Tollkirsche und Nachtschatten

Geschichte, Wirkung und Gefährlichkeit der beiden Solanaceen. Tollkirsche, Bittersüßer und Schwarzer Nachtschatten wurden in der Vergangenheit als Heilmittel genutzt, obwohl einer heutzutage verpönten Pflanzenfamilie zugehörig.

Atropa belladonna wurde in zahlreichen Ländern zur Gewinnung von Reinalkaloiden kultiviert. Sie trägt vielerlei Namen, Tollkraut, Teufelsbeere, Schlafkraut, Wolfskirsche und andere. Der Name Belladonna kommt aus dem Italienischen und führt zurück auf die erweiterten Pupillen, die mit ihrer Hilfe entstehen.

Die Tollkirsche

Hildegard von Bingen sah die Tollkirsche mit großer Skepsis und als gefährlich an, da sie den Geist zerrütten und teuflische Einflüsterungen erleichtern würde. Bei Geschwüren und „durchlöcherter Haut“ jedoch erkannte sie die Wirkung der Belladonna an.

Tollkirschenzubereitungen sind ein altes Mittel gegen Gastritis, Ulcus und Magen-Darm-Spasmen, werden bei Krämpfen und Koliken auch von der modernen Medizin noch erfolgreich eingesetzt. Die sehr stark wirkenden Alkaloide raten zu vorsichtigem Gebrauch, zum Einsatz von Fertigpräparaten.

Verschiedene ältere Autoren machen darauf aufmerksam, dass bei Gebrauch von Tollkirsche die ausbleibende Regel älterer Frauen wieder einsetzt, Wolllustgefühle auftreten. Klimakterische Beschwerden sollen sich somit ebenso verbessern.

In älteren Schriften wird die Tollkirsche als Hilfsmittel gegen Augenleiden, Karies und chronischen Alkoholismus genannt. Störungen des vegetativen Nervensystems und Krankheiten, die aufgrund solcher Störungen manifest werden, lassen sich mit der Tollkirsche günstig beeinflussen, eine Sonderindikation besteht auch bei Nikotinvergiftung.

Nachtschatten, bittersüß und schwarz

Der Bittersüße Nachtschatten wurde bei Prellungen, Quetschungen und Blutergüssen als Saft eingesetzt, galt als vorzügliches Heilmittel bei Rheuma, Fieber und Entzündungen aller Art. Auch als Schutzmittel gegen Zauberei wurde er einst empfohlen, bei Gelbsucht, Bronchialkatarrh. Letztlich gibt es nicht viele Krankheiten, bei denen Bittersüß nicht einst irgendwann einmal empfohlen wurde. Übrig blieb seine Anwendung als Bestandteil von Rheumatee.

Der Schwarze Nachtschatten war ein echt germanisches Narkotikum und Bestandteil des ärztlichen und volksmedizinischen Arzneischatzes. Zwar ist die ganze Pflanze giftig, doch weist sie diesen Giftigkeitsgrad sehr unterschiedlich aus.

Zur Blutreinigung, als Frühjahrskur und zur Vorbeugung gegen Nachtschaden tranken die Bauern einst an verschiedenen Orten morgens ihren Nachtschadentee. In neueren Kräuterbüchern ist der Solanum nigrum nur noch als Giftpflanze aufgeführt, in älteren hingegen nennt man seine Verwendung bei Kopf- und Gliederweh, hitzigen Geschwüren, nächtlichen Pollutionen und als entzündungswidriges Mittel in allen Bereichen. Auch als Narkotikum und Kühlmittel fand er Verwendung bei Mensch und Tier.

In der Homöopathie wird der Schwarze Nachtschatten erfolgreich bei Mutterkornvergiftung angewandt und zeigt deutliche Wirkung auf Kopf, Augen, Meningitis, chronische Toxämie der Eingeweide, Reizungen und Ruhelosigkeit.

Vergiftungen durch Nachtschattengewächse

Selbst bei größter Vorsicht sind auch heute noch Vergiftungen möglich. Die therapeutische Breite bei Nachtschattengewächsen variiert stark, auch ist eine eventuell tödliche Dosis unterschiedlich: Während diese bei Atropin für einen Erwachsenen bei etwa 100 mg Reinsubstanz liegt (Arzneimittelkompendium der Schweiz 1999), können wenige Milligramm bei Kindern tödlich wirken.

Die moderne Medizin versucht, Intoxikationen mit tropanalkaloidhaltigen Nachtschattengewächsen mit symptomatischer Behandlung zu begegnen: So werden leichte bis mittelschwere Erregungszustände mit Diazepam gedämpft, zudem Maßnahmen gegen Überhitzung ergriffen. Bei schweren systematischen Reaktionen wird zur Antagonisierung Physostigmin intravenös gegeben.

Unsere Vorfahren kannten diese Methoden noch nicht, wussten sich aber mit Anissamen, Teufeldreck (Asa foetida) und anderen Heilpflanzen zu helfen. Zur Beschleunigung der Entgiftung griffen sie gern zu schwefelhaltigen Pflanzen wie Kresse, Senf, Rettich, Zwiebel und Knoblauch. Diese unterstützen nachweislich die Entgiftungssysteme der Leber. Fettliebende Substanzen wie Nachtschattenalkaloide werden vornehmlich über diese ausgeschieden.

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