Wie wir Farben sehen?

Wie wir Farben sehen – wie sieht eigentlich „Nicht-Rot“ aus? Meist denkt man bei Farben an Pülverchen oder Flüssigkeiten, die den Dingen im Alltag ihre herrlichen Farben „geben“. Doch das ist – zumindest vom Standpunkt der Physik her – nur die halbe Wahrheit, denn Farbstoffe nehmen eigentlich Farbe weg!

Farbkasten und Licht – ein Unterschied

Wie Sie beim Malen mit Wasserfarben vermutlich schon festgestellt haben, kann man durch Mischen verschiedener Farben niemals ein Weiß erhalten; die Mischung erscheint immer grau-braun. Wieso kann also weißes Licht, wie man oft hört, speziell Sonnenlicht, alle Farben enthalten, und dass die Zusammenfügung dieser Farben wieder weißes Licht ergibt. Selbst heute stehen viele Menschen dieser Auffassung hilflos gegenüber, scheint es doch der Alltagserfahrung zu widersprechen. Aber: Das Prinzip, Malfarben zu mischen, lässt sich nicht auf das Mischen von farbigen Lichtstrahlen übertragen. Denn im ersten Fall handelt es sich um farbige Stoffe, im zweiten Fall um farbiges Licht – ein scheinbarer Widerspruch, der sich aufklären lässt, wenn man untersucht, wie Licht seine Farbigkeit erhält und wie die Farben der Sie umgebenden Körper entstehen.

Woraus besteht weißes Licht?

Dass weißes Sonnenlicht tatsächlich Farben enthält, kann man bei jedem Regenbogen (und jedem Glasprisma) sehen, denn dort wird durch die Lichtbrechung in einem Tropfen (entsprechend im Glas) das weiße Licht in seine farbigen Anteile zerlegt. Genauer: Die Lichtbrechung hängt ein klein wenig ab von der (winzigen und daher nicht sichtbaren) Wellenlänge des Lichtes. Und hinter jeder Wellenlänge verbirgt sich eine Farbe. Eines der Prismen aus Abb. 2 (pfiffigerweise das kleinere), die sich auf meinem Schreibtisch befinden, zerlegte das Sonnenlicht in ein Spektrum. Ich entdeckte es zufällig an der gegenüberliegenden Wand (Abb. 3) und wirklich klarer und schöner Form.

Auch auf jeder Seifenblase können Sie farbige Streifen erkennen. Diese entstehen zwar auch aus dem Sonnenlicht, wenn es auf die Seifenblase trifft, allerdings hat hier nicht die Lichtbrechung ihre Finger im Spiel, sondern das passende Zusammentreffen zweier Lichtwellen, physikalisch als Interferenz bezeichnet. Eine wurde an der Vorderseite der dünnen Seifenhaut, die andere an der Rückseite reflektiert. Das gleiche Schauspiel erleben Sie übrigens bei dünnen Benzin- oder Ölfilmen auf Wasserpfützen.

Warum ist ein Auto rot?

Auch der (rote) Farbstoff im Autolack wechselwirkt mit dem einfallenden Sonnenlicht. Dabei geschieht Verwunderliches: Alle Lichtwellen, die nicht rot sind, werden von den Farbstoffmolekülen in den oberen Schichten aufgenommen (absorbiert). Nur der rote Anteil des Lichtes wird von der Autooberfläche reflektiert (also zurückgeworfen) und trifft das Auge des Betrachters. Ergebnis: Sie sehen ein rotes Auto! Farbstoffe entziehen also dem weißen Licht gewisse Anteile, was Sie sehen ist der reflektierte Rest.

Was macht der Farbstoff mit dem aufgenommenen Licht?

Licht ist Energie, die von den Farbstoffmolekülen aufgenommen wird. Dadurch werden diese beispielsweise zum Schwingen oder Rotieren angeregt, manche schicken auch ihre Elektronen auf einen höheres Energieniveau. Aber letztendlich wird das absorbierte Licht in Wärme umgewandelt. Deshalb sind schwarze Autoflächen ja auch so heiß, den „Schwarz verschluckt Alles“!

Und wie sieht Nicht-Rot aus?

Angenommen, Sie könnten das Licht, das von dem Farbstoff aufgenommen wurde, sehen. Wie würde es wohl aussehen? Dabei handelt es sich genau genommen um das gesamte Farbspektrum – außer rot. Tatsächlich ist es eine bläulich-grüne Farbe, Zyan, die so genannte Komplementärfarbe zur Rot. Zyan entsteht, wenn man dem weißen Licht den roten Anteil entzieht. Mischt man zyanfarbenes Licht mit rotem Licht, so erhält man wieder weiß.

Bei Farbstoffen sieht die Sache allerdings anders aus: Mischt man zyanfarbenes Farbpulver mit rotem Farbpulver, erhält man einen schwarzen Farbstoff, weil ja jetzt alle Farbanteile des Sonnenlichts absorbiert und nichts mehr reflektiert wird. Und so geht aus übrigens auch im Farbkasten!

Wenn Sie also vor Ihrem geistigen Auge wieder einmal etwas mischen, dann passen Sie gut auf, ob es sich um Licht oder Farbpulver bzw. Farbstoffe, zum Beispiel aus Ihrem Malkasten, handelt.

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