Psychosoziale Begleitung von Substituierten

Mit Einführung der Substitution Drogenabhängiger entstand auch deren psychosoziale Betreuung und Begleitung. Zu Zielen und Grenzen dieser Arbeit.

Nicht für jeden Drogenabhängigen ist Methadon beziehungsweise Polamidon das richtige Mittel, ebenso wenig wie eine Clean-Therapie, aber es erweitert die Palette der Möglichkeiten für diejenigen, die ihr Leben verändern möchten. Genauso wird nicht jeder Substituierte einen Sinn darin finden können, sich psychosozial begleiten zu lassen. Viele suchen aber eine derartige Hilfestellung, um sich der „Normalität“ ein Stück weit wieder anzunähern und sich besser in ihr zurechtzufinden. „Das ganz normale Leben wäre dann zwar immer noch der ganz normale Wahnsinn, aber immerhin.“ (1)

Der Beginn der Substitution Drogenkranker in Bremen

In Bremen gibt es seit 1988 die Möglichkeit zur Substitution von Drogenabhängigen. Zunächst stand diese Möglichkeit nur manifest aidserkrankten Drogenkonsumenten offen. Nur in Einzelfällen wurde aufgrund einer medizinischen Indikation die Substitutionsbehandlung genehmigt. Die Diskussionen um die Methadonsubstitution in Bremen verliefen sehr kontrovers. Es gab eine regelrechte Frontenbildung, die es schwer machte, diese neue Behandlungsmöglichkeit einzuführen. Nach und nach wurden die medizinischen Indikationen erweitert, und die Zahl der in Bremen substituierten Drogenkonsumenten stieg rapide an. Gab es im September 1990 nur etwa 80 Substituierte in Bremen, so waren es im Juni 1994 schon um die 760. (2)

Zum Begriff der psychosozialen Betreuung versus Begleitung

Psychosozial ist ein recht umfassender Begriff, der letztlich die gesamte Existenz eines Menschen meint. Im Wort Betreuung wiederum liegt eine gewisse Entmündigung und Vereinnahmung des Menschen, der weder „psychisch“ noch „sozial“ allein zurechtkommt – in diesem Falle der Fixer oder die Fixerin. Aus diesem Grund wird von vielen mit der Thematik befassten Menschen der Begriff „Begleitung“ bevorzugt. Die Begleitung soll sich an den individuellen Belangen orientieren, an dem, was die Klienten gerade brauchen, ihnen aber nicht alles aus der Hand nehmen.

Der Stellenwert psychosozialer Begleitung Drogenkranker

In der psychosozialen Begleitung Substituierter geht es darum, einen individuellen Entwicklungsprozess zu begleiten, Unterstützung und Zuwendung zu geben und dabei eine Kontinuität zu gewährleisten. Die Ziele, die sich die Substituierten selbst setzen, sind sehr unterschiedlich, ebenso wie die Muster und Fähigkeiten, Erlebtes zu verarbeiten. Hier spielen viele Faktoren eine Rolle, etwa die soziale Einbindung der Betroffenen, Schulden und Krankheiten. Wenn gesetzte Ziele nicht sofort erreicht werden, entstehen leicht Gefühle der Enttäuschung und des Versagens. Den eingeschlagenen Weg immer wieder zu bestätigen, ist deshalb eine wichtige Aufgabe der psychosozialen Begleitung. Dazu sollte bei den vorhandenen Fähigkeiten und jeweiligen Stärken angesetzt werden. Gespräche können einen emotionalen Rückhalt bieten und Anregungen für Bewältigungsstrategien geben. Wichtig sind auch die neuen sozialen Beziehungen, die den Abnabelungsprozess von der Szene unterstützen.

Alltagshilfe und Struktur für Drogenabhängige

Psychosoziale Begleitung beinhaltet praktische Unterstützung bei der Suche nach Wohnraum oder Arbeit beziehungsweise bei der Sicherung des Lebensunterhalts, bei Schuldenregulierung oder bei Konflikten mit der Justiz. Die Betroffenen bekommen Hilfe bei Antragstellungen und der Beschaffung von Informationen. Ein weiterer wichtiger Bereich sind tagesstrukturierende Angebote, die neue Erlebnismöglichkeiten eröffnen sollen. Hierzu gehört allgemein die Freizeitgestaltung und das Wecken neuer Interessen.

Individuelle Einzelbegleitung während der Substitution

In der Einzelbegleitung wird eine intensive, kontinuierliche und verbindliche Beziehung aufgebaut. Teilweise findet auch therapeutische Arbeit statt, die eine stützende und regenerierende Funktion haben soll, eine Möglichkeit zum Aufarbeiten der eigenen Geschichte bieten kann und letztlich integrativ wirken soll.

Wesentliche Ziele der betreuten Substitution

Zu den wichtigsten Zielen der Substitution Drogenkranker mit Methadon oder Polamidon im Rahmen psychosozialer Betreuung gehören:

  • Verbesserung der gesundheitlichen Verfassung
  • Soziale Stabilisierung
  • Entkriminalisierung
  • Psychische Stabilisierung

Grenzen und Schwierigkeiten der psychosozialen Begleitung

Die Befriedigung von Grundbedürfnissen wie Wohnraum oder Beschäftigungsmöglichkeiten für Langzeitarbeitslose ist häufig Inhalt der Arbeit. Allerdings ist die Begleitarbeit damit oft überfordert und überfrachtet, die Zeit fehlt für andere Aufgaben. In die psychosoziale Betreuung können je nach Interessenslage oder Zielsetzung unterschiedlichste Inhalte projiziert werden. Für ein Wohnprojekt steht vielleicht die soziale Stabilisierung im Vordergrund der Arbeit, für die Aidshilfe der Gesundheitszustand und für die Straffälligenhilfe die Vermeidung weiterer Straftaten. Die Klienten haben dabei meist wenig Mitspracherecht. Zudem ist die Akzeptanz von Substituierten in der Bevölkerung auch heute noch gering. So ist die Diskrepanz zwischen Anspruch und Realität in der psychosozialen Begleitarbeit oft hoch.

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