Musiktherapie bei chronisch kranken Tinnituspatienten

Heidelberger Musiktherapieforschung belegt Erfolge in der Wirksamkeit bei chronisch kranken Tinnituspatienten. Info-Veranstaltung am Tag des Hörens.

Tinnitus ist eine Krankheit, bei der die Patienten unter einem Dauerton im Ohr leiden. Betroffene beschreiben dabei ein Rauschen, Zischen, Pfeifen, tiefes Brummen oder ein Rattern im Ohr beziehungsweise im Kopf. Es gibt auch Tinnitusfälle, in denen der Patient vom Geräusch einer Bohrmaschine spricht oder von einem vorbeifahrenden Zug. Selbst das Ohrensausen zählt zum Tinnitus. Die Schallquelle kommt dabei von innen und kann als Dauerton auftreten, aber es gibt auch Fälle, wo es in bestimmten Abständen zu verzeichnen ist. Bei chronischem Leiden erhält der Betroffene ein spezielles Hörgerät, um die Töne etwas einzudämmen.

Ursachen für den Tinnitus

Die Auslöser für den Tinnitus sind breit gefächert: Es kann Druck von außen wie aber auch von innen herrühren. Stammt er von außen, kann es sich um Dauerstress handeln, aber auch Streit, Spannung, ewiger Zeitdruck oder Veränderungen im Privaten oder Beruf. Liegt der Grund im Innern des Menschen, dann kann es sich um Ängste handeln, negatives Denken, Depressionen, Perfektionismus, jedoch auch um Selbstzweifel. Neben den seelischen Ursachen zählen auch die körperlichen, wie beispielsweise Hörsturz, Fremdkörper im Gehör, Nasennebenhöhlen-, Mittelohr- sowie Gehörgangsentzündungen, Schwerhörigkeit und anderes.

Bisherige Linderungshilfen für Tinnitus

Chronisch erkrankte Tinnituspatienten helfen sich bisher mit Autogenem Training, Yoga, mit psychologischen Gesprächen, nicht zuletzt auch mit Hypnose, die laut Therapeuten am besten helfen soll. Die Schulmedizin kann bei dieser Krankheit nur in akuten Phasen durchblutungsfördernde Medikamente verabreichen. Der Hals-Nasen-Ohren-Arzt (kurz: HNO) kann dies in Form von Infusion oder von Tabletten verabreichen. Wenn das Piepen im Ohr durch eine Mittelohrentzündung ausgelöst worden ist, dann könnten Antibiotika helfen.

Doch die Gelehrten des Viktor Dulger Forschungsinstituts geben nicht auf. Seit mehreren Jahren arbeiten sie effektiv an der Methode, den Tinnitus direkt zu beeinflussen. Neuste Ergebnisse liegen nun vom Deutschen Zentrum für Musiktherapieforschung (kurz: DZM) in Heidelberg vor, das anhand von standardisierten Fragebögen die fortwährende Wirksamkeit von Musiktherapie bei chronischen Tinnituspatienten getestet hatte.

Ohrgeräusche durch Musik bekämpfen

Mit dem Heidelberger Musiktherapiemanual erlernen die Patienten innerhalb der fünftägigen Kompakttherapie diverse aktive Möglichkeiten, wie sie ihren Tinnitus beeinflussen können. Dabei sollen zirka 80 Prozent der daran beteiligten Patienten eine eindeutige Linderung zu Protokoll gegeben haben, einige stellten sogar ein völliges Verstummen des Dauertones fest. Drei Jahre später boten die Heidelberger Wissenschaftler den 189 Patienten eine weitere Befragung an, woran sich aber nur die Hälfte beteiligte. Der Fragebogen bestand aus demselben Inhalt wie in der Kompakttherapiewoche.

Studienergebnis zur Verbesserung der Tinnitussymptomatik

In der Auswertung konnten die Heidelberger Forscher eine Verbesserung der Tinnitussymptomatik verbuchen. Drei Jahre nach der Therapie verringerte sich diese um 20 Prozent. Bei den stark belasteten Patienten ergab sich aufgrund der Befragung eine nachhaltige Verbesserung im Tinnitusschweregrad von 12 Prozent vor der Therapie, auf 4 Prozent drei Jahre nach Durchführung der Kompakttherapie. Bei den weniger belasteten Patienten lag die Verbesserung bei 20 Prozent“, so die Experten. Zudem bietet die Tinnitusambulanz des Deutschen Zentrums für Musiktherapieforschung in Heidelberg weiterhin regelmäßig Kompakttherapien für chronisch leidende Tinnituspatienten an. Die letzten Ergebnisse sind zwar schon weitreichend zufriedenstellend, doch es gibt noch mehr zu erforschen. „Tinnitus im Jugendalter“ sowie „Musiktherapie bei akutem Tinnitus“ sollen als nächstes thematisiert werden. Interessierte können sich telefonisch unter der Nummer 06221 – 79 63 101 informieren oder per E-Mail unter [email protected].

Wer ist eigentlich das DZM?

DZM ist die Abkürzung für Deutsches Zentrum für Musiktherapieforschung, was 1995 in Heidelberg gegründet worden ist. Es gilt als das größte Forschungsinstitut in Europa, das die Forschung, die Praxis und die Lehre unter einem Dach vereint. Als anerkannter, gemeinnütziger Verein finanziert es sich größtenteils aus Spenden und Forschungsdrittmitteln. Gemeinsam untersuchen und entwickeln Musiktherapeuten sowie -wissenschaftler, Mediziner und Psychologen in fachübergreifenden Projekten therapeutische sowie medizinische Konzepte, die ein Verbessern der Lebenssituation erkrankter Menschen herbeiführen können. Zudem verfügen sie auch über eine Tinnitusambulanz.

Tag des Hörens ist am 03. März

Jedes Jahr findet in der Heidelberger Universitätsklinik eine Informationsveranstaltung zur Musiktherapie statt. Am Tag des Hörens, dem 3. März, können sich Tinnituspatienten sowie deren Angehörige, Ärzte und Interessierte über die neusten Behandlungskonzepte aufklären lassen. Eine Anmeldung ist nicht notwendig.

Musiktherapie allgemein

Der französische Komponist Claude Achille Debussy (1862-1918) sagte einmal: … die Musik beginnt da, wo das Wort unfähig ist, auszudrücken; Musik wird für das Unaussprechliche geschrieben; ich möchte sie wirken lassen, als ob sie aus dem Schatten herausträte und von Zeit zu Zeit wieder dahin zurückkehrte; ich möchte sie immer diskret auftreten lassen.“ Musiktherapeuten untersuchten seine damalige These und stellten unweigerlich dabei fest, dass das Hören und Komponieren von klangvollen Tönen Krankheiten lindern, aber auch heilen kann. Dessen Wirksamkeit wird allerdings häufig immer noch in Frage gestellt. Dabei spricht ja nichts gegen einen Versuch, wenn die Schulmedizin versagt und nicht heilen kann.

In den letzten Jahren werden immer häufiger Fallbeispiele diskutiert und neu untersucht. So wurden einzelne von diesen sogar am Lehrstuhl für qualitative Forschung in der Medizin von Professor Dr. David Aldridge als Doktorarbeiten angenommen. Von zwei Fallbeispielen sprach er bereits 2002 auf einer Tagung, auf der auch weitere Krankheitsbilder wie Wachkoma, Multiple Sklerose, Migräne, Parkinson und anderes in Kunst- sowie Musiktherapie vorgestellt worden sind: „Monika Jungblut hat acht Schlaganfallpatienten, die im Extremfall vor 25 Jahren ihre Sprache verloren haben, mit Gesang und Rhythmusinstrumenten ihre Sprache wiedergegeben. Martin Kusatz hat in Zusammenarbeit mit Ärzten Tinnituspatienten geholfen, das lästige Geräusch im Ohr weniger wahrzunehmen. Und dieser Erfolg stellt sich auch ein, wenn die Behandlung erst relativ spät nach dem Hörsturz einsetzt. Bisher ging man davon aus, dass nur sofortige Behandlung Hilfe bringen kann.“

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