Von den sanftesten Händen: Osteopathie in Deutschland

Noch vor 30 Jahren war Osteopathie hierzulande nahezu unbekannt. Inzwischen hat sie sich zu einer der wichtigsten Säulen der Alternativmedizin entwickelt.

Der Begriff Osteopathie leitet sich aus dem Griechischen ab und beinhaltet eine Verschmelzung von „Knochen“ und „Leiden“. Als Begründer der osteopathischen Behandlungsmethode gilt der amerikanische Arzt Andrew Taylor Still (1828 bis 1917), der mit dieser Manualtherapie die Selbstheilungskräfte des Körpers anregen wollte. Still war fest davon überzeugt, dass der Körper die Fähigkeit zur Selbstregulation besitzt und die sanfte osteopathische Behandlung diese nur aktivieren muss. In mehreren medizinischen Publikationen erläuterte er das theoretische Fundament für dieses manuelle Heilverfahren.

Nach der offiziellen Einführung der osteopathischen Methode in den USA verbreitete sich diese zuerst in Großbritannien, während sie in Deutschland erst ab ca. 1950 sehr zögerlich Fuß fassen konnte. Gegen Ende der 1980er Jahre wurden die ersten privaten Osteopathie-Schulen gegründet, an denen neben Ärzten und Heilpraktikern auch Masseure und Physiotherapeuten die Heilkunst der Osteopathie erlernen konnten. Allerdings dürfen in Deutschland Personen, die weder Arzt noch Heilpraktiker sind, die osteopathische Behandlung nur im so genannten Delegationsverfahren, also auf Anweisung eines Arztes oder Heilpraktikers, ausüben. Dafür genügt in der Regel für gesetzlich Versicherte ein Überweisungsschein des behandelnden (Haus-)Arztes.

Der Verband der Osteopathen Deutschland (VOD)

Der bedeutendste Berufsverband der Osteopathen wurde 1994 in Wiesbaden gegründet. Seine Hauptintention war und ist die Anerkennung des Osteopathen als eigenständiger Beruf mit geschützter Berufsbezeichnung, da lediglich in Hessen seit 2008 die Weiterbildung zum staatlich anerkannten Osteopathen gesetzlich geregelt ist. Alle anderen Bundesländer sehen im Bereich der Osteopathie keinen Regelungsbedarf und verweisen auf das geltende Heilpraktikergesetz. Deshalb bemüht sich der VOD seit Jahren, die hessische Regelung auch auf alle anderen Bundesländer zu übertragen.

Da die Berufsbezeichnung „Osteopath“ in Deutschland nicht geschützt ist, kann sich theoretisch jeder als Osteopath bezeichnen. Wegen des Fehlens eindeutiger gesetzlicher Regelungen führt der VOD eine Therapeutenliste mit Mitgliedern, die eine langjährige osteopathische Ausbildung und zertifizierte Fortbildungskurse absolviert haben. Den geschützten Titel „D.O.“ erhalten nur Mitglieder, die nach ihrer mehrjährigen Ausbildung zusätzlich eine wissenschaftliche Publikation verfassen. Deshalb sollten Patienten bei ihrer Suche nach einem qualifizierten Osteopathen auf die vom „Verband der Osteopathen“ vergebene Bezeichnung „D.O.“ achten. Inzwischen praktizieren in Deutschland rund 3000 Osteopathen, von denen allerdings nur ein Teil die qualitätssichernde „D.O“-Qualifizierung vorweisen kann.

Sonstige osteopathische Institutionen

Die erste Vollzeitschule für Osteopathie, die sich mit ihren Ausbildungslehrgängen vor allem an Abiturienten richtet, wurde 1998 in Schlangenbad in der Nähe von Wiesbaden gegründet.

Therapeutenlisten werden neben dem VOD auch von der „Deutschen Gesellschaft für Osteopathische Medizin“ und dem „Deutschen Register Osteopathischer Medizin“ geführt.

Ausbildung und Lehrpläne

In Deutschland wird die osteopathische Ausbildung überwiegend an privaten Osteopathieschulen durchgeführt. Die berufsbegleitende Ausbildungszeit z.B. für Physiotherapeuten oder Masseure beträgt mindestens vier Jahre und findet größtenteils in Wochenendseminaren statt. Der Unterricht umfasst die medizinischen Grundlagenfächer wie Anatomie und Physiologie sowie das praktische Erlernen der verschiedenen osteopathischen Handgriffe, zu denen u.a. Muskelenergietechniken, Kraniosacraltechniken und lymphatische Pumptechniken gehören. Insgesamt müssen die angehenden Osteopathen mindestens 1350 Unterrichtsstunden absolvieren, die mit einer Abschlussarbeit und einer Abschlussprüfung enden. Da es sich bei der Osteopathie um eine Manualtechnik handelt, wird während der Ausbildung vor allem Wert auf die Entwicklung der Sensibilität der Hände gelegt, die Funktionsstörungen und Blockaden im Körper des Patienten aufspüren und durch sanfte Berührungen und leichten Druck lösen sollen.

Fazit

Nach zögerlichen Anfängen hat sich die Osteopathie inzwischen längst als fester Bestandteil alternativer Heilmethoden jenseits der Schulmedizin in Deutschland etabliert. Nicht nur hier, sondern auch in ihrem Ursprungsland USA sowie in Großbritannien und Frankreich kann diese sanfte ganzheitliche Therapiemethode auf höchst anerkennenswerte Erfolge bei der Behandlung von körperlichen Beschwerden verweisen.

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