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Edward A. Stinson – Vom Detroiter bis zur Reliant

1925 legte der Amerikaner Edward A. Stinson in Detroit den Grundstein für seine Stinson Airplane Company und baute dort komfortable Geschäftsflugzeuge.

Eine Gruppe von lokalen Geschäftsleuten des Detroit Board of Commerce Aviation Committee unterstützte Stinsons Unternehmungen. So entstand im Jahr 1925 das Stinson Aircraft Syndicate südwestlich von Detroit, wo sich der heutige Detroit Metropolitan Airport befindet, und wurde die Produktionsstätte für neue Eindecker-Flugzeuge.

Der 6-sitzige Stinson SM-1 Detroiter machte seinen ersten Flug am 25. Januar 1926, das erste Flugzeug mit einer beheizten und schalldichten Kabine, E-Starter und Radbremsen. Mit seinen guten Flugeigenschaften wurde der Detroiter über Nacht ein Erfolgsmodell. Stinson konnte sehr schnell über $ 150.000 Kapital ansammeln und daraufhin am 4. Mai 1926 die Stinson Aircraft Corporation gründen. Danach begann eine grundlegende Überarbeitung des Designs und es entstand die Stinson SM-2 Junior, ein 3- bis 4-sitziges Geschäfts- und Privatflugzeug.

Erster Erfolg und früher Tod

Die Geschäfte nahmen kontinuierlich zu und Stinson verkaufte 121 Flugzeuge im Jahr 1929. Der Automobil-Mogul Erret Lobban (El) Cord, der auch das Unternehmen Lycoming Engines kontrollierte, erwarb im September 1929 60 Prozent der Stinson-Aktienanteile und so konnte seine Cord Corporation zusätzliches Investitionskapital für Stinson bereitstellen, damit dieser seine Flugzeuge auch zu einem wettbewerbsfähigen Preis verkaufen konnte. Zugleich ging die Suche nach neuen Designs weiter. Auf dem Höhepunkt der Weltwirtschaftskrise bot Stinson sechs neue Flugzeugmodelle an, angefangen von der 4-sitzigen Stinson Junior bis zum Stinson SM 6000 Trimotor- Verkehrsflugzeug. Edward A. Stinson starb mit 38 Jahren völlig unerwartet bei einem Flugzeugabsturz in Chicago am 26. Januar 1932 und konnte so den Erfolg seines Unternehmens nicht mehr erleben.

Die Vorfahren der neuen Stinson- Generation

Die Designer Lloyd Skinner, C.R. Irvine und Robert Hall entwarfen zwei neue Designs der Stinson- Geschäftsflugzeuge. Es waren die Stinson-Modelle W (1931) und R-2/3 (1932), teilweise von Wright- oder Lycoming-Sternmotoren angetrieben (Leistungen von 200 bis 300 PS). Sie zeichneten sich durch Zuverlässigkeit in ihren Leistungen und schon durch den Komfort in der Kabine aus. Diese beiden im Jahr 1933 eingeführten Modelle waren die Vorfahren der berühmtesten der Stinson Reliant-Linie.

Von 1933 bis 1941 lieferte Stinson 1.327 Reliants, angefangen von der SR-1 bis zur SR-10, jede Variante auf dem vorhergehenden Muster mit verbesserten Motoren und Design-Verfeinerungen aufbauend. Es wurden 3 Basisversionen der SR-Serie gefertigt. Die erste Serie beinhaltete die Modelle SR, SR Special, SR-1, SR-2, SR-3, SR-4, SR-5 und die SR-6, die zusammen als Versionen der „Straight-Wing“-Reliant bekannt sind und 287 Mal verkauft wurden.

Im Jahre 1933, ein Jahr nach Stinsons Tod, kam die erste SR-5 der Stinson Reliant-Serie heraus. Entwickelt aus dem Modell R, wurde sie von einem 215 PS starken Lycoming R-680 Sternmotor angetrieben und bot vier Passagieren Platz. Die nachfolgende SR-6A unterschied sich nur in kleinen Details von ihrer Vorgängerin und besaß bis 1935 noch gerade Flügelkanten. Zur zweiten SR-Basisserie gehörten die SR-7, SR-8, SR-9 und SR-10, die zusammen als die „Gull-Wing“-Reliants (kurvige Flügelkanten, geformt wie der Flügel einer Möwe) zusammengefasst werden können. Insgesamt wurden davon 488 Stück gebaut.

Der Unterschied zwischen der „Straight-Wing“-Serie und der „Gull-Wing“-Serie sind die Verstrebungen zu den Tragflächen. Die „Straight-Wing“-Reliant besitzt zwei Stützstreben auf jeder Seite, die „Gull-Wing“-Reliant besitzt nur eine Strebe unter jedem Flügel.

Die SR-9 und SR-10-Serien – Eleganz und Luxus

Die Modelle SR-9 waren die ersten Reliants mit gewölbten Windschutzscheiben und umfangreichen Verfeinerungen in der Konstruktion. Die verschiedenen Motoren-Kombinationen stellen sich wie folgt dar: SR-9A (Lycoming 225 PS), SR-9B (Lycoming 245 PS), SR-9C (Lycoming 260 PS), SR-9D (Wright 285 PS), SR-9E (Wright 350 PS) und SR-9F (Wright 450 PS).

Die Konstruktion zeigt ein elegantes und stilvoll konstruiertes Flugzeug, das in 6 Varianten gebaut wurde. Diese unterscheiden sich im Wesentlichen nur durch die Motorisierung. Ungefähr 200 Stück wurden von allen Varianten verkauft. Die SR 9-Serie wird auch von vielen Piloten als die „schönste Hinterlassenschaft von Edward A. (Eddi) Stinson“ bezeichnet.

Die Stinson Reliant SR-10, im Jahr 1938 eingeführt und bis zum Krieg gebaut, galt als die „ultimativste Lösung“ eines luxuriösen Verkehrsmittels. Die Sitze waren mit hochwertigem Leder gepolstert, das Armaturenbrett mit Walnuss-Wurzelholz versehen und die Seitenfenster konnten wie bei einem Automobil heruntergekurbelt werden. Die SR-10-Modelle waren wirkliche Limousinen der ersten Klasse im privaten Luftverkehr.

Kriegsjahre

Die dritte und auch letzte Variante war die Stinson V-77 Reliant, eine modifizierte SR-10, die während des Weltkrieges für die britische Royal Air Force bereitgestellt wurde. Das amerikanische Militär hat einige dieser Flugzeuge unter der Bezeichnung AT-19 eingesetzt. Insgesamt wurden 500 Stück V-77/ AT-19 Reliant während des Weltkrieges gebaut. Die Bezeichnung „V“-77 ist auf den seit 1940 neuen Hausherrn Vultee Aircraft Corp. zurückzuführen.

Die Produktion der zivilen SR-10-Serie endete mit dem Eintritt der USA in den 2. Weltkrieg. Bei der US Army flogen 46 requirierte Flugzeuge dieses Typs mit der Bezeichnung UC-81S. Die für die britische Royal Navy produzierten Versionen AT-19/ V-77 sind vor allem als Instrumenten-Trainer und Foto-Aufklärer verwendet worden. Rund 350 AT-19/ V-77 wurden in die Vereinigten Staaten nach dem Krieg zurückgeführt und wieder für den zivilen Markt umgerüstet.

Konstruktionsmerkmale und Verwendung

Die Stinson Reliant ist ein robuster Kabinen-Schulterdecker in Stahlrohrgerüst-Bauweise. Der Neun-Zylinder-Motor Pratt & Whitney Wasp Junior entwickelte 450 PS. Damit konnte das Flugzeug mit einer Geschwindigkeit von 266 km/h vier Passagiere ca. 1.312 Kilometer weit fliegen. Piloten schätzten ihre Haltbarkeit, Sicherheit und Stabilität im Flug, während die Passagiere einen komfortablen Flug in einer luxuriösen Kabine genossen. Das breitspurige Fahrwerk war mit Niederdruckreifen und hydraulischen Scheibenbremsen ausgestattet. Die SR-10F (letzte Version der Reliant) kam mit einem umfangreichen Satz von Ausrüstungsoptionen auf dem Markt. Dazu gehörten Instrumente für den Schlechtwetterflug, ein 12-Volt-Batterie-System, E-Starter, Kabinenheizung und Lüftungssystem, Aschenbecher, Kabinen- Halteschlaufen, Kurbelfenster aus bruchsicherem Glas, Positionslichter, Landescheinwerfer und Lederpolsterung.

Der hohe Kaufpreis, der zwischen $ 10.000 und $ 18.000 lag, verhinderte zwar die breite Nutzung durch Privatflieger, aber große Unternehmen wie Gulf Oil, Shell Oil und Pepsi Cola, kauften dieses komfortable Flugzeug, um ihre Führungskräfte und wohlhabenden Kunden zu transportieren. Selbst Dwight D. Eisenhower und James (Jimmy) Doolittle verwendeten das Flugzeug als vielseitiges Transportmittel. Im Laufe von mehr als drei Jahrzehnten wurden über 13.000 Flugzeuge gebaut, die die Marke Stinson trugen.