Die Anfänge der Pflege in der vorchristlichen Zeit

Erste Hinweise auf Krankenpflege finden sich bereits in der Mittelsteinzeit. Eine Verselbständigung der Pflege fand jedoch erst im Mittelalter statt.

Die Geschichte der Menschheit beginnt mit der Altsteinzeit vor etwa 2 Millionen Jahren in Afrika und vor etwa 1 Million bis 600.000 Jahren in Europa. Hinweise dafür, dass kranken oder verletzten Menschen eine Art Krankenpflege zuteil wurde, finden sich aber erst ab der Mittelsteinzeit.

Mittelsteinzeit: erste Hinweise auf pflegerische Tätigkeiten

Die Menschen der Mittelsteinzeit (je nach Region um 9.000 bis 4.500 v. Chr.) waren noch Jäger, Fischer und Sammler. Die verbreitete Gewohnheit, sich seiner Feinde mittels Kannibalismus zu entledigen, war bereits rückläufig. Zunehmend machten die Menschen sich die Arbeitskraft besiegter Gegner zunutze, so dass die Gesellschaftsstruktur einen Herrschaftscharakter bekam.

In die Mittelsteinzeit fallen die ersten Hinweise auf pflegerische Tätigkeiten. Zahlreiche Skelettfunde weisen nach paläopathologischen Untersuchungen überstandene Erkrankungen oder Verletzungen auf, die ohne pflegerische Bemühungen ein Weiterleben oder eine Gesundung des Betroffenen unmöglich gemacht hätten. Die Pflege kranker oder verletzter Menschen wurde wahrscheinlich von Frauen übernommen.

Jungsteinzeit: Heilkundige der Hochkulturen geben pflegerische Anweisungen

Die Jungsteinzeit (je nach Region um 5.000 – 1.700 v. Chr.) wird in verschiedene Kulturformen eingeteilt. Bedeutend für die Entwicklung der Wissenschaften, der Pflege und soziologischer Strukturen sind die Hochkulturen in Ägypten, Mesopotamien, Indien und China.

Ägypten und Mesopotamien

Krankheit wurde als Strafe der Götter und böser Geister angesehen. Die Therapie war deshalb religiös ausgerichtet und wurde von Priestern durchgeführt, die dadurch den Stellenwert eines Arztes erreichten. Die Beschwörung vieler Götter und Geister wurde im Laufe der Zeit abgelöst durch die Verehrung eines einzigen Gottes, des Gottes der Heilkunst Imhotep (Ägypten, um 2.700 v. Chr.).

Indien und China

Eine andere Sichtweise von Krankheit herrschte etwa zur selben Zeit in Indien und China. Zwar sah man auch hier einen Zusammenhang zwischen menschlichem Verhalten und dem Wohlwollen der Götter und der Natur. Die Erklärungsansätze waren jedoch nicht ausschließlich auf sündhaftes Verhalten, sondern auch auf den respektlosen Umgang mit dem Körper und der Natur gerichtet.

In den vier Hochkulturen war die Dokumentation medizinischer und pflegerischer Handlungsanweisungen obligatorisch. Sie dienten dem medizinischen Hilfspersonal als Leitlinie für die Durchführung der Therapien, insoweit sie nicht notwendigerweise von einem Arzt oder Priester ausgeführt werden mussten. Dazu gehörte zum Beispiel die Verabreichung von Medikamenten oder das Anlegen von Verbänden. Die Pflege des kranken Menschen fand innerhalb der Familien statt.

Europa

Im europäischen Bereich, dessen Entwicklung langsamer verlief, war in der Jungsteinzeit die Megalith-Kultur vorherrschend. Die Entstehung der Stonehenge-Anlagen in England oder ähnlicher Bauten in der Bretagne deutet auf eine mystische, auf einen Glauben an Götter, Dämonen und Zauberei geprägte Lebensweise.

Bronzezeit: Weiterentwicklung medizinischen Wissens

Während der Bronzezeit (je nach Region um 2.200 – 800 v. Chr.) fand hinsichtlich der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Strukturen lediglich eine weitere Differenzierung der sozialen Schichten und der Berufsgruppen statt. Die grundlegenden Vorstellungen von Krankheit wurden durch das fortschreitende Wissen modifiziert, entsprachen aber weitgehend denen der späten Jungsteinzeit.

Bedeutende Schriften der Bronzezeit waren der Codex Hammurapi, eine Gesetzessammlung des babylonischen Königs Hammurapi, und die Rigveda, eine Sammlung religionsphilosophischer Schriften aus der Veda-Periode Indiens. Beide Schriften beinhalteten Auflistungen verschiedener Krankheiten und möglicher Ursachen, Therapievorschläge und Hinweise zur Hygiene und Krankheitsprophylaxe. König Hammurapi griff zusätzlich Haftungsfragen auf. Danach wurden Heilkundige, die Behandlungsfehler begingen, zum Beispiel durch das Abhacken der Hände bestraft.

Eisenzeit in Indien: Pflegende werden erstmals erwähnt

Das alte Indien war in der Eisenzeit von den Lehren des Hinduismus und des Buddhismus geprägt. Die medizinischen Erkenntnisse dieser Zeit finden noch heute Anwendung.

Hervorzuheben sind die ausführliche Diagnostik mit Palpation (Abtasten), Auskultation (Abhören) und anderen Verfahren und die hochentwickelten chirurgischen Techniken, wie zum Beispiel die Durchführung von Amputationen, Punktionen und Drainagen.

Erstmals in der Weltgeschichte werden in der buddhistischen Lehre die Pflegenden erwähnt, obwohl deren Tätigkeitsfeld oder Ansehen nicht eindeutig eingegrenzt ist. Im Gegensatz zu Ägypten und Mesopotamien, wo es für jede Tätigkeit am kranken Menschen eine eigene Berufsgruppe gab, hatten die Aufgaben der Pflegepersonen in Asien einen ganzheitlicheren Charakter.

Buddha Siddhartha Gautama nahm durch seine religiösen Lehren Einfluss auf die Pflege und medizinische Betreuung kranker Menschen. Ärzte, Pflegende und kranke Menschen orientierten sich an seinen Verhaltensrichtlinien und ethischen Grundsätzen, um durch sittliches Verhalten in das Nirvana zu gelangen.

Eisenzeit in Griechenland: Asklepios und Hippokrates

Die Griechen hatten ihren eigenen Gott der Heilkunst: Asklepios (auch Aeskulap). Aus dem Asklepios-Kult (um 700 – 500 v. Chr.) entstanden Asklepieien, Kultstätten der griechischen Tempelmedizin. Um diese Tempelanlagen herum versammelten sich kranke Menschen, um sich von den Asklepiaden, den Priestern, Ratschläge zur Genesung zu holen. Die Asklepiaden schlossen sich zu Kollegien zusammen, um gegenseitig Erfahrungen auszutauschen und ihre zunächst psychotherapeutisch ausgerichteten Therapien in rationales medizinisches Wissen umzuwandeln. Aufgrund dessen entwickelten sich die Asklepiaden immer mehr zu praktischen Ärzten.

Neben den Priestern gab es weitere Berufszweige, die sich um kranke Menschen und schwangere Frauen kümmerten: Hebammen, bürgerliche Ärzte, Wundärzte, Heilkräutersammler und Arzneimittelhändler.

Mit der hippokratischen Medizin (um 500 bis 300 v. Chr.) begannen die Griechen, das zuvor mündlich überlieferte medizinische Wissen zu dokumentieren. Ausgehend von der Naturphilosophie entstanden die allgemeine Krankheitslehre und die Säftelehre, die Grundlage der hippokratischen Medizin. Hippokrates Aufzeichnungen über seine Erfahrungen und Erkenntnisse wurden nach seinem Tode zum Corpus Hippocraticum zusammengefasst.

Krankenpflege, die zu dieser Zeit von Sklaven und Frauen durchgeführt wurde, fand überwiegend im Haus der Patienten statt. Die Pflegenden nahmen in der hippokratischen Medizin insofern eine wichtige Rolle ein, als Krankenbeobachtung und Diätetik eine grundlegende Voraussetzungen für die Genesung der kranken Menschen war. Weil gerade die Pflegekräfte engen Kontakt mit den Patienten hatten, war es ihnen möglich, korrigierenden Einfluss auf die Lebensweise des Kranken zu nehmen.

Die ersten Krankenhäuser: Valetudinarien

Aufgrund der politischen Entwicklungen zwischen dem 3. und dem 1. Jahrhundert v. Chr. in der Römischen Republik kam das griechische Wissenschafts- und Kulturgut nach Rom. Die griechischen Sklaven, die in Griechenland pflegerisch tätig waren und Einblicke in die hippokratische Medizin gewonnen hatten, durften als Ärzte heilkundlich tätig werden. Noch immer fand die eigentliche Krankenpflege jedoch im familiären Bereich statt. Eine Neuerung waren hingegen die Valetudinarien: in diesen Anlagen wurden erkrankte Sklaven behandelt und gepflegt, um sie möglichst schnell wieder arbeitsfähig zu machen.

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