Tatsachen, Wunder und Interpretationen

Tatsache ist, was be-greifbar existiert. Wunder sind Ereignisse, die uns unerklärlich sind. Interpretation ist das, was wir uns als Erklärung zurechtlegen.

„Wunder“ ist ein Terminus für Vorkommnisse, zum Beispiel Heilungen, die nicht nur wissenschaftlich nicht erklärt werden können, sondern die auch im allgemein anerkannten Weltbild völlig unwahrscheinlich erscheinen müssen. Die einfachste (und unwissenschaftlichste) Reaktion auf Wunderheilungen ist, sie „prinzipiell“ zu leugnen. Die andere wäre, zu versuchen, sie natürlich zu erklären und für manche mag es aus heutiger Sicht sogar eine durchaus natürliche Erklärung geben. Dafür ist nur manchmal eine Gedankenakrobatik notwendig, die nicht weniger unwahrscheinlich ist als das Wunder selbst. Man kann weiters die Zeugen anzweifeln, was bei Laien relativ leicht fällt, bei Ärzten schon weniger.

Wunder, Spontanheilung, Zufall

„Realistischer“ ist es schon, die Tatsachen zu akzeptieren, die eben (noch) nicht wissenschaftlich zu erklären sind. Manches kann als „Spontanheilung“ bezeichnet werden, aber das ist letztlich nur ein anderer Begriff und keine Erklärung. Oft ist bei Autounfällen jemand „wie durch ein Wunder“ nicht lebensgefährlich verletzt, obwohl ihm zum Beispiel ein Spieß durch Kopf oder Körper gedrungen ist. Außergewöhnliche „Zufälle“! Aber wieder nur eine andere Bezeichnung für Nichterklärbarkeit. Wir beginnen heute langsam zu akzeptieren, dass es psychische, seelische und geistige Einflüsse zum Beispiel auf das Immunsystem gibt. Für C.G. Jung ist sogar Gott eine (psychische) Realität und wirkende Kraft. Das beweist zwar nicht seine Existenz an sich, aber seine Existenz in der menschlichen Psyche, und letztere kann wissenschaftlich (wenn auch nicht naturwissenschaftlich) erforscht werden.

Es gibt eine Wirklichkeit jenseits der dinglichen Realität

Die entscheidende Frage ist auch gar nicht, ob es „Wunder“ gibt oder nicht, sondern ob es jenseits des naturwissenschaftlich Erfassbaren „etwas“ gibt. Nachdem Naturwissenschaft angetreten ist, einen Ausschnitt der Wirklichkeit, nämlich Materie in Raum und Zeit, zu erforschen, ist das sehr nahe liegend. Zumindest haben die „Väter“ der Naturwissenschaft, Descartes, Galilei und Newton nie behauptet, dass es darüber hinaus nichts gibt. Schon die Psyche ist Wirklichkeit, deren Wirkung weder räumlich noch zeitlich begrenzt werden kann. In Amerika wird langsam auch die Wirklichkeit des Geistigen wissenschaftlich erforscht. Es gibt zahlreiche Studien, die belegen, dass spirituelle Menschen gesünder sind als Atheisten und sich im Krankheitsfall schneller erholen. Sogar die Kraft des Gebetes (für kranke Menschen) wurde bereits wissenschaftlich bestätigt. Und Verzeihen ist in den USA ein eigener Forschungszweig geworden.

Die Entwicklung ist um 1900 nicht stehen geblieben

Wer all das ignoriert, zweifelt an der Wissenschaft nach 1900. Damit geht es aber auch gar nicht darum, dass „höhere Mächte“ in ganz bestimmten Fällen in das irdische Geschehen eingreifen, sondern dass die physische, psychische und geistige Realität ständig ineinander verschränkt sind, sonst wären wir gar nicht lebendig. Für „Wunder“ ist dann tatsächlich kein Platz mehr. Aber das meinte auch schon Augustinus: „Es gibt keine Wunder, sondern nur unsere Unkenntnis der Natur.“ Wobei mit Natur wohl die Gesamtheit der Wirklichkeit gemeint ist. In diesem Ganzen der Wirklichkeit wird es allerdings immer etwas geben, das wir uns nicht erklären können, nicht weil wir es noch nicht erklären können, sondern weil wir es prinzipiell nicht können. Das beweist der Unvollständigkeitssatz des Jahrhundert-Logikers Kurt Gödel, und das geht auch aus der Quantentheorie hervor.

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