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Koffein – dem Muntermacher im Kaffee wissenschaftlich auf der Spur

Je nach Sorte enthalten Kaffeebohnen 1 bis 2 Prozent Koffein; mit einer Tasse Kaffee nehmen wir durchschnittlich 100 Milligramm zu uns. Aber Koffein findet sich in der Natur nicht nur in den Kaffeebohnen, sondern auch in Kakaobohnen, Teeblättern (wo es früher als Thein bezeichnet wurde), Kolanüssen und Mate. Es wird von diesen Pflanzen als Fraßschutz und Schimmelpilzabwehr produziert.

Koffein zählt zu den Alkaloiden, das sind stickstoffhaltige, meist kompliziert aufgebaute Substanzen, die von Pflanzen erzeugt werden. Sie zeichnen sich durch charakteristische, schon den Naturvölkern bekannte Wirkungen aus; viele Alkaloide sind aber auch starke Gifte, beispielsweise Strychnin und Kokain.

Das Koffein wird entdeckt – ein Experiment zum Ausprobieren

Der Chemiker Ferdinand Runge, der sich intensiv mit organischer Chemie befasste, konnte im Jahr 1819 als Erster den bemerkenswerten Stoff aus dem Kaffee isolieren und chemisch analysieren. Er erhielt für seine chemischen Versuche von Johann Wolfgang von Goethe anlässlich eines Gesprächs über Gifte in Pflanzen eine Schachtel mit Kaffeebohnen, die Goethe aus Griechenland als etwas ganz Vorzügliches zugesandt bekommen hatte.

Runges Experiment können Sie in leicht abgewandelter Form selbst durchführen. Sie benötigen dazu sehr fein pulverisierten Kaffee oder Teepulver, beispielsweise aus einem Teebeutel, das in einer kleinen Menge auf ein hitzebeständiges Glastellerchen gebracht wird. Darüber deckt man ein – möglichst gebogenes – dünnwandiges Glasdeckelchen, in dessen Vertiefung einige Tropfen sehr kalten Wassers kommen. Nun erhitzt man das Tellerchen von unten vorsichtig mit einer Gas- oder Spiritusflamme. Bei 180 °C sublimiert das Koffein aus dem Kaffee- oder Teepulver und schlägt sich auf der kühleren Innenseite der Abdeckung nieder. Mit einer Lupe kann man es als feine, weiße Kristallnadeln beobachten.

Warum wirkt Koffein anregend?

Das im Kaffee enthaltene Koffein wird primär im Darm aufgenommen und gelangt dann mit dem Blut zu den einzelnen Organen. Vor allem im Gehirn wirkt es auf Rezeptoren, die mit der Regulation von Wach- und Schlafzustand zu tun haben. In den Nervenzellen vollzieht sich normalerweise ein Wechsel zwischen Aktivitäts- und Ruhephasen. Für Entspannung ist eine Substanz zuständig, die Adenosin heißt und ein hochwirksamer Regulator des Schlafbedürfnisses ist. Im Wachzustand sammelt es sich als Zersetzungsprodukt des zellinternen Energieträgers ATP im Gehirn an, man wird müde. Koffein verhindert die Wirksamkeit des Adenosins, indem es mit dieser körpereigenen Substanz um deren Andockstelle im Gehirn konkurriert. Wenn das Koffein sich als Gegenspieler an dessen Platz heftet, wirkt es auf die nachfolgende Signalkette innerhalb der Zelle aktivierend. Damit kommt es zu einer Verlängerung der Aktivitätsphase in den Nervenzellen, der natürliche Impuls nach Ruhe bleibt aus.

Kaffee entfaltet seine anregende Wirkung ungefähr 30 bis 45 Minuten nachdem man ihn getrunken hat. Der „Aufputscheffekt“ hält zwischen 1,5 und 5 Stunden an, entsprechend der Reaktionsweise des einzelnen Menschen, denn das Koffein wird nach und nach in der Leber abgebaut. Der anregende Effekt schwächt sich im Laufe der Zeit ab, der Körper gewöhnt sich an das Koffein. Dennoch kann man Koffein nicht als Droge im üblichen Sinne bezeichnen, auch wenn manche Menschen mit milden Entzugserscheinungen wie Kopfschmerzen reagieren, nachdem sie den gewohnten Kaffee abgesetzt haben.

Kaffee „ohne Kick“ – die entkoffeinierte Variante

Der Erfinder Ludwig Roselius war Ende des 19. Jahrhunderts fest davon überzeugt, dass übermäßiger Kaffeegenuss seinem Vater den Tod gebracht hatte. Im Bemühen, andere Menschen vor solch einem Schicksal zu bewahren, versuchte er mit verschiedenen chemischen Methoden, das in den Kaffeebohnen enthaltene Koffein herauszulösen, ohne den Geschmack des beliebten Getränks zu beeinträchtigen.

Koffein löst sich relativ leicht in vielen organischen Lösungsmitteln, beispielsweise Benzol oder Chloroform, die jedoch wegen ihrer Giftigkeit nicht in Frage kamen. Roselius hatte schließlich mit Methylenchlorid (Dichlormethan), einem Chlorkohlenwasserstoff, Erfolg, nachdem er den Rohkaffee in heißem Wasserdampf gequollen hatte. Das Lösungsmittel hat zudem den Vorteil, dass andere Bestandteile des Kaffees nur sehr wenig gelöst werden und dass es sich leicht verdampfen lässt. Man kann es nach dem Entkoffeinierungs-Prozess durch Hitze wieder entfernen. Spuren dieses organischen Stoffes verbleiben trotzdem noch in den Kaffeebohnen; in den 1980er-Jahren geriet das Lösungsmittel sogar in den Verdacht, krebserregend zu sein.

Inzwischen hat sich ein anderes, gesundheitlich unbedenkliches Verfahren zur Entkoffeinierung durchgesetzt: Das Koffein wird mit Kohlendioxid, das sehr selektiv auf Koffein reagiert und andere Aromen schont, aus den Bohnen extrahiert. Bei einem relativ hohen Druck und einer Temperatur zwischen 60 und 80 °C liegt normales Kohlendioxidgas in einem äußerst instabilen flüssigen Zustand – Chemiker nennen ihn überkritisch – vor. Wird es in speziellen Reaktionsgefäßen dem Rohkaffee zugefügt, geht das Koffein in die Kohlendioxid-Lösung. Die entkoffeinierten Bohnen werden anschließend getrocknet und geröstet. Das Lösungsmittel wird abgepumpt und mit Wasser vermischt. Dabei geht das Kohlendioxid in die normale Gasphase über und verdampft. Das Koffein bleibt im Wasser zurück und kann in sehr reiner Form auskristallisiert werden. Es findet in der pharmazeutischen Industrie und in der Lebensmittelindustrie (Cola!) Verwendung. Mit der erneuten Verflüssigung des Kohlendioxids schließt sich der Kreislauf.

Aber auch entkoffeinierter Kaffee hat noch eine anregende Wirkung. Sie ist auf die in den Kaffeebohnen enthaltene Chlorogensäure zurückzuführen, die bei empfindlichen Personen zu Magenunverträglichkeiten führt. Milde, also reizstoffarme Kaffees zeichnen sich stets durch einen verringerten Anteil dieser Säure aus. Dies wird vor dem Rösten durch längeres Verweilen der Bohnen in heißem Wasserdampf erreicht (Lendrich-Verfahren). Allerdings ist ein gänzlich von Reizstoffen befreiter Kaffee kaum wünschenswert, da man auch Aromaverluste hinnehmen muss. Der Kaffee schmeckt dann abgelagert.

Der gute „Muckefuck“

Bei „Muckefuck“ handelt es sich um einen Kaffee-Ersatz, der früher aus Sparsamkeit an den Wochentagen getrunken wurde, sonntags gab es „guten Bohnenkaffee“. Für „Muckefuck“ werden stärkehaltige Pflanzenteile geröstet und dann zermahlen. Brüht man das Pulver mit Wasser auf, so erhält man ein im Geschmack und Geruch dem Kaffee ähnelndes Getränk, allerdings ohne Koffein. Verarbeitet werden vor allem Getreide wie Roggen und Gerste, aber auch Eicheln und Rosskastanien wurden in früheren (Not-)Zeiten geröstet. So verbot beispielsweise Friedrich der Große 1780 den Übersee-Kaffee für das einfache Volk und unterstützte die industrielle Produktion des „Preußenkaffees“. Auch die Herkunft des Wortes „Muckefuck“ steht (wahrscheinlich) in diesem Zusammenhang: So sollen preußische Soldaten die französische Bezeichnung „mocca faux“ für falschen Kaffee eingedeutscht haben.