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Was tun, wenn man verlassen wird?

Kämpfen oder neu orientieren, wenn die Beziehung scheitert. Trennung, Scheidung, Verlassenwerden – wie geht man damit um? Soll man die Partnerin zurück gewinnen oder sich neu orientieren?

In unserer Zeit ist die Erfahrung, verlassen zu werden oder jemand zu verlassen, allgegenwärtig. Trennungen, Scheidungen – die Medien berichten fast täglich über die gescheiterten Beziehungen von Prominenten. Und auch im richtigen Leben findet diese Situation immer häufiger statt, weil die Partner schnell nicht mehr den hochgeschraubten, medial orientierten Idealen entsprechen. Wo die Liebe nicht die Zeit hat, sich zu entwickeln, stirbt sie und bei denjenigen, die ihr Leben für einen Film halten, hat sie überhaupt keine Chance.

Die Partnerin oder der Partner hat Schluß gemacht

Verlassen zu werden, oder jemand zu verlassen, ist natürlich nicht das Selbe. Nach wie vor schmerzt trotz aller zur Schau getragenen Coolness das eine mehr als das andere. Ja, es kann entsetzlich weh tun und bekanntlich spürt man den Schmerz vor allem bei sich selbst. Dennoch finden Evolutionsforscher, der Liebestrieb hätte den Vorteil, sich auf einen Partner zu konzentrieren und in Ruhe Nachwuchs zu zeugen und aufzuziehen. Beides findet heute erwiesenermaßen nicht mehr in dem gewünschten Maße statt. Spätestens wenn das große Gefühl der Liebe schwindet und ein Stück weit durch Vertrauen ersetzt wird, was im Alltag des Zusammenlebens eigentlich normal ist, kann das bereits der Anlass sein, die Beziehung zu beenden. Auch wenn Kinder da sind. Paare trennen sich, auch wegen der geringeren finanziellen Abhängigkeit der Frau als früher, heute sehr viel schneller.

Zurückgewinnen oder aufgeben?

Die Frau ist weg! Der Mann ist weg! Was ist nun sinnvoller? Entweder den geliebten Menschen zurückgewinnen zu wollen, oder aber sie bzw. ihn aufzugeben und sich nach einer neuen Partnerin oder einem neuen Partner umzusehen? Es gibt auf diese Fragen keine generellen Antworten. Man kann sich dafür entscheiden, zu kämpfen oder neu zu orientieren. Allerdings sollte man einige psychologische Grundregeln kennen. Menschen können in solchen gefühlsbetonten Situationen, die ja für den Verlassenen in jedem Fall eine Kränkung darstellen, ihre Erfolgschancen kaum richtig einschätzen. Sie neigen leicht dazu, gerade solche Personen zu vergöttern, die ihnen die kalte Schulter zeigen. Diese erscheinen umso begehrenswerter, je weniger sie erreichbar sind. Haben die Versuche, den Partner zurück zu gewinnen, keinen Erfolg, sinkt der Dopaminspiegel und jeder zweite Mensch bekommt leichte Depressionen. Bei Liebeskummer sind Menschen nicht fähig, klar zu denken und deshalb kommen auch gute Ratschläge von außen nicht wirklich an.

Was also konkret tun?

Nun, Trauer ist immer der Preis, der bei einer Trennung bezahlt werden muss, vom Expartner genauso wie vom Verlassenen. Diejenigen, die gegangen sind, waren nur schon einen Schritt weiter als diejenigen, die verlassen worden sind. Es kann sein, dass beide Partner wieder zusammenfinden, manche Paare lassen sich sogar erst scheiden und heiraten dann nach einiger Zeit wieder. Aber aus psychologischer Sicht kann das deshalb problematisch sein, weil Vertrauen massiv zerstört wurde, nicht nur einige Male, sondern meistens in einem länger andauernden Prozess. Diese Tatsache bleibt immer im Bewusstsein. Vertrauen kann innerhalb einer Sekunde weg sein, baut sich aber nur relativ langsam wieder auf.

Wer aus einer Beziehung herausgeht, gerade aus einer langjährigen, wird dafür ganz wichtige persönliche Gründe haben. Diese Gründe zu akzeptieren, ist in vielen Fällen für den Verlassenen nicht ganz einfach, weil sie sein vielleicht mühsam aufgebautes Selbst erschüttern können. Er muss aus den zwei Phasen Protest und Resignation möglichst in die dritte Phase Neuorientierung kommen. „Im Prinzip“, sagt der Sozialphilosoph Hans-Jo von Kolberg, „kommt es bei Gefühlen nicht darauf an, wer von beiden Beteiligten argumentativ recht hat oder eindeutig Schuld an der Trennung hat, sondern wer anderen nachläuft, hat oft das Nachsehen. Die Kraft zu einem Neubeginn zu finden und sich von einer übersteigerten, oft nur eingebildeten Abhängigkeit von einem einzigen Partner zu befreien, erscheint oft die bessere Alternative zu sein.“