Technologiesprung an der Würzburger Neurochirurgie

Die Uniklinik Würzburg verfügt jetzt über eine neue Technologie, die noch präzisere Operationen an der Wirbelsäule und am zentralen Nervensystem ermöglicht.

Seit Mitte Mai dieses Jahres verfügt die Neurochirurgie der Universitätsklinik Würzburg über ein neues Bildgebungssystem mit integrierter Navigation. Die Spitzentechnologie ermöglicht Operationen an der Wirbelsäule und am zentralen Nervensystem mit höchster Präzision.

„Den Nutzen davon hat der Patient“, sagt Prof. Ralf-Ingo Ernestus, Direktor der Neurochirurgischen Klinik und Poliklinik der Würzburger Uniklinik. „Das neue System, dessen Anschaffung noch durch meinen Vorgänger, Prof. Klaus Roosen, initiiert wurde, verbessert die Genauigkeit, die Sicherheit und die Kontrollmöglichkeiten bei der minimal-invasiven Wirbelsäulenchirurgie – und das bei verringerter Strahlenbelastung für Patient und Operateur!“

Die Gerätekombination des US-amerikanischen Medizintechnikhersteller Medtronic besteht aus dem „O-Arm“ – einer der Computertomographie ähnlichen Bildwandlertechnik mit der Möglichkeit dreidimensionaler Aufnahmen – und dem Navigationssystem „Stealth-Station“ zur exakten anatomischen Lokalisation während neurochirurgischer Operationen.

Navigation auf Bruchteile eines Millimeters

Mit Hilfe der Neuronavigation markieren die Ärzte zunächst hochgenau die Position der zu operierenden Stelle. Dazu bringen sie am Patienten eine kreuzförmige Markierungseinheit an, die das Navigationssystem mit seiner Infrarot-Stereokamera erkennt. Auch die Operationsinstrumente tragen derartige Marker. Da das „Navi“ die Maße der Instrumente kennt, kann es den Operateur beim Eingriff auf den Bruchteil eines Millimeters genau leiten.

Bilder in 3D

Das Bildgebungssystem „O-Arm“ erlaubt 360 Grad Aufnahmen, die während der Operation über eine kreisförmige Kameraschiene aufgenommen werden. Die dabei entstehenden dreidimensionalen Bilder kombiniert das Navigationssystem in Echtzeit mit den vorher beschriebenen Positionsdaten. „Mit dieser technischen Unterstützung aus der Vernetzung beider Systeme kann der Neurochirurg zu jedem Zeitpunkt der Operation den Verlauf des Eingriffs überprüfen und notfalls direkt korrigieren, anstatt wie sonst erst nach einer abschließenden späteren Kontrollaufnahme nach Ende der Operation“, erläutert Prof. Ernestus den besonderen Fortschritt, der durch die Kombination der beiden Techniken erreicht wird.

Auch komplexe Wirbelsäulenschäden im Griff

Das klassische Einsatzgebiet des neuen Systems sind Wirbelsäulen-Operationen. Hierzu zählt hauptsächlich die Verbindung von Wirbelkörpern bei fortgeschrittenen Bandscheibenschäden mit begleitender Instabilität. Hinzu kommen komplexe Wirbelsäulen-Erkrankungen, die zum Beispiel aus diversen Kombinationen von Fehlstellungen, Verkalkungen und Einengungen des Spinalkanals bestehen können. Ernestus: „Diese oft sehr ausgedehnten Veränderungen treten vornehmlich im höheren Lebensalter auf – und diese Patientengruppe wächst entsprechend der demographischen Entwicklung ständig.“

Ausweitung auf Schädelbasis-Chirurgie geplant

Prof. Ernestus denkt aber schon über die heute üblichen Anwendungsfelder der neuen Systeme hinaus: „Wir planen, zusammen mit der Industrie und weiteren Partnern an der Würzburger Uniklinik den Aufbau eines Referenzzentrums für intraoperative Bildgebung und Navigation.“ Auf diesem Weg wird das nächste Ziel sein, die Technik mit einer neu entwickelten Software auch für die Weichteildarstellung zu nutzen. „Damit wäre es möglich, das System auch in der Schädelbasis-Chirurgie einzusetzen, beispielsweise bei Operationen an der Hypophyse“, erläutert der Klinikdirektor.

Alleinstellungsmerkmal in Bayern

Ein solches Referenzzentrum würde maßgeblich zum internationalen Ruf des Würzburger Klinikums beitragen. Die jetzt neu installierte Spitzentechnologie wird in Würzburg als erster Universitätsklinik in Bayern und erst zweiter Uniklinik bundesweit eingesetzt. Neben den bislang im Operationssaal etablierten Verfahren, zu denen bereits die Neuronavigation, die Stereotaxie, die konventionelle Röntgendurchleuchtung, der Ultraschall und das Neuromonitoring gehören, stellt die neue Technik einen Meilenstein auf dem Weg zum geplanten Referenzzentrum dar.

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