Nanopartikel als Winzlinge in Sonnencreme, Zahnpasta und Co.

Über Nanopartikel wurde und wird viel geforscht. Die gesundheitlich relevanten Ergebnisse sind widersprüchlich, die wirtschaftlichen Interessen eindeutig.

Sie sind winzig klein und sie leisten Großes: Nanopartikel. Längst sind sie Bestandteile unseres Alltags geworden. Sie stecken in Sonnencreme, in Zahnpasta, Wandfarben und sogar in der Kleidung. Dank Beschichtung mit Nanopartikel und dem durch sie hervorgerufenen Lotus-Effekt müssen z.B. Fotovoltaikanlagen nicht mehr gereinigt werden und so mancher Putzfee hilft bakterizid wirkendes Nanosilber im Haushaltsreiniger Desinfektionsmittel zu sparen. Doch die Sache hat einen Haken: Die Folgen für Gesundheit und Umwelt sind nicht abzusehen.

Für die Wirtschaft sind Nanopartikel der Schlüssel zur Zukunft

Drei Jahre lang befassen sich drei Forschungsprojekte mit den gesundheitlichen Auswirkungen von Titanoxid, Liposomen und synthetischen Mini-Partikeln: NanoCare, INOS und TRACER. Die Projekte wurden finanziert vom Bundesministerium für Bildung und Forschung, einiger Forschungseinrichtungen und der Industrie. Man bedenke: Nanotechnologisch verbesserte Produkte machen bereits heute im Weltmarktvolumen knapp 150 Milliarden Dollar aus. In den nächsten fünf Jahren rechnen Experten mit einer Steigerung auf insgesamt drei Billionen Dollar. Allein in Deutschland wurde 2007 ein Gesamtumsatz von etwa 33 Milliarden Euro erreicht. Kein Wunder also, dass die deutsche Industrie nicht den Anschluss an das Nano-Zeitalter verpassen will. Das sieht auch die Bundesregierung so und startete den „Aktionsplan Nanotechnologie 2015“ mit 400 Millionen Euro Förderung im Jahr. Wie ernst kann man die Ergebnisse dieser Studien nehmen?

Das Produktregister für Nanopartikel

Kritische Stimmen werden laut: Der BUND, der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland, pocht darauf, ein öffentliches Nanoprodukt-Register einzurichten, sodass sich Verbraucher darüber informieren können, welche Materialien Nanopartikel enthalten. Dafür bräuchten die Behörden jedoch den uneingeschränkten Informationszugang von den Firmen zu ihren Produkten. Den bekommen sie nicht. Chemiefirmen sind nicht zur Auskunft verpflichtet. So führt der BUND ein eigenes Nanopartikel-Produktregister, in dem bereits mehr als 200 bekannte Produkte gelistet sind. Die Dunkelziffer ist ungewiss.

Nanopartikel in Lebensmitteln und Sonnencreme

Selbst im Essen steckt Nanotechnik. Unter dem Lebensmittelzusatzstoff E 171 z.B. verbirgt sich das Titanoxid. Das findet sich in vielen Süßwaren, vor allem in Dragees. Und wer hernach die Zähne putzt, macht mit der Titanoxid-haltigen Zahnpasta gleich weiter. Ein Bad in der Sonne wird dank E 171 ebenfalls möglich: Nanopartikel bewirken den Sonnenschutzfaktor.

Erkenntnisse durch Tierversuche

Das Umweltbundesamt nahm Titanoxid genauer unter die Lupe und ließ zwei Stunden lang im Tierversuch Ratten damit begasen. Das Ergebnis: Über die Lunge gelangte der Stoff in die Blutbahn und fand sich binnen weniger Tage in fast allen Organen wieder, vor allem in Niere, Leber und Milz, aber auch in Herz und Gehirn. Da E 171 auch Aluminium enthalten kann, ist besonders die Anreicherung im Gehirn kritisch, denn Aluminiumablagerungen machen Forscher für Demenz und Alzheimer verantwortlich. Doch hängt die Anreicherung der Nanopartikel in den Organen vor allem von der Größe der Partikel ab: Sind diese kleiner als 200-300 Nanometer, ist die Gefahr hierfür deutlich größer.

Nanopartikel sind dem Feinstaub nicht unähnlich

Vorsicht ist demnach geboten. Allen voran bei Sprühmittel mit den winzigen Partikeln. Das Einatmen des Sprühnebels aus z.B. Reinigungsmitteln ist kaum zu vermeiden. Die Wirkungsweise solcher feinen Partikel in der Luft zeigen epidemiologische Erkenntnisse über Feinstaub. Feinstaub kann Bronchitis auslösen und das Herzinfarktrisiko erhöhen. Es gibt Hinweise darauf, dass bestimmte ultrafeine Partikel Alzheimer, Parkinson und Morbus Cohn begünstigen können. Ähnlich verhält es sich beim Einatmen von Carbon-Nanotubes. Dabei handelt es sich um röhrenförmige Kohlenstoffverbindungen, die reißfester sind als Stahl. Von ihnen wird angenommen, dass sie sich zum Asbest des 21. Jahrhunderts entwickeln. Auch sind Auswirkungen auf die Umwelt noch in keiner Weise abzuschätzen. Was geschieht, wenn Nanolacke von Millionen Autos korrodieren oder selbstreinigende Fassaden von Abrissbirnen zerkleinert werden?

Kennzeichnungspflicht für Nanopartikel steht aus

Wichtig ist und bleibt ein kritischer Umgang mit den Nanopartikeln. Doch solange keine Kennzeichnungspflicht existiert, haben Verbraucher kaum Möglichkeiten sich bewusst für oder gegen die Verwendung nanopartikeloptimierter Produkte zu entscheiden.

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