Tinnitus: Keine Angst vor dem Geräusch im Ohr!

Mit Tinnitus kann man leben, wenn man keine Krankheitsängste entwickelt, sagt Facharzt Dr. Eberhard Biesinger.

Fast jeder zweite Deutsche hatte schon einmal ein Pfeifen, Brummen oder Klingeln im Ohr. Diese Ohrgeräusche sind unter dem Begriff Tinnitus aurium (lat. „das Klingeln der Ohren“) bekannt. Die Betroffenen hören Geräusche, die andere Personen nicht wahrnehmen und die aus keiner äußeren Klangquelle stammen.

Für Dr. Eberhard Biesinger, Facharzt für Hals-Nasen-Ohrenkrankheiten in Traunstein, ist es ganz wichtig, dass die Betroffenen jetzt keine Ängste entwickeln. „Wir hören dauernd Geräusche um uns herum. Normalerweise filtert unser Gehirn sie aus. Wenn das plötzlich nicht mehr passiert, heißt das aber nicht, dass der Betroffene krank ist.“

Tinnitus ist meistens harmlos

Natürlich muss erst einmal abgeklärt werden, ob hinter dem Ohrgeräusch nicht eine ernsthafte Erkrankung oder Verletzung steckt. „Aber meist steckt nichts weiter dahinter, als dass wir ein Geräusch verstärkt wahrnehmen“, so Dr. Biesinger.

Der Tinnitus kann nach einer Weile wieder verschwinden, aber manchmal hält er sich über Monate oder Jahre. „Bislang gibt es keine Behandlung, die den Tinnitus zuverlässig zum Schweigen bringt.“

Die meisten Betroffenen kommen mit Tinnitus gut zurecht

Das ist oft auch gar nicht nötig. Der HNO-Arzt kennt viele Patienten, die mit ihrem Ohrgeräusch gut zurecht kommen. „Wer es aber mit der Angst zu tun bekommt und nicht schafft, sich von diesem Geräusch abzulenken, für den ist der Tinnitus eine große Belastung“, weiß Dr. Biesinger. Dann kann der Tinnitus zu Konzentrations- und Schlafstörungen oder Depressionen führen.

Dr. Biesinger empfiehlt hier Entspannungstechniken wie autogenes Training. „Wichtig ist dabei, dass die Patienten Kurse belegen, in denen im Hintergrund Entspannungsmusik läuft. Findet der Kurs in der Stille statt, konzentrieren sich die Patienten wieder unnötig auf ihr Ohrgeräusch.“

Ein Hörgerät hilft nicht jedem Tinnitus-Erkrankten

Leidet ein Tinnituspatient gleichzeitig an einer Schwerhörigkeit, hilft ihm oft ein Hörgerät. „Dann sind die Geräusche der Umgebung wieder lauter und verdecken das Ohrgeräusch zuverlässiger“, so der Arzt. Den Einsatz von speziellen Tinnitus-Hörgeräten, die nur ein zusätzliches Geräusch machen, empfiehlt er nur in Einzelfällen.

„Wenn all diese Maßnahmen nicht greifen, rate ich zu einer kognitiven Verhaltenstherapie“, sagt Dr. Biesinger. „Sie kann die Lebensqualität von Menschen mit chronischem Tinnitus verbessern.“ Das Ziel der Therapie sei es, die Wahrnehmung der Geräusche so zu verändern, dass sie weniger stören.

Das Geräusch muss anders bewertet werden

Der Arzt erklärt es an einem Beispiel: „Wenn die Menschen im Sommer ein zirpendes Geräusch hören, denken sie an eine Grille. Das verbinden sie mit Urlaub und Entspannung. Im Winter hingegen macht ihnen das Geräusch Angst, weil sie wissen, dass in dieser Jahreszeit keine Grillen zirpen.“

In der kognitiven Verhaltenstherapie sollen Betroffene daher lernen, ihre Ohrgeräusche anders zu bewerten. So kann der Leidensdruck sinken und der Alltag deutlich erträglicher werden.

Wenn der Tinnitus mit einer Depression oder anderen Krankheit auftritt, können die Kosten für eine kognitive Verhaltenstherapie von der Krankenkasse übernommen werden. Betroffene sollten sich an ihren Arzt wenden.

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