Medizin: Cannabis in der aktuellen Diskussion

Hanf – Patientenvertreter versus Drogenpolitik und Krankenkassen

Kranke werden kriminalisiert, so Befürworter von Cannabis als Medizin. Krankenkassen, Gesundheitsausschuss und Politik sprechen dagegen. Die Hintergründe.

Im Prinzip ist THC weltweit eine illegale Substanz. In einzelnen Ländern ist der Besitz für Eigenbedarf erlaubt, in den Niederlanden beispielsweise ist der Erwerb legal, der Besuch von Coffeeshops, in denen der Genuss von Cannabis angeboten wird, gestattet. In den USA gibt es THC-haltige, verschreibungspflichtige Medikamente (Canasol, Marinol). In Europa sind diese nur zu horrenden Preisen zu beziehen. Patientenvertreter werfen der Regierung die Kriminalisierung von Schwerstkranken vor: Die rigide Drogenpolitik, der fehlende GKV-Leistungsanspruch auf das Cannabisprodukt Dronabinol führe bei Tausenden zu vermeidbarem Leid.

Diskussionspunkte um Cannabis als Medizin

Experten setzen sich für einen leichteren therapeutischen Gebrauch ein, wie Mediziner und Juristen bei einer Anhörung des Gesundheitsausschusses des Bundestags zur medizinischen Verwendung von Cannabis und Dronabinol bei schwersten Krankheiten im Oktober 2008 betonten. Deren medizinischer Nutzen sei durch Untersuchungen belegt, so der Berufsverband der Schmerztherapeuten. Die gesetzlichen Krankenkassen haben sich gegen eine Ausweitung des gesetzlichen Leistungskatalogs auf den Einsatz von Cannabis zur Therapie ausgesprochen. Es bestehe kein Versorgungsdefizit.

Fakten und Zahlen zur medizinischen Anwendung von Hanf und dessen Illegalität

Derzeit müssen sich zahlreiche Schwerstkranke illegal mit Cannabis versorgen, da die meisten Kassen die Kosten für Dronabinol von mindestens 300 Euro im Monat nicht erstatten und das Bundesamt für Arzneimittel (BfArM) keine Ausnahmegenehmigung für den medizinischen Einsatz von Cannabis erteilt. Das Antragsverfahren sei zeit- und kostenintensiv, berge für viele unüberwindbare Hürden, so das Selbsthilfenetzwerk „Cannabis als Medizin“ (SCM). Immer wieder werden Kranke verurteilt, weil sie sich mit illegalen Mitteln über diese Hindernisse hinwegsetzen.

Kriminalisierung von Schwerstkranken

Laut Dr. Franjo Grotenhermen, Internationale Arbeitsgemeinschaft Cannabis als Medizin (IACM), sitzt derzeit ein Patient im bayerischen Kempten in Haft. Dies verstoße gegen das Grundgesetz, so der Bremer Jurist und Psychologe Professor Lorenz Böllinger: Der Patient habe ein Recht darauf, sein Leiden mit dem Einsatz von Cannabis lindern zu können. Gegenstand der Anhörung: Anträge der Fraktionen Bündnis90/Grüne und der Linken, die die Aufnahme des Cannabiswirkstoffs Dronabinol in den GKV-Leistungskatalog fordern und bei Vorliegen einer entsprechenden ärztlichen Bescheinigung Patienten den Anbau von Cannabis für den Eigenbedarf erlauben wollen. So wollen die Fraktionen auch Strafverfahren gegen Patienten vermeiden.

Aktuelle Studien, der Stand der Forschung zu THC

Die Forschung bemüht sich derzeit um die Entwicklung synthetischer THC-Analogen, die sich als Medikamente vermarkten lassen. Unter anderem wurde ein Cannabinoid-Analog unter der Bezeichnung HU-2110 synthetisiert, das nicht nur psychoaktiv ist, sondern auch 100 bis 800mal potenter als natürliches THC. Gesundheitsministerium und Pharmaindustrie sind allerdings eher an Analogen interessiert, die keine psychoaktive Wirkung aufweisen. Kritiker dieser Haltung sind der Meinung, dass die therapeutische Qualität des THC insbesondere in seiner Psychoaktivität liegt.

Natürliche Cannabisprodukte und ihre Vorteile

Es laufen Untersuchungen zur Herstellung eines standardisierten Cannabisextrakts, da natürliche Gemische vermutlich wirksamer und nebenwirkungsärmer als synthetische Wirkstoffe sind. So konnte an Probanden gezeigt werden, dass die gleichzeitige Gabe von CBD (Cannabidiol, wichtigster nicht-psychotroper Inhaltsstoff) durch THC ausgelöste Angstreaktionen vermindert. Dies spricht für eine bessere Verträglichkeit des Pflanzenextrakts im Vergleich zu reinem Dronabinol. Cannabis und Cannabisharz jedoch sind Bestandteile der Anlage I des BtMG und damit nicht verkehrsfähig.

„Während man sich mit Cannabis höchstens in den Schlaf kiffen kann, eine Überdosierung ausgeschlossen ist, reicht eine Handvoll THC-Pillen aus, um eine Person für lange Zeit in die Bewusstlosigkeit zu befördern. (…) Es scheint, als wäre aus der sanften Droge im Labor eine bittere Pille geworden.“

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