Über das Zickigsein – Was passiert, wenn Frauen wütend werden?

Das Wort „zickig“ soll schlechte Eigenschaften der Frau beschreiben. Von Betroffenen als böses Schimpfwort empfunden, ist es im Alltag weit verbreitet.

Wenn Mädchen oder Frauen nicht mehr lieb sind – wie sie eigentlich sein sollten – nennt man sie zickig. Ganz selten kommt jemand auf die Idee, mit diesem Begriff einen Jungen oder Mann zu charakterisieren. Ein männlicher Bengel kann vielleicht bockig, aber doch nicht zickig sein.

Attribut der Frau

„Zickig“ wird als Attribut der Frau verstanden und mit negativen Inhalten gefüllt. Man listet wenig rühmliche Eigenschaften auf, wie eigensinnig, launenhaft, launisch, störrisch, überspannt, widersetzlich. Kein Wunder, dass sich die Frau betroffen fühlt und zu wehren versucht.

„Es macht mich rasend – schreibt die Journalistin, Michele Roten – dass es überhaupt ein Wort wie «Zicke» und «rumzicken» gibt, denn weil es existiert, können Frauen nicht mehr einfach mal «sich beschweren» oder «schlecht drauf sein» oder «etwas klären». Dieses Wort impliziert immer etwas Grundlegendes, dass wir alle latente Zicken sind nämlich und solche Momente halt akute Schübe. Dieses Wort ist so ein Totschläger“.

Das Wort geistert im Alltag und Arbeitstag, so wie in den Medien. In der Regenbogenpresse „verdienen“ energische und emotional auffallende Frauen schnell die Bezeichnung „Zicke“.

Männliche Waffe?

Man könnte annehmen, dass dieser Begriff ausschließlich von den Männern benutzt und gegen Frauen gerichtet wird: sozusagen eine männliche Waffe.

Es ist keine neue Erkenntnis, „dass das weibliche Geschlecht in den meisten Kulturen stark abgewertet wird und dass die häufige Idealisierung und Überhöhung der Frau die darunter liegende Frauenverachtung kaum zu verhüllen vermag“*).

Die Psychologin Harriet Lerner vergleicht die Unterdrückung der Frau mit der, die die ethnische Minderheiten erleben. Gleichzeitig weist sie auf einen einmaligen Unterschied hin: „Oft hegen die Frauen dieselbe Geringschätzung für das weibliche Geschlecht wie die Männer“*).

Die Frauen übernehmen also die männliche Sicht der Dinge und verachten sich selbst. Ein Ausdruck des weiblichen „Masochismus“? Was „zickige Zicken“ betrifft, scheint diese These zu stimmen. Es sind oft die Frauen selbst, die sich mit diesen Wörtern überwerfen.

Was tut eine Zicke?

Sie zeigt vor allem Emotionen. Daher wundert es nicht, dass dies in den unterdrückenden Kulturen auf Ablehnung trifft und heftige Reaktionen nach sich zieht. Weil Emotionen sich kaum kontrollieren und beherrschen lassen.

Aber nicht nur unter diesem kulturellen Aspekt wird eine Zicke inakzeptabel. Sie setzt sich sonst auch von ihren Geschlechtsgenossinnen ab.

Gleichberechtigung hin oder her, Frauen trauen sich immer noch nicht, ihren Ärger und ihre Wut zu zeigen. Das Resultat einer über Generationen eintrainierten Rolle?

Zum Nachdenken

Tut, die Wut zu zeigen, immer gut?

E.B. Ebbesen wollte es bewiesen haben, dass dem nicht so ist. Er befragte im Jahre 1975 einhundert Ingenieure und Techniker, die von ihrer Firma eben entlassen worden waren. Die Fragen „bohrten“ an wunden Stellen und sollten Wut wecken: „Erinnern Sie sich an Gelegenheiten, bei denen die Firma Sie unfair behandelt hat?“

Später bat man die Entlassenen wieder, einen Fragenbogen auszufüllen. Darin sollten sie ihre Haltung der Firma gegenüber äußern. Dabei kam heraus, dass diejenigen, die bei der ersten Befragung ihre Wut gezeigt hatten, noch ärgerlicher wurden. Ihr Ärger hat sich also trotz des ersten Wutausbruchs und der vergangenen Zeit nicht gelegt, sondern gesteigert.

Es bleibt zu hoffen, dass dies nicht auf Frauen zutrifft.

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