Was sind Zwänge? Zwangshandlungen und Zwangsgedanken im Alltag.

Manchmal ist es nur eine zwanghafte Veranlagung, noch im normalen Bereich. Übergänge zu krankhaftem Zwang sind fließend. Beispiele für zwanghafte Handlungen und Gedanken.

Leichte Zwangsphänomene sind den meisten Menschen bekannt. Man überlegt plötzlich, ob man wirklich den Herd ausgestellt hat, nachdem man aus der Wohnung ging. Oder die Haustür richtig abgeschlossen, die Kerze wirklich ausgeblasen ist. Oft tun Menschen häufige Handlungsweisen automatisch, ohne sie noch bewusst zu registrieren.

Schwach motivierte Zwänge sind normal

Nur im Einzelfall wird man wirklich umdrehen und tatsächlich noch einmal nachsehen. Das sind dann harmlosere Zwangshandlungen, die noch gerade im normalen Bereich liegen. Steigert sich jedoch dieser Kontrolldrang, ist die Entwicklung zur krankhaften Störung nur noch ein kleiner Schritt.

Räumt jemand sehr gewissenhaft seinen Schreibtisch auf, hält überall extreme Ordnung, ist das zwanghaft motiviertes Verhalten. Sortiert man Bleistifte nach Reih und Glied, entfernt jeden Staubfussel sofort, sind dies auch schon Einstiegssymptome. In manchen Berufen kann schwach dosiertes Zwangsverhalten durchaus nützlich sein. Leicht ausgeprägt liegen Zwänge meist im normalen Bereich. Erst wenn sie der Selbstkontrolle entgleiten, werden sie krankhaft.

Kontrollverlust verursacht krankhafte Zwänge

Müssen bestimmte Handlungen oder Gedanken täglich viel zu oft getan oder gedacht werden, wurde die Kontrolle über den Zwangsimpuls verloren. Betroffene fühlen sich ständig dazu gedrängt, Handlungsabläufe oder beängstigende Gedanken ständig zu wiederholen.

Dieser Drang zum Zwang wird immer stärker und entzieht sich dem Einfluss des Zwangserkrankten. Sie können nicht mehr kontrollieren, was sie da ständig tun oder denken. Wie fremdbestimmt werden sie zur Marionette ihrer Zwangsvorgaben. Erkrankungen dieser Art sind mit einer tiefen Verunsicherung verbunden, da die Selbstbestimmung im Zwang nicht funktioniert.

Kontrolliert beispielsweise jemand zwanghaft, ob ein Herd ausgeschaltet ist, findet er keine Ruhe. Er wird immer wieder zweifeln und den Vorgang wiederholen. Auch die nächste Kontrolle gibt ihm keine ausreichende Sicherheit. Es könnte sein, dass die Überprüfung nicht gründlich genug war. Der Betroffene merkt, dass er den Vorgang unsinnig oft wiederholt. Dass er täglich immer wieder das Gleiche tut. Der Zwang wird als lästig, quälend und unsinnig erlebt. Trotzdem kann der Betroffene ihn nicht einfach beenden.

Beispiele für Zwangssymptome

  • Händewaschen oder Duschen täglich über mehrere Stunden
  • Permanente Ängste, einen Unfall auszulösen
  • Immer wieder Rückversichern, dass alles in Ordnung ist
  • Stundenlanges Putzen und Reinigen gleicher Gegenstände
  • Ständige sich wiederholende Kontrolle (z.B. abschließen, ausschalten)
  • Fortlaufendes Zählen von Objekten (z.B. Pflastersteine, Bäume)
  • Durchgehend übersteigerte Infektionsangst vor Ansteckung

Beispiele für Zwangsgedanken

  • Eine Frau musste immer wieder an nahestehende Menschen denken, die sie sich tot in einem Sarg vorstellte. Dieser permanent belastende Zwangsgedanke war von einem tiefen Schuldgefühl begleitet, den Tod dieser nahestehende Menschen zu verursachen.
  • Ein Mann sah an einem Fahrrad ein verbogenes Vorderrad. Obwohl er damit gar nichts zu tun hatte, entwickelt er die zwanghafte Vorstellung, er würde dieses Rad verformt haben. Und er würde jedes andere Vorderrad von jedem anderen Rad auch verbiegen müssen. Er tat es nie, doch er litt an diesen Gedanken.

Bei Zwangshandlungen handelt es sich oft um ursprünglich sinnvolle Handlungssequenzen, die erst in ihrer Häufigkeit abnorm werden. Die Wiederholungen werden als unpassend erlebt. Doch gleichzeitig entlasten sie Betroffene von inneren Anspannungen und Ängsten. Häufig geben zwanghafte Handlungen den Betroffenen sogar ein gewisses Gefühl von Sicherheit. Sie meinen, so in ihrem Leben mehr Orientierung zu erlangen. Jedoch stimmt das nicht.

Oft wehren sie sich am Anfang gegen die Zwangshandlung. Im Krankheitsverlauf wird jedoch von den meisten Zwangserkrankten resigniert. Sie fügen sich dem Zwang so lange, wie sie ihn ertragen können. Handlungszwänge und Zwangsgedanken können Schuld- und Schamgefühle auslösen. Auch depressive Reaktionen sind nicht selten. Zwänge können den Alltag extrem belasten.

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