Grenzen von Telematikanwendungen im Verkehr

In Anwendungen der Telematik im Verkehr wurden in den 1990er Jahren große Hoffnungen gesetzt. Diese erfüllten sich nur zum Teil, nebst großer Ernüchterung.

Angesichts der mitunter großen Erwartungen, die noch Anfang bis Mitte der 1990er Jahre in die telematischen Anwendungen im Verkehr gesetzt wurden, hat sich bis heute doch eine deutliche Ernüchterung breit gemacht. Dies ist auch insofern nicht verwunderlich, erscheinen die damaligen Erwartungen aus heutiger Sicht doch bei weitem überzogen. Man sah in der Telematik die Lösung für im Prinzip alle aktuellen und künftigen Verkehrsprobleme. Der Faktor Mensch wurde damals einfach nicht in ausreichender Form berücksichtigt.

Telematik ist nicht der Königsweg

Es wird durch den Einsatz der Verkehrstelematik auch nicht gelingen, Investitionen im verkehrsinfrastrukturellen Bereich merklich herunterzufahren. Entscheidend für eine Lösung der heutigen und künftigen Verkehrsprobleme bleiben in erster Linie der Mensch selbst, sein Bewusstsein gegenüber der Verkehrs- und Wachstumsproblematik und seine Bereitschaft, seine Verhaltensweisen entsprechend darauf einzustellen bzw. zu ändern. Die durch die Mittel der Verkehrstelematik gegebenen Informationen und Hinweise stellen lediglich Hilfen dar, müssen vom Menschen jedoch auch befolgt werden.

Zur Erhöhung der Wirksamkeit des Einsatzes von Verkehrstelematik müsste beispielsweise ein höheres Maß an restriktiven Maßnahmen im Verkehr, beispielsweise gleichzeitige Geschwindigkeitskontrollen bei der automatischen Verkehrsbeeinflussung, Hand in Hand gehen. Dies ist ohne Beleg jedoch eine Forderung, die nicht wissenschaftlich, sondern allenfalls politisch zu formulieren ist.

Vermarktung gestaltet(e) sich nicht einfach

Die kommerzielle Vermarktung von Verkehrsinformationen gestaltet sich bislang als eher schwierig. Es wäre jedoch aus Sicht des Verfassers verfrüht, solche Geschäftsmodelle als gescheitert zu betrachten. Kollektive Informationsdienste stellen jedoch eine zu erwartende Grundversorgung aus der Sicht des Verkehrsteilnehmers dar. Diese Grundversorgung unter Konkurrenzdruck individuell zu verteilen, erscheint als keine große Hilfe. Weiter sind diese Services bislang nicht flächendeckend verfügbar, was immer auch einen mangelnden Nutzen mit sich bringt.

Keine Lösung für fehlende Kapazität und Umweltverschmutzung

Auch Kapazitäts- und Umweltprobleme können durch die Telematik selbst nicht merklich gelöst werden. Die Telematik hat zwar das Potenzial, Verkehre sicherer, angenehmer und wirtschaftlicher durchzuführen. Eine erhebliche Leistungssteigerung auf den Straßen ist durch Telematik aber nach den bisher gewonnenen Erkenntnissen nicht zu erreichen. Deren Kapazität wird dadurch nur in sehr engen Grenzen erhöht.

Erhöhung lediglich der Anwenderfreundlichkeit, Sicherheit und des Sicherheitsgefühls

Die beobachteten Anwendungen der Telematik im Bereich des ÖPNV und des Schienenverkehrs sowie elektronische Cashsysteme erhöhen ganz klar die Kundenfreundlichkeit, die Bequemlichkeit und die Sicherheit beziehungsweise das Sicherheitsgefühl beim Nutzer. Ob dies letztendlich etwa zu einer höheren Auslastung von Parkhäusern oder einer deutlichen Erhöhung der Fahrgastzahlen in ÖPNV und Schienenverkehr führt, ist so noch nicht belegt.

Besondere Probleme im ländlichen Raum

Im ländlichen Raum ist der konventionelle ÖPNV zu einem Schüler- und Ergänzungsverkehr geschrumpft. Die Entwicklungen struktureller und demographischer Art, die dort vielerorts zu beobachten sind, machen den Betrieb konventioneller ÖPNV-Systeme mehr und mehr unrentabel. ÖPNV und Schiene ziehen sich so mehr und mehr aus der Fläche zurück. Die zurückbleibende Bevölkerung kann im Interesse eines sozial- und umweltgerechten Mobilitätsangebotes aber nicht auf den Besitz eines eigenen Pkw oder auf die private Mitnahme durch andere angewiesen sein.

Um die Probleme in Verkehr, Gesellschaft und Raum zu bewältigen, wird man sich nicht allein auf die Technik verlassen können. Dennoch gehört die Entwicklung der Telematik weiter vorangetrieben. Überzogene Erwartungen der Vergangenheit sollten dabei jedoch nicht aufrecht erhalten beziehungsweise die neueren Erkenntnisse in stärkerem Maße berücksichtigt werden. Auch die Sicht des Nutzers sollte in viel stärkerem Maße als bisher einfließen (was ja in den letzten Jahren auch schon verstärkt geschehen ist), denn von ihm, von seiner Akzeptanz und seinem Verhalten hängt letzten Endes der Erfolg des Einsatzes der Telematik im Verkehr ab – nicht umgekehrt.

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