Myrrhe – seit Jahrtausenden bewährtes Heilmittel

Medizinische Eigenschaften eines Schatzes des Orients

Seit Jahrtausenden wird Myrrhe als Heilpflanze eingesetzt. Die Gabe der Heiligen Drei Könige erweist sich auch heute noch als vielseitiges Heilmittel.

Seit Jahrtausenden gilt die Myrrhe als ein Schatz des Orients. Ägyptischen Göttern wurde mit Räucherungen der Myrrhe gehuldigt, Könige und Tote gesalbt, um gottähnliche Eigenschaften hervorzuheben und die Dämonen abzuhalten. Auch in der Bibel wird Myrrhe als Salböl erwähnt (2. Moses 30, 22-25), die Heiligen Drei Könige überbrachten Myrrhe, Weihrauch und Gold und Christus bekam kurz vor dem Tod Wein mit Myrrhe versetzt. Griechische Mythen sprechen von Myrrha, der zypriotischen Königstochter, die – nach Inzest mit ihrem Vater in einen Myrrhenstrauch verwandelt – Adonis gebar.

Botanik – Ein Strauch mit heilsamen Harz

Die Familie der Burseraceen umfasst etwa 300 wildwachsende Baumarten, zu denen Weihrauch (Boswellia-Olibanum) und Myrrhe (Commiphora-Arten) gehören. Commiphorae (griechisch: „kommi“ = Klebstoff, „phoros“ = tragend) sind im nördlichen Ostafrika (Sudan, Äthiopien, Eritrea, Somalia) und Südarabien beheimatet. Die bis zu drei Meter hohen Sträucher und Bäume enthalten in der Rinde Sekretgänge mit ölhaltigem Harz, das beim Anschneiden als dicke hellgelbe Flüssigkeit austritt und zu einer festen bernsteinfarbigen Masse trocknet. Dieses Harz findet aufgelöst in Tinkturen und Ölen Verwendung in der Medizin.

Das Wort Myrrhe leitet sich aus arabischen, aramäischen und assyrischen Wortstämmen ab, die den bitteren Geschmack des Harzes beschreiben („mun“, „murra“, murru“). Die im deutschen Arzneibuch (DAB) vorgeschriebene Art Commiphora myrrha var. molmol kommt aus Somalia (somalisch: „molmol“ = sehr bitter). In der chinesischen Medizin gehört Myrrhe als „mo yao“, in der altindischen Ayurveda-Medizin als „guggulu“ zu den wichtigen Arzneien.

Medizinische Anwendungen

  • In Ägypten und Mesopotamien werden seit Jahrtausenden pulverisiertes Myrrhenharz, myrrhenhaltige Salben und Pflaster zur Behandlung von Wunden und Geschwüren eingesetzt;
  • Myrrhe besaß als Schmerzmittel der Antike einen hohen Stellenwert. Später wurde Myrrhe durch Opiumderivate in der Schmerztherapie abgelöst;
  • Hippokrates (470-360 vor Christus) empfahl Myrrhe gegen Geschwüre;
  • im antiken Griechenland wurden Myrrhe und andere Harze dem Wein zur Verhinderung des Katers beigefügt, wie heute im Retsina üblich;
  • in China wendete man Myrrhe ab dem siebenten Jahrhundert nach Christus als „mo yao“ zur Wundversorgung und Blutbildung, bei Unterleibsschmerzen wie Menstruationsbeschwerden, an;
  • im Mittelalter wurde Myrrhe als Arznei gegen ansteckende Krankheiten eingesetzt (in Deutschland als „Pestpillen“); „Verschleimungen“ der Verdauungsorgane mit Myrrhe behandelt;
  • Seeleute, die unter skorbut-bedingter Gaumenfäule litten, behandelte man mit Myrrhenbrei.

Inhaltsstoffe – entzündungshemmende Öle, Harze und Gummen 

Problematisch ist die Analyse der Inhaltsstoffe, da unterschiedliche Stammpflanzen und Wachstumsstandorte – Myrrhe wird nicht angebaut, sondern wild geerntet – die Zusammensetzung der Inhaltsstoffe beeinflussen.

Drei Stoffgruppen sind vorherrschend:

  • Ätherisches Öl (zwei bis 10 Prozent): besteht fast ausschließlich aus Sesquiterpenen, denen desinfizierende, desodorierende und adstringierende Wirkungen zugewiesen werden. Bei Sesquiterpenen aus Commiphora molmol sind antibakterielle und antifungale Aktivitäten gegen die Krankheitserreger Escherichia coli, Staphylococcus aureus, Pseudomonas aeruginosa und Candida albicans nachgewiesen worden.
  • Alkoholische Harzfraktion ( 25 bis 40 %): enthält Diterpen-(Commiphora) und Triterpen-(Commi)säuren und Steroidgemische (Guggulsterole). Commisäuren kommen in ähnlicher Art auch in Weihrauch vor und wirken antiphlogistisch (entzündungshemmend), Guggusterole haben antiinflammatorische und cholesterolsenkende Eigenschaften.
  • Wasserlöslicher Gummenanteil (30 bis 60 %): bestehen aus Proteinen und Kohlenhydraten mit unbekannter physiologischer Wirkung, vorwiegend Proteoglykane.

Wirkungen gegen Krankheitserreger

  • antiseptisch (Wundinfektion verhindernd, keimtötend) bei schlecht heilenden Wunden und Geschwüren, in Europa als Mundwasser oder reine Tinktur meist bei Entzündungen der Mundschleimhaut;
  • antiphlogistisch (entzündungshemmend) bei Mund- und Zahngeschwüren;
  • antibakteriell gegen den Eitererreger Staphylococcus aureus;
  • antimykotisch (pilzhemmend) auf der Haut und im Verdauungstrakt;
  • insektizid (insektenabwehrend) durch Furanosesquiterpenoide , Verbrennen von Myrrhenharz oder Räucherstäbchen;
  • antikanzerogen (krebshemmend).

Zubereitung als Heilmittel

Das gereinigte Harz wird meist vermahlen und nach DAB 10 als Tinktur im Verhältnis 1 : 5 Ethanol 90 % zubereitet. Hierzulande ist die Anwendung bei entzündlichen Schleimhauterkrankungen des Mundes und der Rachenhöhle üblich. Risiken und Nebenwirkungen dieser Anwendung sind nicht bekannt. Darüber hinaus erfahren erfahrungsheilkundlich die traditionelle äußere Wundbehandlung der Haut und der Einsatz in der Aromatherapie als ätherisches Öl, das aus dem Harz destilliert wird, sowie die innerliche Verabreichung als Darmtherapeutikum in Drageeform eine zunehmende Verbreitung.

Myrrhenhaltige Präparate

Darmdesinfizientia (Myrrhinil-Intest®), Mund- und Rachentherapeutika (Infri-Tract®, Salviathymol®, Ad-Muc® Salbe, Lomasantin® Tropfen, Inspirol® Gurgellösung, Parodontax®-, Dentagard®-Zahncreme, Merfluan® Zahnsalz, Repha-Os®-Mundspray, Echtrosept GT®, Myrrhentinktur „Hetterich“®)

Anwendungen (Auswahl)

  • Asthma: begleitende Aromatherapie mit Myrrhenharz oder Räucherstäbchen; Kombinationspräparat Olibanum compositum (Weihrauch, Gold und Myrrhe): subkutane Injektion oder Tropfen;
  • Bronchitis: Einreibungen der Brust mit Mischungen von einem Milliliter Myrrhenöl mit 15 ml Mandelöl (Ody 2000);
  • Entzündliche Darmerkrankungen und unspezifische Darmbeschwerden: zur Unterstützung der Therapie von Morbus Crohn und Colitis ulcerosa, sowie Olibanum Compositum;
  • Grippale Infekte: Myrrhe wirkt antiseptisch sowie kräftigend und beruhigend auf die Atemwege; bei Husten und Halsschmerzen: fünf Tropfen Myrrhentinktur auf Zucker; Gurgeln mit Myrrhen-Mundwasser (40 Tropfen Myrrhentinktur mit 50 ml 90 %igem Alkohol vermischen): einen Spritzer in lauwarmes Wasser geben und Gurgeln.
  • Homöopathisch: Olibanum Compositum;
  • Hämorrhoiden: Salbenanwendung: einige Tropfen Myrrhenöl mit zwei Teelöffel Honig mischen. Von dieser Salbe etwas auf ein Mullläppchen streichen (oder zehn Tropfen Öl in 25 ml Wasser) und regelmäßig auf die betroffenen Stellen auflegen;
  • Menstruationsbeschwerden: fünf Tropfen Myrrhentinktur auf ein Stück Zucker dreimal täglich;
  • Mundgeruch: Anwenden von Mundwasser (siehe oben) oder myrrhenhaltiger Zahnpasta;

Wundbehandlung: seit Jahrtausenden bewährte Anwendung (in Ägypten, Griechenland, Vorderasien) auch bei hartnäckigen Geschwüren mit Myrrhensalben (siehe unter Hämorrhoiden); ein Rasierwasser aus 40 Tropfen Myrrhentinktur in 50 ml Hamameliswasser lässt kleine Schnittwunden schnell abheilen;

Zahnfleischentzündung: seit Alters her bekannt ist die vorbeugende und heilende Wirkung der Myrrhe im Mundbereich. Einsatz als Mundwasser, Zahnpasta oder Zahnsalz, sowie zweimal tägliches Einpinseln mit unverdünnter Myrrhentinktur.

Antimykotische Wirksamkeit

Dem Fluch der Pharaonen fielen der Ägypten-Forscher Lord Carnevon und einige Mitarbeiter zum Opfer. Sie starben nach Betreten der Grabkammer Tutenchamuns nach Einatmung der Sporen des Schimmelpilzes Aspergillus, der von den Grabbauern in Schälchen gezüchtet worden war. Die Pharaonen-Mumien selbst waren durch Einbalsamierung mit Myrrhe und anderen Pflanzenextrakten jahrtausendelang geschützt. Von dieser Beobachtung geleitet, versuchte der Heilpraktiker Edzard Keibel vor mehr als zehn Jahren eine Therapie von intestinalen Mykosen: Wenn Myrrhe gegen Schimmelpilze half, warum nicht gegen Sprosspilze wie Candida albicans?

Myrrhinil-Intest, ein als traditionelles pflanzliches Arzneimittel vertriebenes Kombinationspräparat mit den Bestandteilen Myrrhe 100 mg, Kaffeekohle 50 mg und Kamillenblüten 100 mg erwies sich in Praxisstudien als erfolgreich bei der Bekämpfung von Darmpilzen. Bei vierwöchiger Anwendung des Myrrhen-Präparates in Kombination mit einer kohlenhydratreduzierten Anti-Pilz-Diät und einem myrrhenhaltigen Mundspray wird eine mit klassischen Antimykotika (Nystatin) vergleichbare Reduktion von Keimzahlen pathogener Pilze wie Candida albicans beschrieben. (Keibel 1995, Lühr 1996).

Bei Pilzinfektionen an Zehen und Kopfhaut durch Microsporum, Trichophyton und Epidermiphyton wird eine Waschlösung aus zehn Tropfen Myrrhenöl oder zehn Milliliter -tinktur in 100 Milliliter Wasser zur dreimal täglichen Anwendung empfohlen. (Ody 2000)

Nebenwirkungen sind so gut wie unbekannt

In den vorgeschriebenen Dosierungen der Humantherapie sind keine Nebenwirkungen bekannt. In der Literatur sind einige wenige Kontaktallergien auf Myrrhe beschrieben worden. Da Myrrhe den Uterus stimuliert, sollte die innere Anwendung von Myrrhe von Schwangeren gemieden werden.

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