Call Center Agent – Beruf mit Höhen und Tiefen

Wie viel erträgt ein Agent? – Ein kleiner Telefon-Knigge. Unerbetene Anrufe nerven Kunden. Aber wird es besser, wenn der Kunde anruft? Aus dem Alltag im Call Center und ein kleiner Telefon-Knigge.

Wer im Call Center arbeitet, steht meistens im Verdacht, unseriöse Machenschaften zu unterstützen, auch wenn es sich um hochseriöse Unternehmen handelt, die ihre Kunden nur nett betreuen wollen. Manches läuft in Gesprächen schief.

Ein kleiner Telefon-Knigge

Bevor Lieschen Müller als Call-Center-Agentin auf die Kundenwelt Deutschlands losgelassen wird, wird sie umgehend in guten „Umgangsformen am Telefon“ geschult. Und tatsächlich gibt es vieles, über das man zuvor nie nachgedacht hatte, was aber beim Telefonieren schnell unhöflich wirken kann. Das fängt schon bei so einfachen Kleinigkeiten wie der Grußformel zur passenden Tageszeit an. Was läuft oft bei Kunden schief?

  • Viele Menschen gibt es, die grüßen nicht am Telefon, obwohl sie höflich gegrüßt wurden. Man solle nicht denken, dass dies ein Phänomen des Outbounds wäre. Auch Agenten in der Hotline werden in vielen Fällen einfach nicht gegrüßt. Der Kunde kommt durch und fängt sofort an, sein Anliegen vorzutragen.
  • Viele Menschen hören nur mit halbem Ohr hin. Der Agent sagt etwas, der Kunde hört nicht richtig hin und fängt sofort an zu schreien, wenn er sich missverstanden fühlt, dabei hat der Agent bereits im ersten Satz klar und deutlich erwähnt, wer er ist, was er will und wozu er anruft.
  • Kunden wollen alles, möglichst schnell und sofort, ohne Umschweife. Wer mit seinem Problem bei einer Hotline anruft, erwartet umgehende Hilfe. Das ist soweit legitim. In der Regel bemühen sich alle Hotline-Mitarbeiter darum, möglichst vollständig das Kundenanliegen aufzunehmen und für Abhilfe bei Problemen zu sorgen. Trotzdem gelingt das nicht immer. Es gibt Situationen, in denen ein Agent einfach nicht weiterhelfen kann. Das führt bei manchen Kunden zur Abreaktion. Der Agent wird beschimpft, beleidigt, angeschrien und wie der letzte Dreck behandelt. Manche machen es in der Hotline sogar gleich zu Anfang. Es ist nicht so wie man manchmal denkt, Gespräche mit dem Kunden als aktiven Anrufer verliefen alle nett.
  • Oftmals wird dem Agenten, ob im In- oder Outbound, keine Gelegenheit mehr gegeben, sich für ein nettes Gespräch zu bedanken. Für Menschlichkeit bleibt keine Zeit, wenn der Kunde einfach abbricht.

Nur wenige Beispiele, die zeigen, was alles im Alltag nicht so wirklich beachtet wird. Und hier ein kleiner Telefon-Knigge für angerufene Kunden (Outbound):

  • Hören Sie zunächst genau zu, der Anrufer erzählt Ihnen alles, weshalb er Sie anruft.
  • Grüßen Sie mit der passenden Tageszeit zurück, denn am anderen Ende sitzt ein menschliches Wesen, das sich über einen Gruß freut.
  • Nachdem Sie nun wissen, was der Anrufer von Ihnen will, entscheiden Sie ehrlich, aber höflich, ob Sie mit ihm weitersprechen möchten. Wenn Sie keine Zeit haben, sagen Sie es. Der Anrufer sieht nicht, ob er Sie gerade stört. Und kein seriöser Agent möchte Sie ernsthaft beim Kochen, bei der Gartenarbeit, im Supermarkt oder gar beim Sex (alles schon vorgekommen, fragt sich nur, weshalb jemand in dieser Situation überhaupt ans Telefon geht) stören.
  • Vereinbaren Sie nur einen Rückruf, wenn Sie ihn auch wirklich einhalten möchten. Für viele ist das Vertrösten auf einen späteren Zeitpunkt lediglich eine Ausrede, um aus dem jetzigen Gespräch herauszukommen. Der Agent wird es sonst zum vereinbarten Zeitpunkt erneut versuchen. Besser, Sie sagen ehrlich, wenn Sie an einem Gespräch kein Interesse haben. Dann werden Sie in dieser Sache von einem seriösen Anrufer auch nicht nochmals kontaktiert.
  • Lassen Sie sich danken. Nichts liegt einem guten Agenten mehr am Herzen, als Ihnen für ein freundliches Gespräch zu danken. Er hat die Möglichkeit, ein paar kurze, menschliche Worte über den Kern der Sache hinausgehend anzubringen. Und das tut er auch gerne. Sie spüren, wenn jemand ehrlich mit Ihnen spricht. Brechen Sie das Gespräch nicht sofort ab, wenn das Zufriedenheits-Feedback gegeben, die Handyvertragsmodalitäten geklärt oder was auch immer erledigt ist. Hören Sie sich die kurzen persönlichen Worte noch an, sie kommen von Herzen.
  • Bleiben Sie gelassen. Agenten werden darauf geschult, Verständnis dafür zu entwickeln, wenn Telefonkunden schwierig oder gereizt sind. Als Anrufer oder Hotlineagent weiß man eben nicht, ob der Kunde einen schwierigen Tag oder eine stressige Situation erlebt hat, die ihn so gereizt sein lässt. Bleiben Sie auch umgekehrt gelassen, wenn Ihnen ein Agent etwas gereizt erscheint. Auch Sie wissen nicht, ob gerade jemand in seiner Familie verstorben ist, ob er Ärger mit dem Vorgesetzten hat oder einfach nur im vorhergehenden Gespräch furchtbar beschimpft und beleidigt wurde. Menschen können – auch wenn sie es sich vornehmen – nicht alles problemlos abschütteln. Und auch Agenten sind nur Menschen.

Für den Inbound könnte man einen eigenen kleinen Knigge erstellen. Das erübrigt sich aber, wenn man einfach nur die Grundprinzipien der mitmenschlichen Höflichkeit beachtet.

Wie es in den Wald hineinruft …

Am einfachsten geht ausblickend das telefonische Miteinander, wenn man sich an dem alten Prinzip „Wie es in den Wald hineinruft, so schallt es zurück“ orientiert. Nur leider machen Call-Center-Agenten nicht immer die Erfahrung, dass es so ist. Sie grüßen höflich, fragen freundlich nach und ernten doch nur oftmals Unverständnis, Ruppigkeit und Grobheiten. Sie sind in häufigen Fällen die Frustabladeplätze der Nation. Sie werden beleidigt, angeschrien, mit Trillerpfeifen ohne Vorwarnung im Gehör verletzt, ausgelacht, zynisch abgekanzelt und vieles mehr.

Der Alltag im Call Center ist nicht immer einfach, was aber nicht ausschließlich an den so oft angeprangerten schlechten Arbeitsbedingungen liegt. Es gibt auch gute Häuser mit hervorragend klimatisierten Räumen, mit Schallschutzmaßnahmen, mit einer flexiblen Pausenregelung und mit festem Stundenlohn. Trotzdem ist der Job nicht immer einfach. Wer ihn macht, und wer ihn dazu noch gerne macht, der ist ein eingefleischter Idealist mit großer Liebe zum Beruf. Und nicht zuletzt gibt es ja auch viele schöne Gespräche, die einfach nur nett und konstruktiv verlaufen und beide Seiten völlig zufriedenstellen. Das entschädigt Deutschlands Agenten für vieles andere. Auch in der Telefonie außerhalb eines Callcenters bieten sich übrigens gute Umgangsformen am Telefon an, denn sie erleichtern das Miteinander und ebnen den Weg in berufliche Karrieren.

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