Selbsternte: Bio-Gemüse aus dem ökologischen Gemeinschaftsgarten

Die Idee der Selbsternte: Ein Bio-Bauer baut Gemüse an, man selbst erntet es für sich ab. Es ist ökologisch und preiswert und stärkt den Gemeinschaftssinn.

In Wien fing alles vor gut 30 Jahren an. So langsam erhält die Idee auch in Deutschland Einzug: die Selbsternte. Studenten der Uni Kassel und der Uni Witzenhausen haben das Konzept übernommen. Hier kam auch Christoph Stocker, Leiter des Radolfzeller Umweltamtes, zum ersten mal mit der Selbsternte in Berührung. Zurück in der Heimat Radolfzell rief er dann schließlich selbst ein Selbsternteprojekt ins Leben.

Die Selbsternte wird vom Bio-Bauern vorbereitet

Die Selbsternte funktioniert folgendermaßen: Ein Acker wird von einem Bio-Gemüsegärtner in Reihen mit 25 verschiedenen Kulturen besät. Auch um die Bodenbearbeitung und das Düngen sorgt er. Quer zu den Reihen werden Mietparzellen abgesteckt, 100 Quadratmeter für Familien, 50 für Singles, die pro Saison gemietet werden können.

Zu Beginn der Saison gibt es eine Vollversammlung. Es wird besprochen, welche Kulturen angebaut werden sollen. Bis Mitte Mai sät und pflanzt der Gemüsegärtner diese dann. Die Bodenbearbeitung wird mit Pferdekraft bewerkstelligt, das Gewächshaus ist mit Photovoltaik ausgestattet.

Von Mai bis November selbst hacken und ernten

Mitte Mai erfolgt dann die Ackerübergabe. Im Selbsternteprojekt Radolfzell sind es mittlerweile 52 Familien, die ihre Parzellen hegen und pflegen und natürlich eigenhändig abernten. Neben den Parzellen gibt es freie Beete, auf denen man pflanzen kann, was man sonst noch gerne ernten möchte. Ein gemeinsames Kräuterbeet wird im Wechsel bearbeitet. Es steht eine Gerätehütte mit Werkzeug bereit.

Im November werden die Parzellen wieder aufgehoben. Gemeinsam macht man sich ans Aufräumen, aber auch das Feiern darf nicht zu kurz kommen: vom Ackerübergabe-Fest über das Sommerfest bis hin zum Erntedankfest wird der Gemeinschaftssinn gestärkt. Für Kinder gibt es besondere Angebote von der Kutschfahrt bis zur Spielwiese.

Vorteile der Selbsternte

Der Aufwand ist überschaubar. Es reicht, wenn man einmal die Woche sein kleines Ackerstück harkt und bewässert. Am Ende der Saison ist dann meisten auch genügend Lagergemüse für den Keller übrig, wie Möhren, Kartoffel und Zwiebeln, bis die neue Saison wieder beginnt. Eine Familienparzelle kostet 190 Euro im Jahr, doch man erntet einen Gegenwert von bis zu 500 Euro heraus.

Der Vorteil der Selbsternte ist aber nicht nur, dass man Geld spart. Man ist an der frischen Luft, erlebt die Natur aktiv und erhält neben frischem Gemüse durch die Bioqualität besonders Gesundes zwischen die Zähne. Vom Gemüseanbau muss man dabei nichts verstehen. Das übernimmt der Gärtner für einen. Doch lernt man eine Menge von ihm in der Einführungsrunde bei der Ackerübergabe. Wann es Zeit ist, den Acker abzuernten, erfährt man durch einen Newsletter und im Forum tauscht man Rezepte aus.

Ein ökologisches Konzept für die Nachhaltigkeit

Die Natur hat durch den ökologischen Anbau auch etwas davon. Schädlinge werden nicht mit Chemikalien bekämpft; Auf dem Acker gibt es genügend Nützlinge wie Igel. Kleine Würmer muss man eben aus den Kartoffeln rausschneiden. Das gehört dazu, das ist Natur. Die Selbsternte ist ein Projekt, dass die Idee der Nachhaltigkeit umsetzt.

Nachhaltiges Leben ist in einer individualisierten Gesellschaft verdammt schwer, findet Christoph Stocker. Für ihn ist das Teilen besonders nachhaltig. Und so möchte er auch sein Wissen teilen, falls jemand an einem anderen Ort ein Selbsternteprojekt ins Leben rufen will. Die bisherigen Selbsternte-Standorte erfährt man über die Unis Kassel oder Witzenhausen. Hoffen wir, dass noch viele hinzu kommen. Aber bei all den Vorteilen wird die Selbsternte sicher bald zum Selbstläufer.

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