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Allergische Krankheiten nehmen zu

Immer mehr Menschen erkranken an Allergien. Die Fachleute warnen: Die ersten Symptome allergischer Erkrankungen müssen erst genommen werden. Für Kinder sind Erdnüsse und Soja gefährlich

Die Allergologie ging von Lübeck aus: Professor Karl Hansen (1893 -1962) war ihr Gründer. Der frühere Leiter der damaligen Medizinischen Klink des Städtischen Krankenhauses legte mit seinen Forschungen und entsprechender Personalpolitik die Grundlage für die heutigen Behandlungsmöglichkeiten dieser Erkrankungsformen. Die Universität Lübeck will in dem neuen Auditorium Maximum nach dessen Fertigstellung in diesem Jahre eine Gedenktafel anbringen. Das ist allerdings umstritten. Hansen wird eine bedenkliche Nähe zum Nationalsozialismus nachgesagt. Die Deutsche Gesellschaft für Allergologie und Klinische Immunologie verleiht regelmäßig einen nach Hansen benannten Gedächtnispreis und eine Medaille.

Starke Zunahme seit 100 Jahren

Seit hundert Jahren hat die Zahl allergischer Erkrankungen weltweit ständig zugenommen. In Deutschland leidet mittlerweile jeder Dritte an chronischen Erkrankungen wie Heuschnupfen, Asthma und atopischem Ekzem. Den Begriff der „Allergie“ hat 1906 der Wiener Kinderarzt Clemens von Pirquet geprägt.

Für bedenklich halten die Fachleute, dass viel zu wenig Menschen ihre allergische Erkrankung behandeln lassen. Nur jeder zweite Betroffene geht damit überhaupt zum Arzt. Jeder vierte sucht einen Facharzt auf, und nur einer von zehn Heuschnupfenpatienten erhält eine spezielle Immuntherapie. Dabei hält die Weltgesundheitsorganisation WHO die Allergie-Impfung neben dem Meiden der Allergieauslöser für die einzig sinnvolle Behandlung bei allergischen Atemwegserkrankungen. Nur so kann die Krankheit dauerhaft geheilt und die Weiterentwicklung des Heuschnupfens zu Asthma und anderen allergischen Reaktionen vermieden werden In der Praxis stößt diese Heilbehandlung allerdings auf große Schwierigkeiten, weil die Mehrzahl der Kassenärztlichen Vereinigungen diese Therapie nicht für wirtschaftlich hält – was eine Behandlung auf Kosten der Gesetzlichen Krankenkassen ausschließt.

Fettsäuren der Pollen sind schuld

Einen der Gründe für den starken Anstieg der Heuschnupfen-Erkrankungen glauben die Fachleute in den Fettsäuren der Pollen gefunden zu haben. Diese „PALMs“ setzen Substanzen frei, die in ihrer Struktur und Funktion Botenstoffen des Menschen ähneln. In Regionen mit hoher Schadstoffbelastung setzen Pollenkörner besonders viele „PALMs“ frei. Das scheint zu erklären, warum in solchen Gegenden besonders viele Menschen an Pollenallergien leiden

Besonders problematisch sind allergische Erkrankungen bei Kindern. Bis zu zehn Prozent aller Jugendlichen leiden unter Asthma. Aber häufig bleibt diese Krankheit unerkannt. Bei bis zu drei Prozent der jungen Patienten wird die Krankheit nicht erkannt. Problematisch sind auch die Ängste der Eltern vor einer Kortisonbehandlung ihrer Kinder. Durch eine rechtzeitige Immuntherapie könnte jedes zweite Kind vor Asthma geschützt werden. Gefährlich wird es, wenn jugendliche Asthmatiker ihre Symptome nicht richtig deuten oder sich scheuen, den Arzt aufzusuchen. Das erhöht das Sterberisiko.

Gefährliche Erdnüsse

Besonders gefährdet sind viele junge Menschen bei Erdnüssen. Nur zehn Prozent dieser Altersgruppe sind nach Ansicht eines Facharztes gegen Erdnüsse sensibilisiert. Da können geringe Mengen zu einem allergischen Schock führen. Deshalb sollten Kinder unter drei Jahren keine Erdnüsse oder Erdnusspräparate essen. Wer erst einmal eine Überempfindlichkeit entwickelt hat, wird die meist das ganze Leben nicht mehr los.

Ähnlich bedenklich ist Soja. Wer gegen Birkenpollen allergisch ist, darf keine Substanzen – auch keine Getränke – zu sich nehmen, die Soja enthalten. Nur: Soja ist in 30 000 Lebensmitteln enthalten!

Kinder müssen geschützt werden

Fachleute raten daher dringend, mehr als bisher Allergien bei Kindern vorzubeugen. Säuglinge sollten bis zum vierten Lebensmonat ausschließlich gestillt werden. Wo dies nicht oder nicht ausreichend möglich ist, wird unbedingt eine allergenreduzierte Nahrung empfohlen. Die weltweit größte Studie hierzu in Wesel und München hat gezeigt, dass sich so das Neurodermitisrisiko nachhaltig senken lässt. Zusätzlich wird die Aufnahme probiotischer Bakterien schon in der Endphase der Schwangerschaft empfohlen. Während Tiere offenbar kein so hoher Belastungsfaktor sind wie früher angenommen, sollte in einer Wohnung mit einem Säugling auf keinen Fall geraucht werden. Allerdings – seit neuestem weiß man, dass für die Neurodermitis auch ein Gendefekt auslösend sein kann.