Martin Luther und die Ehe

Heiraten, Ehebruch und Scheidung aus lutherischer Sicht. Was der Reformator Martin Luther schon vor fast 500 Jahren zu Heirat und Ehe, Ehebruch und Scheidung äußerte, ist verblüffend aktuell – bis auf den Ehehelfer.

Der ehemalige Augustinermönch und Reformator Martin Luther ist ein Umdenker vieler bis dahin gültiger Werte. Er stellte sich dem Thema Ehe in einer „Predigt vom ehelichen Leben“ im Jahre 1522 und einer Schrift betitelt „Von Ehesachen“ im Jahre 1530. Das Thema war für Luther jedoch nicht nur theoretisch-theologische Natur, sondern auch von praktischer Notwendigkeit. Er selbst gestand in ungewöhnlichem Freimut ein, dass er „nicht aus Holz und Stein“ sei. Seinen Theologen-Kollegen riet er, sie sollten den „kleinen Schandstündlein nicht ausweichen“.

Immer wieder wurden neue Nonnen ins Kloster aufgenommen. „Die Engel lachen und die Teufel weinen“ zu machen durch eine Heirat, beschloss Luther wohl schon vor der Ankunft jener neun Nonnen in Wittenberg, unter denen sich seine spätere Frau Katharina von Bora befand. Seine ernste Absicht zu heiraten, rief den stürmischen Protest der römisch-katholischen Kirche hervor.

Heiraten zur Triebbefriedigung

Luther war ein Menschenkenner. Er wusste, dass der Mann von Natur „die Huren liebt und die Ehefrauen hasst“. Er war so weltlich genug, den Geschlechtstrieb als eine Macht anzuerkennen. Gerade deshalb sah er in der Ehe ein Werk Gottes. Im Gegensatz zur Ehelosigkeit der Priester, die er sein Leben lang bekämpfte. Das Zölibat war für Luther eine Art Erpressung der Kirche, um diese durch das Opfer der Keuschheit zu besonderen Gegenleistungen zu veranlassen. Wo sich Tier und Pflanze verschwenderisch vereinigten, da gebühre dem Menschen „ein einiges sunderliches Weib“. Der Trieb müsse in Ordnung gehalten werden, sonst mündet das Leben im Chaos. Er kannte die Mühen und Unlustgefühle, die im Laufe des Ehestandes aufzukommen pflegen. Doch in dem „Verbeißen der bösen Tücken“ sah er eine sittliche Haltung. Eheliche Liebe setzte Luther sogar noch über die Kindesliebe.

Moderne Vorstellung von der Ehe

Ein Ehemann, der die „Windeln wüsche“, würde zwar von aller Welt als „Frauenmann“ verlacht, doch die Engel mit allen Kreaturen wüssten, dass er es „im Glauben tut“. Die Kinderstube war für Luther eine Brunnenstube des Christentums. Im Gegensatz zum kanonischen Recht, das seit Papst Alexander III. (1159-1181) in Ehefragen allein zuständig war, sah Luther in der Ehe „ein äußerlich weltlich Ding, wie Kleider und Speise, Haus und Hof weltlicher Obrigkeit unterworfen“.

Ausschlaggebend blieb für Luther allein das christliche Gewissen. Selbst die elterliche Gewalt dürfe nicht so weit gehen, das Kind zur Ehe mit einem ungeliebten Menschen zu zwingen. Andererseits spricht Luther ihnen das Recht zu, ein Verlöbnis ihres Kindes aufzulösen, das ohne ihr Wissen geschlossen worden sei.

Eheschließung, Ehehindernis und Scheidung

Im Gegensatz zum kanonischen Recht befand sich Luther mit seiner Auffassung von Ehehindernis und Ehescheidung. Grund zur Scheidung sah er nur in einem Fall: „Wenn Mann oder Weib untüchtig zur Ehe ist“. Das hieß: Impotenz oder absichtliche Verweigerung der ehelichen Pflichten. Hatte der Mann vor der Eheschließung sein Unvermögen, Kinder zu zeugen, verschwiegen, so war es der Ehefrau gestattet, eine heimliche Ehe mit einem sogenannten „Ehehelfer«“ zu vollziehen, sich also von einem anderen Mann zur Mutter machen zu lassen, ohne dass der Ehemann Einspruch erheben durfte.

Das gleiche Recht sprach er dem Manne zu, dem sich sein Weib aus Trotz oder Abneigung oder Hysterie verweigerte. Nach mehrmaliger Verwarnung durfte sich der Ehemann vorstellen, sein Weib sei von Räubern gestohlen und umgebracht, weshalb er nach einem anderen Weib trachten konnte … Diese großzügige Entscheidung hat Luther in den Verdacht gebracht, er vertrete die Bigamie. Er entsprach jedoch damit einer weitverbreiteten Gepflogenheit seiner Zeit. In ernsten Krankheitsfällen galt dieser Dispens natürlich nicht, vielmehr hatten die Ehepartner sich gegenseitig zu pflegen.

Ehebruch

Eigentlichen Ehebruch, auf Untreue beruhend, setzte Luther mit dem Tod gleich, weshalb sich auch der betrogene Partner wieder verheiraten durfte. Der Ehebrecher verschenke gleichsam seinen lebendigen Leib, der nicht ihm gehöre, und empfange einen Leib, der »auch nicht sein ist«. Die Scheidung solle daher erst nach Rat und Urteil des Pfarrers und der Obrigkeit durchgeführt werden. Trennung lässt Luther nur bei fortgesetzter Zerrüttung der Ehe gelten, wobei er beide Teile schuldig spricht und ihnen deshalb die Wiederverheiratung verbietet.

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