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Umgang mit Depression

Frauen begegnen der Erkrankung offener. Entgegen häufiger Annahmen leidern auch viele Männer an Depressionen, jedoch wird die Erkrankung bei Frauen eher akzeptiert und kann deshalb oft besser behandelt werden.

Frauen und Männer sind wahrscheinlich gleich häufig von Depressionen betroffen. Frauen sprechen allerdings häufiger und früher über Probleme als Männer und sie nehmen früher und häufiger ärztliche Beratung und Therapie in Anspruch. Depressionen sind eine sehr häufige Erkrankung. „17 Prozent aller Menschen sind mindestens einmal in ihrem Leben von einer solchen Erkrankung betroffen“, weiß der Psychiater und Leiter der psychiatrischen Abteilung am Krankenhaus Neunkirchen, Prim, Prof. Dr. Christian Simhandl.

„Frauen leiden dabei genauso häufig unter Depressionen wie Männer, allerdings glauben wir heute, dass sich die Krankheit bei Männern und Frauen anders präsentiert.“ So zeigen Frauen eher die „klassische“ Depressionssymptomatik, während Männer häufig mit Aggression, Rückzug, Alkoholkonsum und Suiziden reagieren. Dies zeigt sich auch in der aktuellen Suizidstatistik Österreich. 2004 verübten insgesamt 1.418 Menschen Selbstmord. 1.073 davon waren Männer. Experten gehen davon aus, dass über 50 % aller Menschen, die sich suizidieren, an einer behandlungsbedürftigen depressiven Störung gelitten haben.

„Diese Zahlen zeigen deutlich, dass Frauen offensichtlich deutlich früher erkennen, dass sie ein Problem haben und sich dann auch Hilfe suchen“, erläutert Simhandl. Frauen nehmen auch die Diagnose Depression eher an als Männer und sind bereit, sich einer Behandlung zu unterziehen.

Gesellschaftliches Rollenbild

Dies hängt sicherlich auch mit den immer noch vorhandenen Geschlechtsstereotypen zusammen, nach denen Schwäche zu zeigen und – gar psychisch – krank zu sein für Männer immer noch als verpönt gilt: „Viele Knaben lernen auch heute noch: Ein Indianer kennt keinen Schmerz“, hält Simhandl plakativ fest. „Frauen dagegen müssen heute durch die vielfach vorhandene Doppel- und Dreifachbelastung rund um die Uhr ,funktionieren’“, was im Falle einer psychischen Erkrankung leicht zur Unmöglichkeit werden kann. „Liegen Symptome einer Erkrankung vor, suchen Frauen eher den Arzt auf, um möglichst rasch eine Besserung herbeizuführen“, so Simhandl weiter. „Frauen hören auch mehr in sich hinein und bemerken psychische und somatische Veränderungen rascher.“

Die Depression bei Frauen ist akzeptiert und „gesellschaftsfähig“ geworden. Es wird damit auffallend offen umgegangen. Hingegen finden depressive Männer unter ihresgleichen kaum Gehör – so sie überhaupt über ihre Probleme sprechen können.

Maskierte Depression

Nicht selten beschreiben Frauen beim Arztbesuch auch nicht die „klassischen“ Depressionssymptome, sondern Schmerzen, Schlafstörungen und gastrointestinale Probleme. „Es ist dann nicht damit getan, ein Schlaf- oder Beruhigungsmittel zu verordnen“, sagt Simhandl: „Vielmehr muss die zugrunde liegende Störung behutsam exploriert werden.“ Das Wichtigste dabei: die Patientin ernst nehmen.

Das bedeutet, auch dann, wenn der Verdacht einer Depression nahe liegt, eine körperliche Durchuntersuchung anzuordnen und die Krankheitstheorie der Patientin zu erkennen und an zu erkennen. „Viele Menschen glauben zu wissen, was ihren Beschwerden zugrunde liegt, wie etwa Stress, Probleme in der Familie oder im Job.“ Für eine erfolgreiche therapeutische Allianz zwischen Arzt oder Ärztin und Patientin ist ein „Annehmen“ dieser Theorien von großer Wichtigkeit. „Zumal die Beseitigung bzw. Bewältigung von Stressoren einen wichtiger Teil der Behandlung einer Depression darstellt“, so Simhandl weiter.

Die richtigen Fragen stellen

Vor der Behandlung steht die Diagnose und diese ist – gerade bei einer maskierten Depression, bei der Symptome wie Schmerzen oder Müdigkeit im Vordergrund stehen – nur mit Hilfe der richtigen Fragen zu stellen. „Fragen Sie ihre Patientinnen nach dem Selbstwertgefühl und erschrecken sie nicht, wenn es dann Tränen gibt“, rät Simhandl. „Ein stark gestörtes Selbstwertgefühl ist ein wichtiges Symptom der Depression.“

Weitere Fragen, die die Verdachtsdiagnose Depression erhärten. sind jene nach der Stimmungslage, den Schlafgewohnheiten sowie der Möglichkeit seinen Alltagsbeschäftigungen und Hobbies nachzugehen. Auch die Frage nach einem möglichen Substanzabusus muss hier gestellt werden: „Und dabei geht es keineswegs nur um Alkohol und Medikamente“, sagt Simhandl: „Frauen mit depressiver Symptomatik betreiben in einem hohen Ausmaß beispielsweise Laxantienabusus, um eine vorliegende gastrointestinale Symptomatik in Eigentherapie zu verbessern.“

Können Sie sich konzentrieren?

„Wichtig ist auch die Frage nach der Konzentrationsfähigkeit“, so Simhandl. „Patientinnen, die unter Depressionen leiden, brauchen für jede Arbeit deutlich länger, weil sie sich nur schlecht oder gar nicht mehr konzentrieren können.“

Erhärtet sich durch diese Fragen der Verdacht auf eine Depression, muss nach früheren Episoden gefragt werden, um eine geeignete Behandlung einleiten zu können. „Fragen Sie: Gab es in ihrem Leben schon einmal oder mehrmals Situationen, in denen sie sich so gefühlt haben wie jetzt?“ erläutert Simhandl.