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Bries: Kulinarischer Außenseiter der Edelklasse

Ein besonders feines Stück von Kalb und Lamm. Das zu Unrecht in deutschen Haushalten fast unbekannte Bries wird von Kennern wegen seiner schmelzenden Zartheit und der vielfältigen Zubereitungsmöglichkeiten geschätzt.

Innereien haben es in deutschen Küchen schwerer als in den Esskulturen vieler anderer Länder. In Deutschland liebt man durchgängig mehr oder weniger mageres Muskelfleisch. Innereien dagegen müssen oft gegen ein Negativimage ankämpfen. Die Leber hat es einigermaßen geschafft, akzeptiert zu werden. Bei Nieren und Herz beginnt bereits die Grenze zur Nischenkultur. Milz, Lunge und Hirn haben für die Mehrheit der Bevölkerung den Ruch des Ungenießbaren. Möglicherweise werden Innereien mit Begriffen wie „Arme-Leute-Essen“ und „Hundefutter“ verbunden und deshalb abfällig abgelehnt. Eigentlich merkwürdig in einem Wurstland, in dem mit Begeisterung massenhaft von Innereien, nämlich Darm, ummantelte Fleischprodukte verspeist werden.

Thymusdrüse junger Rinder und Schafe

Vollkommen abwegig erscheint vielen Deutschen die Vorstellung, mit Genuss ein Stück der Wachstumsdrüse von Kalb oder Lamm zu essen. Dieser Äh bäh!-Abwehrfront kann man nur dringend vorschlagen: Versucht es doch einmal. Es lohnt sich.

Das Bries – auch Kalbsmilch, Milcher oder Milken genannt – befindet sich in der Vorderbrust von Kälbern und Lämmern. Dieses, etwa halbpfundschwere, innersekretorische Organ, das seine Entsprechungen auch bei anderen Wirbeltieren hat, ist wichtig für Wachstum und Immunaufbau in der Jugendphase. Beim erwachsenen Tier bildet sich die dann überflüssig gewordene Drüse zurück. In Form, Gewebe und Konsistenz ähnelt das fast weiße Bries Hirn, ist aber im Vergleich zum Hirn etwas fester.

Bries ist fettarm, vielseitig und teuer

Das fettarme und leichtverdauliche Bries ist reich an Eiweiß, Vitamin C, Kalium, Zink und Phosphor. Die Thymusdrüse weist einen hohen Puringehalt auf und sollte deshalb von Menschen, die Probleme mit bestimmten Funktionen des Stoffwechsels haben, nur mit Vorsicht genossen werden.

Bries sollte stets möglichst frisch verarbeitet werden und kann im Kühlschrank maximal zwei Tage aufbewahrt werden. Es muss in der Regel beim Fleischer vorbestellt werden und hat durchaus seinen Preis. Es gehört mit Abstand zu den teuersten Innereien auf dem Markt.

Man kann das vielseitige Bries braten, kochen, dünsten, grillen, backen und schmoren. Gourmets wertschätzen Bries auch als Bestandteil von Ragout fin.

Vorbereitung des Bries

Zunächst wird das Bries vorbereitet. Es wird gesäubert. Dabei wird das ausgiebig gewässerte und mit heißem Wasser übergossene Bries von Äderchen, knotigen Stellen und Hautfetzen befreit. Vor der Zubereitung empfiehlt es sich, das Drüsenstück eine gute Viertelstunde bei leichter Hitze in Salzwasser ziehen zu lassen.

Luxus versus Zurückhaltung

Bries wird oft in Rahmen von raffiniert inszenierten Speisen in der gehobenen Gastronomie serviert. Es gibt aber auch Feinschmecker, die darauf bestehen, dass man dem besonderen Bries-Geschmack besser bei betont bescheidenen Zubereitungen näher kommen kann. Zum Beispiel beim:

Bries mit Erbsen

250 Gramm Bries

250 Gramm Erbsen

2 Lauchzwiebeln

Butter, Salz, Pfeffer

Baguette

Lauchzwiebeln klein hacken und kurz in Butter anschmoren. Zusammen mit den Erbsen leicht köcheln lassen.

Das gesäuberte und in Salzwasser fünf Minuten angekochte Bries in Scheiben schneiden, würzen und in Butter auf beiden Seiten goldgelb braten. Zusammen mit Erbsen und Zwiebeln anrichten.

Paniertes Bries mit Champignons auf Schwarzbrot

300 Gramm Bries

250 Gramm Champignons

200 ml Sahne

0,1 l Zitronensaft

Butter, Mehl, Salz, Pfeffer

Schwarzbrot

Das gesäuberte und in Salzwasser fünf Minuten angekochte Bries vorsichtig mit Mehl bestäuben und in zerlassener Butter bei mittlerer Hitze und unter häufigem Wenden ungefähr zehn Minuten garen.

Das panierte Bries in einen Topf geben und zusammen mit der Sahne und dem Zitronensaft sanft köcheln bis Zitronen-Sahne eingedickt ist.

Champignons in dünne Streifen schneiden und in Butter braten. Zusammen mit dem Bries auf Schwarzbrotscheiben anrichten.