Wie funktioniert Delfintherapie?

Schwimmen mit Delfinen. Studie des WDCS prüft Anspruch und Wirklichkeit der Delfintherapie. Anbieter rund um die Welt versprechen Heilung oder Besserung durch Therapiemaßnahmen mit Delfinen. Eine Studie hat diese Therapien kritisch unter die Lupe genommen.

Im Januar 2008 veröffentlichte die WDCS (Whale and Dolphin Conservation Society) eine umfassende Studie zur Delfintherapie. Diese Form der tiergestützten Therapie wird immer populärer. Die Dolphin Assisted Therapy (DAT) wurde in den 1970er Jahren in Florida entwickelt und ist inzwischen weltweit verbreitet. Sie verspricht Heilung oder Linderung von Krankheiten und Behinderungen. Besonders Berichte über an Wunder grenzende Wirkungen bei behinderten Kindern haben die Öffentlichkeit beeindruckt. Vereine wurden gegründet, um einzelnen Patienten diese extrem teure Therapie zu ermöglichen, Eltern betroffener Kinder werben im für Internet für Spenden.

In der WDCS-Studie wurde wissenschaftlich überprüft, ob durch eine Delfintherapie messbare Erfolge erzielt werden. Dazu wurden alle bisher vorliegenden Veröffentlichungen einer kritischen Analyse unterzogen.

Wobei soll Delfintherapie helfen?

Im Gegensatz zu anderen tiergestützten Therapiemaßnahmen, z.B. mit Pferden, wird die Delfintherapie ganz unspezifisch eingesetzt. Versprochen wird Hilfe bei Depressionen, Bewegungsstörungen, ADHS (Hyperaktives Syndrom), Störungen der Sprachentwicklung, Down-Syndrom, Autismus, zerebraler Lähmung, Magersucht, Lernstörungen, posttraumatischem Syndrom, Aids, Krebs, Stress und weiteren psychischen und körperlichen Krankheiten und Behinderungen.

Die Behandlung kann bestehen aus Kontaktaufnahme vom Beckenrand aus, Schwimmen mit Delfinen, Körperkontakt im Wasser und angeleiteten Begegnungen, z.B. Füttern. Oft wird der Kontakt mit den Tieren als Belohnung eingesetzt, wenn der Patient eine Übung oder Lernaufgabe bewältigt hat. So werde die Motivation des Patienten erhöht, dadurch erhöhe sich das Konzentrationsvermögen, was wiederum die Lernfähigkeit verbessere. Um diesen Effekt zu erzielen, sind allerdings keine lebenden Delfine nötig, mit künstlichen Nachbildungen komme man zum gleichen Ergebnis, stellte der Begründer der Delfintherapie Nathanson 2017 fest.

Andere Befürworter behaupten, der Ultraschall der Delfine habe eine heilsame Wirkung auf das menschliche Gehirn. Dies konnte in keinem Fall nachgewiesen werden. Was durchaus heilsam wirkt, ist ein Aufenthalt im Wasser, eine angenehme Umgebung, aufmerksam-fürsorgliche Behandlung und eine positive Erwartungshaltung – Einflussfaktoren, zu denen keine Delfine nötig sind.

Kosten einer Delfintherapie – Wie viel kostet eine Delfintherapie

Die Studie führt einige Beispiele dafür an, mit welchen Kosten Teilnehmer zu rechnen haben: Ein Anbieter verlangt 2000 – 3000 Euro für 5 mal 40 Minuten Therapie, ein anderer 6000 – 7000 Euro für 10 kurze Therapieeinheiten. Das sind etwa 10 Euro pro Minute, 600 Euro pro Stunde. Es handelt sich, wohlgemerkt, nur um die Kosten für den Kontakt eines Patienten mit den Tieren. Flug, Unterkunft, Verpflegung für die Familie / Begleitpersonen kommen hinzu, so dass ein zweiwöchiger Aufenthalt für eine Familie leicht 15.000 – 17.000 Euro und mehr kostet.

In der Studie werden aber auch die immateriellen Kosten veranschlagt: Beim Patienten werden hohe Erwartungen geweckt, zum Beispiel während dieser Therapie Zuwendung oder sogar die Liebe der Delfine zu erfahren. Werden diese Hoffnungen dann enttäuscht, könne dies vor allem für Depressive verheerende Folgen haben. Als weitere Risiken nennt die Studie: Fehlende fachliche Kompetenz der DAT-Mitarbeiter, deren Ausbildung nicht geregelt ist und von keiner Kontrollbehörde überwacht wird, und das Risiko verletzt zu werden, das der Patient selber tragen muss, da die Veranstalter jede Haftung wie auch jede Erfolgsgarantie ausschließen. Die Delfine in den künstlichen Becken sind nicht domestiziert, es sind Wildtiere beträchtlicher Größe und Kraft, die auf die Belästigung durch Menschen aggressiv mit Beißen oder Stoßen reagieren oder ihnen unabsichtlich Schaden zufügen können.

Kosten für die Delfine

Sie werden mit brutalen Methoden eingefangen. Diejenigen, die die Jagd überleben, werden ihres natürlichen Lebensraums beraubt und müssen in künstlicher Umgebung ausharren, die ihr natürliches Verhalten stört. Wildtiere können in Gefangenschaft überhaupt nicht artgerecht gehalten werden. In viel zu kleinen Betonbecken eingesperrt, können sie ihre Interaktionspartner nicht frei wählen und müssen lernen, tote Fische zu fressen. Auf alle Sinnesreize ihrer natürlichen Umgebung müssen sie verzichten: Beutetiere, Begegnungen, Seegang, wechselnde Zustände des Untergrunds, des Salzgehalts und der Temperatur. Darüber hinaus sind sie der Gefahr ausgesetzt, von den Menschen verletzt oder mit Krankheiten angesteckt zu werden.

Um dem vorzubeugen, werden sie mit Antibiotika, Fungiziden, Hormonen und künstlichen Vitaminen vollgepumpt. Ihr Sozialverhalten ändert sich, schwache Artgenossen werden häufig gemobbt, die „Übeltäter“ durch Isolation bestraft. Der Dauerstress bewirkt bei den intelligenten, hoch empfindsamen Tieren, dass die Sterberate hoch ist, auch bei Jungtieren. Eine sowieso schon gefährdete Art wird zu Profitzwecken missbraucht.

Schlussfolgerungen

Die Studie stellt fest: Niemand hat bisher den Nachweis erbracht, dass der Einsatz von Delfinen Krankheiten und Behinderungen positiv beeinflussen kann. Die Delfintherapie ist nicht wirksamer als andere Therapieformen mit domestizierten Tieren oder als Computersimulation, Hydrotherapie oder Biofeedback ganz ohne Tiere. Ferner stellt die Studie fest, dass die Delfintherapie eine gänzlich unautorisierte und unkontrollierte Branche ist. Die Mensch-Tier-Begegnung wird als Wellness-Produkt vermarktet. Einem lohnenden Geschäft für die Anbieter stehen hohe Kosten für Mensch und Tier gegenüber.

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