Wiederbelebung ohne Atemspende

Herzmassage ohne Unterbrechung könnte den Erfolg spürbar steigern. Eine neue Methode der Herz-Lungen-Wiederbelebung verdreifachte in einer amerikanischen Studie die Überlebensrate von Patienten mit Herzstillstand.

So lernt man es im Erste-Hilfe-Kurs: Reagiert der Patient nicht, wenn man ihn anfasst oder anspricht, sind außerdem keine Atmung und kein Puls wahrnehmbar, dann beginnt die Herz-Lungen- Wiederbelebung. Auf 30 Herzdruckmassagen folgen 2 Atemstöße Mund-zu-Nase- oder Mund-zu-Mundbeatmung. So lauten die aktuellen deutschen Richtlinien, und so oder so ähnlich wird es auch international gemacht.

Schadet die Unterbrechung durch Atemspende?

Schon im Jahr 2007 erschienen drei Studien aus den USA, aus Japan und aus Schweden, die darauf hinwiesen, dass die Unterbrechung der Herzdruckmassage durch die Atemspende die Chance auf das Überleben reduziere.

Anfang März 2008 veröffentlichten Dr. Bentley J. Bobrow von der Mayo Klinik in Scottsdale, Arizona und seine Mitarbeiter eine sehr beeindruckende Studie, die von Anfang 2005 bis Ende 2007 in zwei Städten Arizonas durchgeführt wurde.

Bobrow und seine Mitarbeiter schulten amerikanische Rettungssanitäter der Feuerwehr in der von ihnen entwickelten Technik der Wiederbelebung, die sie „MICR“ tauften. („MICR“ ist die Abkürzung von „minimally interrupted cardiac resuscitation“, zu Deutsch etwa: „Herzwiederbelebung mit minimaler Unterbrechung“.)

Dreimal so viele Patienten überlebten dank „MICR“

Die Ergebnisse waren verblüffend: Vor der Schulung der Feuerwehrleute überlebten 1,8 % der Patienten mit Herzstillstand, nach der Schulung 5,4 %. Noch deutlicher waren die Erfolge bei der Gruppe von Patienten, bei denen Zeugen den Zusammenbruch beobachtet hatten und Hinweise auf einen plötzlichen Herzstillstand als Ursache geben konnten. In dieser Gruppe konnte die Überlebensrate von 4,7 auf beachtliche 17,6 % mit MICR gesteigert werden.

So läuft MICR ab

Die neue Technik wurde ursprünglich vom amerikanischen Kardiologen Gordon Ewy von der Universität in Tucson/Arizona 2005 im Versuch an Schweinen entwickelt. Auf 200 Herzdruckmassagen in Folge, ohne jede Unterbrechung, folgen eine Analyse des Pulses und ein Elektroschock zur Debfibrillation. Daran schließen sich 200 weitere Herzdruckmassagen ohne Pause an. Erst danach wird der Patient beatmet.

Die amerikanischen Kardiologen erklären den Erfolg ihrer neuen Methode mit der besseren Durchblutung von Herz und Hirn. Eine Herzmassage schaffe nur einen minimalen Kreislauf. Die dauernden Unterbrechungen durch die Atemspende lassen diesen Minimalkreislauf ständig zusammenbrechen – das Gehirn und das Herz sterben ab, weil sie die kritische Menge an Durchblutung nicht erhalten könnten.

Aber wie gelangt frischer Sauerstoff ins Blut, wenn der Patient nicht beatmet wird? Das geschehe passiv durch die Brustkorbbewegungen, die durch die Herzmassage ausgelöst werden, so die amerikanischen Spezialisten.

Noch nicht zur Nachahmung empfohlen

Die neuen Erkenntnisse deuten eine Evolution, keine Revolution in der Herz-Lungen-Wiederbelebung an. Dies erklären die Herausgeber des renommierten amerikanischen Fachblatts JAMA, in dem die Studie erschien, in ihrem Kommentar.

Schon lange nämlich wird klar, dass die Unterbrechung der Herzdruckmassage die Chancen auf eine erfolgreiche Wiederbelebung schmälert. Auch in Deutschland wurde kürzlich das Verhältnis Herzmassage zur Beatmung von 15 Massagen: 2 Atemstößen auf 30:2 erhöht, also mehr Herzmassage und weniger Atemspende.

Zum allgemeinen Standard möchten die Untersucher MIRC noch nicht erklären. Dazu seien erst noch weitere – gründlichere und umfangreichere – Studien erforderlich.

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