst genauen Anweisungen. Bezahlt wird per Kreditkarte oder Bankeinzug und gratis erfährt der Leser, dass in Vogelfutter Hanfsamen und Stechapfelkörner (Datura stramonium) vorkommen, die augenscheinlich ebenfalls konsumiert werden.

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