Wie entsteht krankhafte Angst?

Angstgefühle werden krank, wenn die innere Balance aus dem Gleichgewicht gerät. Angst entsteht im Kopf. Sie wird erlernt und kann wieder verlernt werden.

Zunächst gehört Angst als Urinstinkt zum menschlichen Sein. Sie ist ein natürliches Grundgefühl und aktiviert den Körper in Sekunden. Diese nützliche Alarmfunktion ermöglicht schnelle Reaktionen. Verhaltensbiologisch bieten sich bei Gefahr die Möglichkeiten Flucht oder Kampf. Bedrohungen kann man somit vermeiden oder sich ihnen mit erhöhter Energiezufuhr stellen.

Angst hilft zu erkennen, was wirklich wichtig ist

Gesund entwickelte Angstgefühle geben Menschen die persönliche Orientierung. So würde man sich sehr berechtigt davor fürchten, etwas zu verlieren, das Sicherheit vermittelt. Menschen verbinden ihre innere Sicherheit in sehr unterschiedlicher Art und Weise mit Gesundheit, Unabhängigkeit, Bezugspersonen oder materiellen Bedingungen. Nur wer nichts und niemanden geliebt hätte, würde keine Verlustängste kennen. Jeder Mensch unterscheidet sich individuell von anderen. Deshalb sind auch die Dinge sehr verschieden, die eine starke persönliche Bedeutung besitzen. Einige empfinden ihre größte Angst davor, die Zuneigung geliebter Menschen zu verlieren. Andere belasten Versagensängste, sie wollen in der Leistungsgesellschaft unbedingt einen bestimmten Status einnehmen und verteidigen. Es gibt Menschen, die sich sehr intensiv vor möglichen Fehlentscheidungen ängstigen. Einigen gibt die Tatsache des Älterwerdens oder die Lebensbedingung der Endlichkeit durch den Tod das stärkste Angstgefühl. Angst kann man wie einen Wegweiser nutzen. Sie zeigt jedem, was ihm im Leben wirklich am Wichtigsten ist.

Kranke Angst entsteht aus Störungen der inneren Balance

Angst versetzt den Körper in einen besonderen Zustand der Anspannung. Beklemmend empfundene Enge und körperliche Symptome drängen auf Entlastung. Ein überlebenswichtiger Antrieb bei realer Gefahr. Doch nicht immer funktioniert diese natürliche Warnanlage passgenau. Die Wahrnehmung und Erfahrungen aus Versuch und Irrtum können Fehleinschätzungen produzieren. Deshalb sind selbst Fehlalarme bis zu einem gewissen Grad natürlich. Zur Gesundheit gehört zudem die harmonische Ausgewogenheit von Körper und Geist – die innere Balance. Das gesunde Gefühl der Angst gründet sich auf den damit verbundenen Dreiklang: Körper – Gedanken – Verhalten. Diese drei Elemente sind in vielfältiger Wechselwirkung miteinander verbunden. Jede Veränderung in einem Teil kann die Harmonie dieses Dreiklangs beschädigen. Körperliche Krankheiten beeinflussen das Denken und Verhalten. Die Art und Weise des Denkens und Verhaltens wirkt direkt auf den körperlichen Zustand. Beeinträchtigungen können krankhafte Angstgefühle auslösen, die als Angststörung betroffene Menschen massiv belasten.

Krankhafte Angst beginnt zumeist im Kopf

Es wären nicht die Dinge an sich, die Menschen ängstigen. Vielmehr wäre es die Art und Weise des Denkens und der dadurch gefilterten Wahrnehmung, die aus Dingen etwas Gefährliches und Bedrohliches macht. Einige Angstreaktionen sind verhaltensbiologisch vorgegeben, beispielsweise instinktives Angstgefühl bei plötzlicher Dunkelheit. Auch ist besondere Ängstlichkeit teilweise genetisch vererbbar. Schon vorgeburtliche Eindrücke können die spätere Angstwahrnehmung beeinflussen. Überwiegend werden jedoch Ängste erlernt und anerzogen. Übertriebene Fürsorge oder auch sehr dominante und gefühlskalte Erziehungsmethoden können die Entwicklung eines gesunden Selbstvertrauens blockieren. Fehlendes Selbstvertrauen kann die Angstwahrnehmungen unnatürlich verändern. Ein angstmachendes Elternhaus und belastende Kindheitserfahrungen sind jedoch kein Schicksal. Experten meinen, es mache für Betroffene keinen Sinn, sich nur als passives Opfer seiner Eltern zu sehen. Auch wären die Schuldzuweisungen, mit denen viele ihre krankhafte Angst rechtfertigen und somit auch erhalten, nicht hilfreich. Krankhafte Angst wurde im Kopf erlernt und kann auch genau dort wieder verlernt werden. Bei ausreichender Bereitschaft würde es fast jedem Erwachsenen möglich sein, durch konstruktives Handeln und ein konsequentes Üben neuer Denkmuster eine Vielzahl bekannter Angsterkrankungen zu überwinden.

Die Angsterkrankung durch Veränderungen im Leben

Es gibt viele verschiedene Ursachen und Formen, wie Angstgefühle außer Kontrolle geraten können. Häufig werden jedoch Angststörungen durch die Furcht vor neuen Lebensbedingungen ausgelöst. Leben bedeutet auch Entwicklung durch Veränderung. Damit sind Aufgaben verbunden, die es zu bewältigen gilt und an denen man reifen könne. Übergänge in einem Lebenszyklus seien auch kritische und manchmal dramatisch empfundene Ereignisse. Angsterkrankungen entstehen oft, wenn diese Ereignisse nicht passend bewältigt werden. Das Alte könne nicht mehr befriedigen, das Neue mache Angst. Ein so übermächtiges Gefühl von Angst, so dass sie nicht mehr zur Antriebskraft wird. Es kommt zum Stillstand, weil ausufernde Angst blockiert. Sie führt dazu, keine neuen Wege beschreiten zu wollen. Das Vertrauen in die eigenen Möglichkeiten fehlt. So harren viele aus, nehmen beispielsweise ein belastendes Zusammenleben mit den Eltern, eine unglückliche Partnerschaft, einen frustrierenden Arbeitsplatz oder eine unpassende Berufstätigkeit in Kauf. Sie wagen keine Veränderung, obwohl sie das dringende Bedürfnis verspüren. Dieser Widerspruch erzeugt eine innere Leere, die von der belasteten Psyche mit Angststörungen gefüllt wird. Es fehlt die Kraft zum Loslassen und der Mut. Doch nur durch das Loslassen alter und überholter Dinge würde das Neue wachsen können.

Krankhafte Angst hat viele Gesichter. Doch sie sei kein guter Freund, man könne ihr nicht vertrauen. Auch wenn man es sich mit ihr bequem eingerichtet hätte – es wäre immer eine gute Idee, sich endgültig von ihr zu verabschieden.

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