Der Einfluss der Städtebildung auf unsere Sprache

Der Einfluss der mittelalterlichen Städtebildung auf die neuhochdeutsche Standardsprache.

Die neuhochdeutsche Standardsprache entwickelte sich aus vielen verschiedenen Faktoren, so war auch die Städtebildung im 12. und 13. Jahrhundert wichtig für sie. Sie entwickelten sich, als die „Reiseherrschaft“ in immer mehr Orten Residenzen baute und so ortsfest wurde. Eines der frühesten Beispiele hierfür ist Wien. 1156 wurde Wien zur Residenz der Babenberger. So entstanden Großstädte mit wirtschaftlichen Zentren. Diese Residenzen bildeten „Höfe“, die wiederum Zentren für gesellschaftliches, kulturelles Leben wurden.[1] Um das Jahr 1000 gab es nur etwa 40 Städte auf dem heutigen deutschen Boden, im Jahr 1200 sind diese auf etwa 200 angestiegen. Solche Städte hatten meist unter 1.000 Einwohner, 90 Prozent der Bevölkerung lebte auf dem Land. Durch die Verstädterung stieg der Wohlstand der Menschen genauso wie die Nachfrage nach Kultur. Die Lese- und Schreibkunst war nicht mehr Monopol der Geistlichen. Es entstanden um das Jahr 1200 Stadtschulen, in denen Bürgersöhne für Verwaltungsaufgaben ausgebildet wurden.[2] Bis 1400 bildeten sich über 1.100 Städte auf deutschsprachigem Gebiet. In ihnen gab es mehrere soziale Schichten, wie reiche Patrizier, Kaufleute, Handwerker, Gesellen und Tagelöhner.

Stadtluft macht frei

Die Städte und die in ihnen lebenden Menschen waren freie Bürger und unterlagen keinem Adeligen oder Geistlichen, so kam eines schnell zu einer Stadtflucht: Die Bauern auf dem Land kamen in die Stadt, um dort zu leben und zu arbeiten. So entstand das Sprichwort „Stadtluft macht frei“, denn wenn ein Leibeigener ein Jahr und einen Tag in einer Stadt lebte, ohne von seinem Grundherren gefunden zu werden, wurde er zu einem freien Bürger. Um diesen Ansturm und somit die wirtschaftliche Konkurrenz zu kontrollieren, bildeten sich Gilden und Zünfte, die bestimmten, wie viele Gesellen ausgebildet und neue Betriebe entstehen durften.

Man begann in den dünn besiedelten Osten zu kolonisieren und neue Städte wie Lübeck, Brandenburg oder Berlin zu gründen. Die Gilden, Zünfte und die Hanse kontrollierten somit den Wettbewerb nicht nur in ihrer Stadt, sondern hatten regen Kontakt mit den anderen Verbänden weiterer Städte.

Die Städte in Nord- und Ostdeutschland hatten nicht denselben Einfluss wie die Städte am Rhein oder in Süddeutschland. Im Süden und am Rhein war die Besiedlung viel dichter, somit hatten sie größeren Einfluss auf das Umland. Auch Ackerbürger, Bergbau- oder Garnisonstädte hatten nicht denselben sprachlichen und wirtschaftlichen Einfluss wie die Städte mit starkem Export wie Köln, Lübeck oder Nürnberg.[3]

Der Handel lässt die Städte wachsen

Durch den Handel zwischen den Metropolen untereinander und den Bauern stiegen die Wirtschaftlichkeit und der Luxus der Bürger. Jetzt kamen nicht nur Adlige und Geistliche zu Reichtum, sondern auch Händler und Handwerker. Sie nahmen nun auch die höheren sozialen Schichten ein. Das komplette Sozialwesen änderte sich in den Städten. Durch das Verschmelzen der verschiedenen Kulturen entstanden neue Bräuche, Sitten und ein Sprachwandel. Durch ihre Besiedlungsdichte waren die Städte besser an die Bauern, die kleineren Orte und Städte im Umland verbunden und konnten so größeren Einfluss ausüben. So natürlich auch auf die sprachliche Entwicklung.[4]

[1] Vgl. Schmidt, Wilhelm: Geschichte der deutschen Sprache. Ein Lehrbuch für das germanische Studium. 9. verbesserte Auflage, Stuttgart 2004. S. 91.

[2] Vgl. Stedje, Astrid: Deutsche Sprache gestern und heute. Einführung in Sprachgeschichte und Sprachkunde. 5. unveränderte Auflage, München 2001. S. 92-93.

[3] Hartweg, Frédéric; Wegera, Klaus-Peter: Frühneuhochdeutsch. Eine Einführung in die deutsche Sprache des Spätmittelalters und der frühen Neuzeit. 2., neu bearbeitete Auflage, Tübingen 2005. S. 59.

[4] Vgl. Hartweg, Frédéric; Wegera, Klaus-Peter: Frühneuhochdeutsch. Eine Einführung in die deutsche Sprache des Spätmittelalters und der frühen Neuzeit. 2., neu bearbeitete Auflage, Tübingen 2005. S. 59.

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