Fremdartige Pluralbildungen im Deutschen

Fremdwörter werden in der Mehrzahl höchst unterschiedlich gebeugt. Die Mehrzahlbildung von Wörtern fremdländischer Herkunft ist äußerst kompliziert. Umgangssprachlich wird im Plural gern ein -s angehängt. Wie aber heißt es richtig?

Von Wörtern fremdländischen Ursprungs den Plural zu bilden, kann seine Tücken haben. Seltsam anmutende Endungen – entgegen aller Gewohnheit – blicken einem da entgegen.

Allerdings wurde bei einigen Fremdwörtern die Pluralbildung der deutschen angeglichen, wieder andere tragen die Mehrzahl schon in sich. Da kommt es schnell zu den absonderlichsten Wortschöpfungen oder merkwürdigen „Plurals“ bzw. „doppeltgemoppelten Mehrzahlen“. Einzig der Artikel macht keine Schwierigkeiten, lautet er doch im Plural immer gleich, nämlich „die“.

Die Pluralbildung von Fremdwörtern

… ist beileibe nicht einheitlich geregelt, sondern höchst unterschiedlich. So wie bei deutschen Wörtern auch. In vielen Fällen wird ein -s angehängt – zum Beispiel bei Fremdwörtern lateinischer, griechischer, englischer oder französischer Herkunft:

  • die Kameras, die Echos, die Hobbys, die Milieus

Aber auch das ist im Deutschen nicht ungewöhnlich. Sagt man doch auch „die Omas, die Jungs, die Uhus oder die Hochs“. In der lautmalerischen Sprache, die man gern Babys und Kleinkindern angedeihen lässt, wimmelt es ebenfalls von Pluralendungen mit -s: „die Hottehüs, die Wauwaus, die Töfftöffs oder die Muhkuhs“. In diesem zarten Alter wird man quasi schon auf das Plural-s fixiert. Was man in der Kindheit lernt, verinnerlicht man bekanntermaßen. Kein Wunder, dass man dann auch noch als Erwachsener dazu neigt, vielerorts ein -s anzuhängen, um die Mehrzahl von Personen oder Dingen zu bilden.

Und so werden viele Pullover, Kalender, Praktika, Lexika, Spaghetti, Computer oder Antibiotika noch zusätzlich mit einem vermeintlichen Plural-s versehen, als ob der ihnen bereits innewohnende (fremdländische) Plural allein nicht ausreichend wäre.

Aber woran kann man sich halten? Ein Versuch, Ordnung in das Chaos zu bringen:

Die Pluralbildung von Fremdwörtern

Will man die Mehrzahl von Fremdwörtern bilden, so kommt es auf das Geschlecht, aber auch auf die Endung des Singulars an.

Weibliche Fremdwörter erhalten im Plural häufig ein -n oder -en:

  • die Limonaden, die Medaillen, die Chancen, die Muränen, die Bilanzen, die Fontanellen, die Differenzen, die Toiletten, die Friteusen, die Phantasien, die Volieren, die Kamillen, die Apfelsinen, die Abstraktionen, die Hornissen, Qualitäten, die Oliven, die Neurosen, die Frakturen, die Broschüren

Femina mit der Endung -a werden im Plural unterschiedlich dekliniert, manchmal aber mit dem besagten -s:

  • die Vita – die Vitae (oder: Viten), die Ballerina – die Ballerinen, die Nota (= kleine Rechnung, Vormerkung) – die Notas, die Pizza – die Pizzas (auch: die Pizze oder die Pizzen)

Femina mit der Endung -is oder -se enden im Plural auf -sen:

  • die Sepsis – die Sepsen, die Hypnose – die Hypnosen

mit der Endung -itis auf -itiden:

  • die Rachitis – die Rachitiden

Männliche Fremdwörter erhalten als Pluralendung oft ebenfalls ein schlichtes -e oder -en; sie sind schwach (dekliniert):

  • die Musikanten, die Doktoranden, die Studenten, die Aktionäre, die Phantasten, die Masseure, die Grenadiere, die Optimisten, die Direktoren, die Psychologen, die Technokraten, die Monarchen, die Philosophen, die Demagogen

Natürlich gibt es durchaus männliche und sächliche Fremdwörter, die stark sind bzw. stark dekliniert werden. Aber auch die bekommen im Plural ein einfaches -e oder aber ein -s angehängt, Letzteres vor allem dann, wenn sie (lautlich) auf einen Vokal enden. Hier ist wiederum die Endung in der Einzahl zu beachten:

  • Maskulina: die Multimillionäre, die Deserteure, die Ballons (auch: die Ballone), die Plurale
  • Neutra: die Amulette, die Statements, die Experimente, die Büros, die Sofas

Manche Plurale bleiben auch ohne Endung – oder behalten ihren fremdsprachlichen Plural:

  • das Fenster – die Fenster, das Examen – die Examen (auch: die Examina), das Solo – die Soli (aber auch: die Solos; übrigens nicht zu verwechseln mit dem Soli!)

Maskulina erhalten im Plural ein -en, vor allem dann, wenn sie im Singular auf -or enden:

  • die Direktoren, die Motoren, die Pastoren, die Projektoren

Dies gilt auch für Neutra, wenn sie auf -ma enden, das -a im Singular fällt allerdings weg:

  • das Drama – die Dramen, das Thema – die Themen, das Dogma – die Dogmen, das Aroma – die Aromen

Abweichend von dieser Regel werden einige sächlichen Fremdwörter anders gebeugt:

  • das Komma – die Kommas (oder Kommata), das Schema – die Schemas (oder Schemata), das Klima – die Klimata (oder Klimas), das Koma – die Komas (oder Komata)

Für sächliche Fremdwörter, die in der Einzahl beispielsweise auf -eum, -(i)um, -al und -il enden, gilt diese Regel hingegen wieder:

  • das Mausoleum – die Mausoleen, das Forum – die Foren, das Gymnasium – die Gymnasien, das Material – die Materialien

Aber auch hier gibt es wieder Ausnahmen:

  • das Lineal – die Lineale, das Konzil – die Konzile (aber auch: Konzilien), das Fluidum – die Fluida

Männlichen und sächlichen Fremdwörtern, die im Singular auf -us enden, wird im Plural ein -se angehängt:

  • die Omnibusse, die Krokusse, die Zirkusse

Ausnahme: der Kaktus. Entgegen der landläufigen Meinung, die Pluralbildung „Kaktusse“ sei neben Kakteen ebenfalls erlaubt, handelt es sich dabei lediglich um eine umgangssprachliche Mehrzahlbildung! Übrigens besitzt der Kaktus zwei Geschlechter und kann daher auch die Kaktee heißen.

Aber es gibt noch weitere Ausnahmen bei Fremdwörtern auf -us:

  • das Tempus – die Tempi, der Kasus – die Kasus, der Rhythmus – die Rhythmen

Die aus dem Englischen übernommenen Fremdwörter erhalten im Allgemeinen ein -s, gleich welchen Geschlechts sie sind:

  • die Citys, die Partys, die Storys, die Long Drinks, die Black-outs

Womit sich der Kreis schließt. Denn Denglisch wird im Deutschen auch gern geredet. Und so wird es im Alltag immer wieder zu „Plural-essen“ kommen, die laut Duden schlicht falsch sind.

PS: Wirklich vollständig sind die Regeln übrigens nicht. Nur ein Fremdwort soll noch Erwähnung finden, da es – ähnlich wie der Kaktus – immer wieder heiß diskutiert wird: der Atlas. Hier gibt es tatsächlich zwei korrekte Möglichkeiten im Plural: die Atlasse und die Atlanten.

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