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Das Wahrsagen – verschiedene Aufgaben und Techniken

Es hat sich seit den Vorzeiten in dieser Hinsicht nicht viel verändert: Der Mensch will in die Zukunft schauen und besucht deshalb Wahrsager.

Ein Wahrsager oder eine Wahrsagerin hatte in der Vergangenheit viel mehr Aufgaben und bestritt umfangreiche Gebiete. Es ging dabei nicht nur um die Zukunft. Die Hellseher halfen die Gegenwart und das Vergangene zu erhellen, nach den vermissten Personen oder dem verlorenen Eigentum zu suchen und die Beziehungsprobleme zu lösen. Genauso waren sie für Krankheiten von Mensch und Vieh zuständig.

Heute, in den Zeiten der engen Spezialisierung, beschränken sich die Wahrsager auf ihren Kernauftrag und verkünden die Aussichten; nicht ohne Erfolg. In Deutschland nimmt jede zehnte Frau ihre Dienste in Anspruch. Italiener geben mehr Geld für die Wahrsager als für die Kirchensteuer aus.

Die Magier der Gegenwart schöpfen aus dem alten Wissen und nutzen lang erprobte Techniken.

Kosmische Sympathie und das passive oder aktive Wahrsagen

Von den Babyloniern stammt der Gedanke der kosmischen Sympathie. Demnach existierte im Universum eine Entsprechung für jedes irdisches Ereignis. Daraus musste man die Unabwendbarkeit des Schicksals schlussfolgern: eine Grundidee, die in den verschiedenen Theorien bis zum heutigen Tag überlebte.

Das Mittelalter übernahm eine antike Einteilung von Wahrsagetechniken aus dem ersten Jahrhundert v. Chr. Ihr Autor hieß Marcus Terentius Varro. Er gliederte jene Techniken in vier Klassen nach den Elementen Feuer, Wasser, Luft und Erde und nannte sie Pyro-, Hydro-, Aero- und Geomanteia.

Thomas von Aquin überlieferte aus der antiken und byzantinischen Literatur 45 Bezeichnungen für die Wahrsagentechniken.

Aus der Antike kam die Unterscheidung zwischen einer passiven und aktiven Wahrsagung. Bei der passiven Form wurde der Mensch von Träumen, Ahnungen und Angängen (zufällige Begegnung mit einem Lebewesen) heimgesucht; ohne seines Zutuns. Anders bei der aktiven und erlernbaren Wahrsagung, die aus den verschiedenen Zeichen die Zukunft herausliest und die Orakel und Wahrsagentechniken enthält.

Wahrsagen aus den glänzenden Flächen

Das Wahrsagen aus den glänzenden Flächen gehörte zu den am häufigsten angewandten Techniken. Dazu zählen – die Hydromantie (Wahrsagen aus dem Wasser), die Kristallomantie (Wahrsagen aus einem Kristall) und Katoptromantie (Wahrsagen aus einem Spiegel).

Früher glaubten Menschen, dass die Götter im Wasser erscheinen würden, um ihnen das Schicksal zu verraten. Für die Kirche war dies der Grund diese Technik zu den dämonischen anzurechnen und zu verteufeln.

Je nachdem, was für ein Gefäß verwendet wurde, sprach man über Lekanomantie (griechisches Wort lekanon bedeutet Schüssel, Schale) und Gastromantie (auf Griechisch gastra für ein bauchiges Gefäß).

Die Liebhaber von Märchen erinnern sich bestimmt an den wahrsagenden Spiegel, den die böse Königin gegen Schneewittchen benutzt hatte.

Das Wasser, der Kristall oder der Spiegel, jene magischen Objekte also, dienen meist als Konzentrationshilfe für die Wahrsager. Manchmal lassen die Magier aber die Hilfesuchenden selbst „die Arbeit“ erledigen: sie sollen in das Objekt schauen und die Bilder darin erkennen.

Getrickst wurde schon immer

Im zweiten Jahrhundert berichtete der griechische Kirchenschriftsteller Hippolytos, wie ein Magier seine Kunst „aufbesserte“. Er empfing seine Kunden in einem dunklen Raum mit einer blauen Decke. Auf dem Boden stellte er ein Wasserbecken, das die Decke widerspiegelte.

In diesen eindrucksvollen Kulissen schauten die Wissbegierigen ins Wasser. Den Interessenten erschienen tatsächlich auf der Oberfläche die Götter und die Dämonen, die die Zukunft kundtaten. Was die Delinquenten nicht wussten: die angeblichen Götter waren aus Fleisch und Blut. Das Becken hatte nämlich einen Glasboden und der Raum besaß ein geheimes Untergeschoß, wo sich die Helfer des Magiers versteckten und das Schicksal spielten.